Die große Leere droht

Prüm · Der Prümer Innenstadt drohen Leerstände in bester Lage: Am Hahnplatz schließt nach Jahrzehnten die Drogerie Pfingstmann, und auch das Café Goldener Hahn hat keine lange Zukunft mehr. Stadt und Gewerbeverein beobachten die Entwicklung mit Sorge.

 Aus für ein Traditionsgeschäft: Die Drogerie Pfingstmann am Hahnplatz schließt. Im Hintergrund (rotes Gebäude) das Café Goldener Hahn, das in absehbarer Zeit ebenfalls zumachen wird. TV-Foto: Christian Brunker

Aus für ein Traditionsgeschäft: Die Drogerie Pfingstmann am Hahnplatz schließt. Im Hintergrund (rotes Gebäude) das Café Goldener Hahn, das in absehbarer Zeit ebenfalls zumachen wird. TV-Foto: Christian Brunker

Prüm. "Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe": Mit großen weißen Buchstaben auf rotem Hintergrund prangt diese Botschaft auf den Schaufenstern der Drogerie Pfingstmann. Es ist kein Geschäft wie jedes andere, sondern steht seit Jahrzehnten in bester Lage mitten auf dem Hahnplatz. Doch nun ist Schluss. "Ich habe mir gesagt, mit 60 höre ich auf - und das ist jetzt der Fall", sagt Inhaber Jürgen Pfingstmann.
Damit droht der Prümer Innenstadt der Verlust eines weiteren Geschäfts. Zuletzt machte am Hahnplatz der Schleckermarkt für immer dicht und steht seitdem leer. Ohne Zukunft ist auch das Café Goldener Hahn von Helga Endres. "Ich habe das Café mit viel Herzblut aufgebaut", sagt die Inhaberin. Aber mittlerweile sei es nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben, so dass sie schließen müsse. Wann genau, das stehe noch nicht fest und hänge auch davon ab, wann sie wieder eine Stelle als Erzieherin finde - den Beruf, den sie einmal gelernt hat. Auch im ehemaligen Café Brodel werden schon seit Jahren weder drinnen noch draußen Kännchen serviert.
Genaue Zahlen gibt es nicht



Die Stadtbürgermeisterin beobachtet die Entwicklung in der Nachbarschaft ihres Büros mit großer Sorge. "Da wird mir ganz übel, die Situation bedrückt mich sehr", sagt Mathilde Weinandy. Genaue Zahlen, wie viele Geschäfte leerstehen und wie hoch die Quote ist, gibt es in Prüm im Gegensatz zu größeren Städten wie Bitburg nicht.
"Ich würde mir wünschen, dass wir uns als Gewerbeverein aktiv um die Vermarktung leerer Objekte kümmern könnten, aber dafür müssten wir jemanden finden, der Zeit hat, sich dafür zu engagieren", sagt Christine Kausen, die Vorsitzende des Stadtmarketing- und Gewerbevereins "Prüm eifelstark". Denn jeder weitere Leerstand sei gefährlich, da das Angebot sich verringere und leere Schaufenster einen trostlosen Eindruck machen.
Bei der Industrie- und Handelskammer kennt man das Problem. Gerade bei inhabergeführten Geschäften sei es wichtig, möglichst frühzeitig nach einem Nachfolger zu suchen, sagt Matthias Schmitt, Geschäftsführer bei der IHK für Handel und Standortmarketing. Fünf Jahre müsse man da schon einrechnen, um einen möglichst reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Die IHK könne dabei auch unterstützend mithelfen, etwa indem Kontakte zu Existenzgründern vermittelt werden. So könne man am besten vermeiden, dass es überhaupt zu leerstehenden Geschäften komme.
Ein gutes Instrument seien auch regelmäßige Rundgänge zur Erfassung der Situation, um verlässliches Zahlenmaterial zu haben. Das sei gerade in kleineren Orten sehr gut möglich und werde beispielsweise in Bitburg umgesetzt. So etwas könne dann in eine Leerstandsbörse münden. Denn, das sei ganz klar: Zu viele Leerstände seien eine bedrohliche Situation, die auch auf die noch bestehenden Geschäfte ausstrahle. Für das Geschäft Pfingstmann am Hahnplatz besteht aber Hoffnung, dass kein langer Leerstand folgt. "Es gibt Interessenten", sagt der Hausherr. Auch ihm sei an einer Neuvermietung gelegen, einen Leerstand will er vermeiden. Die Lage sei ja eigentlich gut, "obwohl sie vor der Entwicklung des Bahnhofs besser war", sagt Pfingstmann.
Auch die Bürgermeisterin kennt die Klagen, dass der starke Nahversorgungsstandort auf dem ehemaligen Bahngelände die Innenstadt geschädigt habe. Andererseits aber müsse man auch sehen, was denn passiert wäre, wenn man dort nichts vorangebracht hätte. Denn die vielen Supermärkte ziehen viele Kunden aus dem Umland an.
Meinung

Die Aufgabe wird schwerer
Kann man sich den Hahnplatz ohne die Drogerie Pfingstmann vorstellen? Wollen wir auf das schöne, mit viel Liebe betriebene Café zum Goldenen Hahn verzichten? Was wird aus dem ehemaligen Schlecker-Markt direkt daneben? Drei Namen, drei Schließungen, alle aus unterschiedlichen Gründen. Ist das noch zu bremsen? Vielleicht ja: Wenn sich Planer und Bestimmer nicht nur Gedanken dazu machen, wie man am besten einen Kreisverkehr in den Hahnplatz schraubt, sondern auch überlegen, wie man das Areal für Geschäftsinhaber attraktiv macht. Umso schwerer wird diese ohnehin schon riesengroße Aufgabe. Zumal ein weiteres städteplanerisches Desaster wie bei der Teichplatz-Parkschachtel am theoretisch schönsten Platz der Eifel fatale Folgen hätte. fp.linden@volksfreund.deExtra

Das Internet macht den regionalen Einzelhandel kaputt, so lautet eine viel zitierte These. Dem weltweiten Warenangebot zu Kampfpreisen könne man nichts entgegensetzen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Zum einen sei der Versandhandel kein neues Phänomen, sagt Matthias Schmitz von der IHK. Schon früher habe es die Kataloge von Quelle oder Otto gegeben. Dagegen könne man nicht über den Preis bestehen, sondern müsse die Kunden auf andere Weisen gewinnen. Das gehe zum einen über die Service-Qualität, ein gut auf den Kundenkreis abgestimmtes Sortiment und eine optimale Betreuung. "Es gibt auch eine ganze Reihe von Kunden, die das auch zu schätzen wissen", sagt Schmitz. Zum anderen könne man vor Ort auch ein Einkaufserlebnis mit Cafés und sozialen Kontakten bieten, dass es im Internet nicht gebe. Die Gewerbevereinsvorsitzende Christine Kausen plädiert dafür, samstags mehr Zeit zum Einkaufen anzubieten, am besten bis 16 Uhr, "denn Familien und junge Leute shoppen eher nachmittags als direkt morgens". ch

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