"Die Allianz der Untätigen"

BITBURG/SEFFERWEICH. Der Streit um ein 140-Millionen-Euro-Forschungsprojekt an der Nattenheimer Barriere geht weiter. Nach wie vor unklar scheint, wer als Großinvestor hinter dem Projekt gestanden haben soll – und ob es überhaupt einen gab.

"Wir hätten schon Gas gegeben, um die Jungs an Land zu ziehen", sagt Wolfgang Klaas, bei der Verbandsgemeindeverwaltung Bitburg-Land zuständig für Bauen und Umwelt. Wer die "Jungs" sind, wisse Klaas nicht. Doch die Daten im Umfeld der Unbekannten sprechen für sich: 140 Millionen Euro Investition und 40 neue Arbeitsplätze - realisiert durch einen Großinvestor, der 2003 Interesse an dem Gewerbegebiet Nattenheimer Barriere gehabt haben soll (der TV berichtete), um dort eine Produktionsstätte für Stromspeichermodule zu errichten (siehe Hintergrund). Der Geschäftsführer der Watt GmbH aus Trier und Geschäftspartner des Großinvestors, Jörg Temme, hatte bei der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm die Anbringung von Fotovoltaikanlagen an zwei seiner in Sefferweich errichteten Windräder beantragt, was die Voraussetzung für den Bau der Produktionsstätte gewesen wäre. Die Behörde lehnte den Antrag ab. Was folgte, war ein Streit vor dem Verwaltungsgericht, das Temme schließlich recht gab. Allerdings habe sich der Investor zwischenzeitlich für einen anderen Standort in Europa entschieden, sagt Temme, und der Grund dafür sei das Verhalten der Kreisverwaltung, die das Vorhaben mutwillig verhindert habe. "Diese Behauptung entbehrt jeder sachlichen Grundlage", sagt Rudolf Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung. "Tatsächlich gab es im Spätsommer 2004 telefonische Kontakte zwischen einem Vertreter von Investoren und dem Amt für Wirtschaftsförderung der Kreisverwaltung über die Errichtung einer Produktionsstätte", teilt Müller mit, allerdings "für die Herstellung von Fotovoltaik-Modulen - und nicht, wie jetzt behauptet, von Stromspeicher-Modulen." Ein Gesprächstermin, in dem die konkreten Einzelheiten des Projekts hätten erörtert werden können, sei nicht zustande gekommen, da die Voraussetzung dafür aus Sicht des Investorenvertreters eine Genehmigung des Vorhabens gewesen sei, ergänzt der Pressesprecher. Temme habe sich zu Stillschweigen verpflichtet

Außerdem sei der Verhandlungspartner der Kreisverwaltung Geschäftführer einer GmbH gewesen, über die - wie sich später herausgestellt habe - bereits zu diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren eröffnet gewesen sei. Das Unternehmen, mit dem die Kreisverwaltung und auch Wolfgang Klaas von der Verbandsgemeinde Bitburg-Land verhandelt hat, war das Solinger Unternehmen BDMC (Business Development Marketing Communication). "BDMC hatte doch nichts weiter zu tun, als zwischen Technik und Kapital zu vermitteln", sagt Temme. "Die Kreisverwaltung wusste ganz genau, dass es um mehr geht als nur um die BDMC." Bei Projekten in dieser Größenordnung würden die dahinter stehenden Investoren, nie "mit eigenem Namen in Erscheinung treten", erklärt der Windparkbetreiber, und er selbst habe mit dem Unternehmen, das über BDMC den Kontakt gesucht habe, eine Stillschweige-Vereinbarung. Wer der große Unbekannte ist, wissen also nur wenige, und nach Aussage von Pressesprecher Müller habe es seitens des Investorenvertreters auch keinerlei konkrete Angaben dazu gegeben. "Aus dem Verhalten von Herrn Temme und des von ihm benannten Investors kann man nur den Schluss ziehen, dass der Hinweis auf Investitionen und Arbeitsplätze deshalb erfolgte, um im Vorfeld einer gerichtlichen Entscheidung in der Streitsache Fotovoltaik-Anlage Druck gegenüber der Genehmigungsbehörde aufzubauen", sagt Müller. "Es geht um viel mehr, als die Behörden jetzt preisgeben", meint hingegen der Trierer Unternehmer, der von einer "Allianz der Untätigen und der Verhinderer" spricht. Lediglich die Verbandsgemeinde Bitburg-Land und das Bundespräsidialamt hätten sich bemüht. "Herr Temme hat uns lediglich über sein Vorhaben informiert", relativiert Wolfgang Lackner vom Bundespräsidialamt in Berlin. "Es gab kein Einmischen oder Interessensverfolgungen seitens des Bundespräsidenten."

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