Die Angst vorm leeren Stuhl

Acht Mitglieder soll der Rat einer zwischen 300 und 500 Einwohner großen Gemeinde haben. Gindorf zählt zurzeit rund 350 Einwohner. Ob sich allerdings auf der heutigen konsituierenden Sitzung des Gemeinderats acht Ratsmitglieder finden werden, ist mehr als fraglich. Bislang haben nur sieben Interessierte zugesagt.

 Einer fehlt noch: Bei der Ratssitzung in Gindorf heute Nachmittag könnte ein Stuhl im Sitzungssaal leer bleiben. TV-Foto: Friedemann Vetter

Einer fehlt noch: Bei der Ratssitzung in Gindorf heute Nachmittag könnte ein Stuhl im Sitzungssaal leer bleiben. TV-Foto: Friedemann Vetter

Gindorf. Den einen freut's, den anderen offenbar nicht: Während viele politisch Aktive im Kreis am Kommunalwahl-Abend ihren Einzug in den Kreis-, Verbands- oder Gemeinderat feierten, ticken die Uhren in der Ortsgemeinde Gindorf anders. Nur vier der acht direkt in den Rat gewählten Mitglieder sind bereit, ihr Mandat anzunehmen. Auch ein Großteil der acht Ersatzleute lehnt dankend ab. Und so steht vor der konstituierenden Sitzung am heutigen Freitag um 16 Uhr zu befürchten, dass ein Stuhl frei bleibt, wenn die künftige Rat vereidigt wird.

Per Mehrheitswahl bestimmten die Gindorfer am 7. Juni, wer die Belange der Gemeinde im Rat die kommenden fünf Jahre vertreten soll. Auf einem unbeschriebenen Zettel schrieben sie die Namen von acht Bürgern auf, die ihrer Ansicht nach für die Arbeit im Gemeinderat geeignet sind. Im Ergebnis wurden wieder genau die acht gewählt, die bereits in der vergangenen Periode im Rat vertreten waren. Jürgen Heinz etwa erhielt 52 Stimmen - obwohl er schon ein Jahr vor der Wahl signalisiert hatte, dass er aufhören will. Familie, Beruf, andere ehrenamtliche Verpflichtungen - "man kann einfach nicht alles machen", sagt Heinz. Viele verzichteten aus ähnlichen Motiven. "Die Leute sind einfach nicht mehr bereit, ihre komplette Freizeit zu opfern", sagt Bruno Berns, der bei der Wahl die meisten Stimmen erhielt und weitermacht, aber auch Verständnis für seine ehemaligen "Rats-Kollegen" und auch die Ersatzleute hat, die sich gegen ein ehrenamtliches Engagement im Rat entschieden haben. "Die sind ja teilweise überhaupt nicht davon ausgegangen, jemals gewählt zu werden, und müssen sich jetzt plötzlich ganz schnell entscheiden."

Einen weiteren möglichen Grund für die zunehmend ablehnende Haltung, sich im Gindorfer Rat zu engagieren, sieht Heinz in dem aufgrund der schlechten Haushaltslage engen Handlungsspielraums des Rats: "Das hat auch etwas mit allgemeinem Frust zu tun", vermutet er, "man sitzt dann da und hat angesichts der finanziellen Lage doch nichts zu sagen."

Sollten heute tatsächlich nur sieben Ratsmitglieder in Gindorf vereidigt werden, hat dies allerdings keine direkten Konsequenzen, betont Christof Lichter, Büroleiter der VG Kyllburg. "Der Rat ist trotzdem handlungsfähig." Erst wenn es weniger als die Häfte der vorgeschriebenen Mitglieder gebe, werde es brenzlig. Da insgesamt 44 Namen auf der Liste der Gewählten stehen, werde diese jetzt der Reihe nach abgearbeitet, bis sich noch einer bereiterkläre, mitzumachen. Und noch ein weiteres Fragezeichen steht vor der Sitzung heute Nachmittag: Ortsbürgermeister Werner Franzen hat angekündigt, sein Amt nicht mehr fortzuführen. Nur einer habe sich "eventuell bereiterklärt", den Posten zu übernahmen, sagt Franzen gegenüber dem TV. Sollte sich keiner finden, wird er die Aufgaben vermutlich kommissarisch weiterführen. Lehnt er das ab, müsse die VG solange einen Vertreter stellen, bis sich jemand meldet und vom Rat gewählt wird, erklärt Lichter.

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