Die Bürgermeisterin von Neuerburg geht zurück nach München

Neuerburg · Die Stadtbürgermeisterin von Neuerburg legt nach acht Jahren ihr Amt nieder. Die gebürtige Münchnerin zieht es zurück in ihre alte Heimat.

 Anna Kling war acht Jahre lang Stadtbürgermeisterin. Nun geht es zurück nach München. TV-Foto: Stefanie Glandien

Anna Kling war acht Jahre lang Stadtbürgermeisterin. Nun geht es zurück nach München. TV-Foto: Stefanie Glandien

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Das kommt für viele überraschend: Anna Kling, Bürgermeisterin von Neuerburg, hört Ende Oktober auf. Sie möchte sich beruflich verändern und zieht zurück in ihre alte Heimat München. Zusammen mit ihrem Mann, der am Eifelgymnasium seine erste Anstellung als Lehrer fand, zog sie 2004 nach Neuerburg. Die heute 38-Jährige hatte ihr Abitur in England gemacht und danach im schottischen Edinburgh Biologie studiert.

Als für Bürgermeister Willi Hermes 2009 ein Nachfolger gesucht wurde, fragte man die Neubürgerin Anna Kling, ob sie sich vorstellen könne, für den Posten zu kandidieren. Sie konnte. Einen prominenten Politiker gab es in der Familie schon: Ihr Urgroßvater, Franz-Josef Wuermeling, war unter Adenauer Familienminister. Sein Name ging umgangssprachlich in den "Wuermeling-Pass" ein, mit dem kinderreiche Familien vergünstigt Bahn fahren konnten.

Auch Anna Kling ist politisch interessiert und mit damals 29 Jahren die bislang jüngste Bewerberin um das Amt der Stadtbürgermeisterin. Ihre Tochter Amrei ist da gerade zwei Jahre alt. Drei Jahre später kommt Johannes, vier Jahre später Josef zur Welt. Mit Baby im Wickeltuch und Kind an der Hand besucht sie so manche Sitzung, führt weiter die Geschäfte. Für viele ist es erst ein ungewöhnlicher, doch bald ein gewohnter Anblick. Anna Kling sieht es pragmatisch: "Für 1000 Euro Aufwandsentschädigung konnte ich mir keinen Babysitter leisten." Multitasking war also angesagt.

In ihrer achtjährigen Amtszeit - 2009 wird sie mit 73,2 Prozent wiedergewählt - bringt sie vieles voran. Unter anderem die Ansiedlung von Rewe und Aldi, die Erneuerung der Weiherstraße, den Umbau der Kita und des Sportplatzes. Stolz ist sie auch auf die Website, die ehrenamtlich von Martin Brunker betreut wird. "Das ist ein hervorragendes Aushängeschild für die Stadt", sagt Anna Kling.

Wer anfangs dachte, die 29-Jährige würde sich die Butter vom Brot nehmen lassen, sah sich getäuscht. "Klüngeln und Seilschaften haben mir nicht gelegen. Mit zweierlei Maß zu messen, dagegen bin ich allergisch", sagt sie. Sie habe sich nie Einzelnen verpflichtet gefühlt. Wer darauf gehofft hatte, biss bei Anna Kling auf Granit.

Knapp 1500 Einwohner hat Neuerburg. Doch das Mittelzentrum wird von rund 20 000 Menschen frequentiert. Alleine 1500 Kinder und Jugendliche besuchen jeden Tag die Schulen in Neuerburg. Für die Frau an der Spitze bedeutet das eine hohe Verantwortung. Über ihre täglichen Arbeitsstunden möchte sie nicht sprechen. Sie leistet weit mehr, als mit den 1000 Euro entschädigt wird. "Ich glaube nicht, dass noch mal jemand bereit ist, so viel Zeit in dieses Amt zu investieren." Projekte voranzubringen, dafür zu sorgen, dass sich die Leute an einen Tisch setzen, also Schnittstellen-Management zu betreiben - das habe ihr immer sehr viel Spaß gemacht.

Doch sie muss auch viel einstecken. Ob Rewe-Ansiedlung, Standorte für Windräder oder Steuererhöhungen - nicht immer wurde sachlich diskutiert. Manchmal rutschten die Auseinandersetzungen auf die persönliche Ebene. Daran erinnert sie sich nicht gerne zurück. "Ich wurde auch für Dinge angegriffen, für die ich nichts konnte. Der Bürgermeister ist für alles zuständig und alles schuld, was einem persönlich nicht passt."

Dennoch ist ihr die Entscheidung zu einem Wechsel nicht leichtgefallen. "Ich habe in den acht Jahren irre viel gelernt." Aber es ziehe sie noch mal raus in die Welt. Jetzt sei sie noch jung genug für eine neue Aufgabe.
Ihr sei sehr daran gelegen, die Dinge geordnet zu übergeben. Vieles sei schon aufs richtige Gleis gebracht worden, wie zum Beispiel das kommunale Gesundheitszentrum, die Erhaltung der Burg und die bevorstehende Städtebauförderung. Auch das Verhältnis zwischen der Stadt und den umliegenden Dörfern habe sich sehr verbessert, sagt sie.

Hat sie einen Tipp für ihren Nachfolger? "Man darf sich nicht in sein Schicksal ergeben. Man muss einfallsreich sein und die Menschen dazu bringen, sich für ihre Stadt zu interessieren." Bis zur Neuwahl wird der Erste Beigeordnete, Lothar Fallis, die Geschäfte führen.

Meinung: Mit großem Einsatz und viel Herzblut
Acht Jahre lang hat Anna Kling die Geschicke Neuerburgs engagiert geleitet. Und für minimalen Lohn maximale Leistung abgeliefert. Für so manche Entscheidung musste sie ganz schön einstecken. So gab es mächtige Querelen bei der Rewe-Ansiedlung oder der Ausweisung von Windkraftflächen im städtischen Wald. Aber wenn es drauf ankam, hat sie konsequent und hartnäckig ihr Ziel verfolgt. Wie sie sich als Nicht-Eifelerin für ihre Wahlheimat eingesetzt hat - dafür gebühren ihr Respekt und Anerkennung. s.glandien@volksfreund.de

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