Die fast schon vergessene Rummel

Welschbillig/Bitburg · Heutzutage sollen Kürbisse bei Halloween böse Geister vertreiben. Früher nutzte man dazu in der Eifel oder im Hochwald ausgehöhlte Rüben, bevor diese aus betriebswirtschaftlichen Gründen zunehmend von den Feldern verschwanden und der Kürbisbrauch importiert wurde. Doch kann es der Kürbis wirklich mit der Rummel aufnehmen?

 Lange bevor sich die Kürbisse breit gemacht haben, wurden böse Geister mit Trouliechtern vertrieben.TV-Foto: Uwe Hentschel

Lange bevor sich die Kürbisse breit gemacht haben, wurden böse Geister mit Trouliechtern vertrieben.TV-Foto: Uwe Hentschel

Welschbillig/Bitburg. Dass diese Sache mit den Kürbissen auch in der sonst eher traditionsbewussten Eifel recht widerstandslos von den Amerikanern übernommen wurde, steht außer Frage. Und dass die Verbreitung dieses Brauchtums auch einen kommerziellen Hintergrund hat, ist offensichtlich. In den Regalen der Geschäfte gibt es meterweise Kürbis-Deko. Rüben-Deko hat hingegen bisher keiner im großen Stil produziert.
Am Anfang war es Viehfutter


Dennoch ist es falsch, dass der amerikanische Kürbis es geschafft hätte, die Eifeler Rübe zu verdrängen. Denn die ist irgendwann von selbst verschwunden. Als Begleiterscheinung des allgemeinen Strukturwandels in der Landwirtschaft. Vor gut 30 Jahren wurde mit den Rummeln noch das Vieh gefüttert. Heute gibt es kaum noch Bauern, die Rüben anbauen. Dafür aber wachsen nun überall Kürbisse. Und für die ebenfalls aufwachsenden Kinder ist das große orangene Gemüse längst eine Selbstverständlichkeit.
"Der Kürbis ist einfach häufiger verfügbar" sagt Christian Credner aus Lampertsberg. "Auch wir verwenden ihn gerne in der Küche", fügt er hinzu und verweist auf das gute Kürbissuppenrezept seiner Frau. Man stelle sich mal eine Rübensuppe vor. Credner ist Mitglied des Geschichtlichen Arbeitskreises Bitburger Land und als solcher um Brauchtumspflege bemüht. Auch er hat früher Rüben ausgehöhlt, um daraus die sogenannten "Trouliechter" zu machen. Im Hochwald werden sie Spautzmänncher genannt.
Übersetzt sind Trouliechter so etwas wie Irrlichter. Und damit sind wiederum die armen Seelen gemeint, die keine Ruhe finden und deshalb umherirren. Um sich diese Geister vom Leib zu halten, ist irgendwann die Idee entstanden, selbst Irrlichter aufzustellen. Mit Hilfe ausgehöhlter Rübenfratzen, die zur Abwehr der Geister vor dem Haus aufgestellt wurden. Daraus ist schließlich ein Brauch entstanden. Ein Brauch, der zunehmend in Vergessenheit gerät.
Die Rübe verschwand und dann kam der Kürbis. Jetzt ist dieser für die bösen Geister zuständig. Dass der Geschichtliche Arbeitskreis aber deshalb auch dem Halloween-Gewächs irgendwann ein Kapitel der Brauchtumspflege widmen wird, glaubt Credner nicht. "Bislang haben wir uns damit nicht auseinandergesetzt", sagt er lachend.
Die Rübe braucht Geduld


Halten wir also fest: Der Kürbis hat die Rummel zwar nicht verdrängt, füllt aber jetzt ohne regionalen Bezug die Lücke, die die Rübe hinterlassen hat. Und weil er dabei eine in den USA über Jahrzehnte hinweg erfolgreich erprobte Marketingstrategie im Rücken hat, wird sich das Kürbisgewächs aus dieser Lücke nicht so schnell verdrängen lassen. Schon gar nicht von der Rübe. Wobei sich Halloween-Kürbisse und Trouliechter auch nicht wirklich vergleichen lassen.
Einen Kürbis von seinen Innereien zu befreien ist Herausforderung. Man öffnet die Schädeldecke der zukünftigen Fratze, kratzt alles mit einem Löffel raus und widmet sich dann der Mimik. Je größer der Kürbis, desto größer sind auch die Gestaltungsmöglichkeiten. Bei der Rummel hingegen ist bodenständige Handarbeit gefragt. Denn die Rübe ist viel schmaler und das Fruchtfleisch viel fester. Wer hier vorankommen will, benötigt scharfes Werkzeug - und Geduld.
Zudem haben die Futterrüben eine sehr eigenwillige Form, weshalb sie in der Regel nicht so standfest sind wie der Kürbis. Das liegt daran, dass die Rüben in und die Kürbisse auf der Erde wachsen.
Aus statischer Sicht ist der Halloween-Repräsentant also ganz klar im Vorteil. Wobei das Kürbisgewächs durch diese Standfestigkeit unweigerlich auch ein wenig Trägheit und Gemütlichkeit ausstrahlt. Um daran etwas zu ändern, muss man sich bei der Fratzengestaltung ganz schön ins Zeug legen - nur um dann festzustellen, dass die Rübe eindeutig gruseliger ist. Selbst eine lachende Rübe kann es mit einem einäugigen Kürbis locker aufnehmen.
Auch die Heimatfreunde Welschbillig haben die Rummeln noch nicht vergessen. Gemeinsam mit Kindern des 4. Schuljahrs werden sie am Samstag, 8. November, Trouliechter herstellen. Unterstützt werden sie dabei von Mitgliedern der Jugendgruppe. Nach Auskunft des Vorsitzenden der Welschbilliger Heimatfreunde Werner Hubert haben sich die Welschbilliger die Feldfrüchte bei Alois Turmann aus Metterich bei Bitburg besorgt.

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