"Die Blätter fallen, wenn sie am schönsten sind"

Allerheiligen ist für den Bitburger Pfarrer Bernhard Bollig nach Ostern das schönste Fest im Kirchenjahr. Ein "strahlendes Fest", wie er sagt. Allerheiligen richte den Blick auf das Endziel, für das Gott uns geschaffen und bestimmt hat.

 Spendet Trost: Die Muttergottes mit Christus ist ein Sinnbild für die Wiederauferstehung und das ewige Leben. TV-Foto: Dagmar Schommer

Spendet Trost: Die Muttergottes mit Christus ist ein Sinnbild für die Wiederauferstehung und das ewige Leben. TV-Foto: Dagmar Schommer

Bitburg. (scho) Der "Totenmonat" mit Allerheiligen (1. November), Allerseelen (2. November), Volkstrauertag (16. November) und dem Totensonntag (23. November) hält am Jahresende dazu an, sich dem Unwiederbringlichen, erlittenen Verlusten und der eigenen Endlichkeit zu stellen. Die Menschen begegnen sich auf den Friedhöfen, an den Gräbern, in ihrer Trauer. Über Allerheiligen sprach Pfarrer Bernhard Bollig, Pfarrgemeinde St. Peter Bitburg, mit TV-Redakteurin Dagmar Schommer.

Was bedeutet Allerheiligen?

Bernhard Bollig: Zu Beginn des sogenannten Totenmonats setzt die Kirche das strahlende Fest Allerheiligen. Die Texte dieses Tages sprechen von der großen Schar der Heiligen, die bei Gott im Licht sind.

Es ist ein strahlendes Fest?

Bernhard Bollig: Ja, denn in die dunkle Zeit wird durch die Heiligen, durch Christus Hoffnungslicht gebracht. In jede menschliche Dunkelheit. Und es ist das Fest aller Heiligen. Damit sind neben den Menschen, die durch die Kirche heilig gesprochen wurden, auch und vor allem die Menschen gemeint, die durch ihr heiliges und heilendes Leben anderen Menschen die Liebe und Güte Gottes erfahrbar gemacht haben und immer noch erfahrbar machen. Allerheiligen erinnert daran, dass wir alle Heilige sind.

Wir sind alle Heilige?

Bernhard Bollig: Ja. Das ist das befreiende am Glauben. Durch die Taufe sind wir alle "Heilige", Geheiligte - etwas Besonderes. Ob wir aber dieses Heilige in uns zum Leuchten bringen, entscheidet jeder durch sein Leben selbst. Die Möglichkeit, das Heilige in mir zu entfalten, zu leben, liegt in der Freiheit, die Gott jedem Menschen geschenkt hat. Ich habe den Eindruck, dass die Menschen wieder mehr diesem Geheimnis ihres Lebens auf die Spur kommen wollen. Sie spüren eine Sehnsucht in ihrem Herzen, die allein durch das Materielle nicht erfüllt werden kann. Eine Sehnsucht nach mehr, letztlich eine Sehnsucht nach Gott.

Welche Hoffnung dürfen Gläubige mit Allerheiligen verbinden?

Bernhard Bollig: In uns lebt die große Angst, dass man uns vergessen könnte. Unser Glaube sagt uns aber, dass auch wir auferstehen werden in das Leben, das Christus uns verheißen hat. Es ist daher ein ganz österliches, von der Auferstehung Christi geprägtes Fest. Damit richtet Allerheiligen unseren Blick auf das Endziel, für das Gott uns geschaffen und bestimmt hat. Noch seufzen wir unter der Last der Vergänglichkeit, aber uns treibt und trägt die Hoffnung, dass wir zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangen werden.

Ist Allerheiligen nicht auch mit Schmerz und Abschied vebunden, wenn die Menschen an den Gräbern ihrer Verstorbenen gedenken?

Bernhard Bollig: Zur Trauerarbeit gehören natürlich auch Gefühle wie Sehnsucht. Tränen gehören dazu. Das Gefühl, das auch ein Teil von einem selbst gestorben ist. Und auch Wut und Verzweiflung sind Teil der Trauerarbeit. Man fühlt sich alleingelassen. Aber die Blätter fallen dann vom Baum, wenn sie am schönsten sind. Wenn sie in ihrer Farbenpracht leuchten. Und Gott vergisst kein einziges. Jedes Menschenleben ist ihm wichtig.

Wie können Trauernde zu diesem Fest Trost und Halt finden?

Bernhard Bollig: Gerade für Trauernde ist das ein großer Trost, dass ihre Lieben jetzt im Licht und in der Schar der Heiligen, in Gottes Liebe vollendet sind. Zu Hause sind. Und wie wir alle durch die Taufe geheiligt sind, so darf jeder Trauernde hoffen, dass in dem Grab, vor dem er steht, eine Heilige, ein Heiliger ruht. Das ist doch ein wahrhaft tröstender, erhellender und froh machender Gedanke.

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