Jetzt wird’s heiß in der Eifel Die Hitze, das Wasser und was jetzt kühlt
Bitburg/Prüm/Daun/Gerolstein · Endlich Sommer, Sonne satt, aber so viel wollten die meisten dann doch nicht. Findet sogar der Ortsbürgermeister von Winterspelt im Prümer Land. „Wir haben hier jetzt exakt 41 Grad“, sagt Hubert Tautges, der extra für uns sein Thermometer abgelesen hat.
Also alles andere als winterlich, dieses Winterspelt. Die Hitze ist in der Eifel angekommen. Aber das, was beim Plantschen im Schwimmbad so richtig Spaß macht, bereitet auch Sorgen. Der Klimawandel.
Schrei nach Wasser: „Der Wald leidet, der Wald welkt, der Wald ist total geschwächt“, sagt Michael Schimper, Leiter des Forstamts Gerolstein. Nicht nur Schädlinge machen den Bäumen zu schaffen. „Wenn der Wald schreien könnte, der würde wie Vieh nach Wasser schreien“, sagt Schimper. Einige Baumkronen sind schon verwelkt.
Zeit zum Umdenken: „Man kann das nicht schön reden“, sagt auch der Prümer Forstamtsleiter Peter Wind, „das ist eine Katastrophe, was mit unseren Wäldern passiert.“ Aktuell größte Sorge ist, dass sich Borkenkäfer und andere Schädlinge weiter ausbreiten und noch mehr befallene Bäume gefällt werden müssten. Damit ginge dann wieder ein Teil von dem verloren, das für unser Klima so wichtig ist: die grüne Lunge. „Es werden zig tausend Bäume absterben“, sagt Wind. Er baut darauf, dass nun jedem offenbar werde, dass der Klimawandel längst begonnen hat. „Wir müssen das ernst nehmen und handeln.“
Da helfen auch keine Palmen: Warum nicht einfach auf Palmen, Pinien und Zypressen umschwenken? Also das, was auch in südlicheren, noch trockeneren Gefilden wächst. Ganz so einfach ist das nicht, erklärt der Prümer Forstamtsleiter Wind. „Die Suche nach dem richtigen Baum macht uns richtig Sorge. Natürlich gibt es jede Menge Arten, die Trockenheit weitaus besser vertragen als unsere heimischen Gewächse. Aber das hilft nichts, weil wir auch immer noch Frost, lange Regen- und Kältephasen haben.“ Die Lösung: „Seit Jahren achten wird darauf, möglichst viele Arten intensiv zu mischen“, sagt Schwind. Es sei eine Art Risikostreuung. Wenn es die Eschen trifft, schafft es vielleicht die Buche.
Was auch immer künftig hier wächst: Noch ist es jedenfalls zu lange zu kalt für Palmen und Bananenplantagen. Dafür muss man dann doch ein bisschen weiter reisen.
Auf nach Sibirien? Die Eifeler zieht es immer noch in die Sonne, ans Meer und zu den klassischen Zielen am Mittelmeer. „Wir merken aber auch, dass viele Kunden auf Flugreisen verzichten“, sagt Chantal Jardin von Linden Reisen in Prüm.
Warum auch in die Ferne schweifen, wenn Belgien, Niederlande und Deutschland genauso viel Meer bieten und man zusätzlich noch das Klima ein wenig schonen kann? Diesen Trend beobachten viele Reisebüros, auch Thomas Hecker von Scharff Reisen aus Speicher. „Die Leute zieht es nicht nur ans Meer, auch die Alpen sind beliebt“, erzählt Hecker.
Und die nordischen Länder sind nicht auf dem Vormarsch? Sabine Busch vom Gerolsteiner Reisebüro sieht Skandinavien oder Island jedenfalls nicht als neue Tendenz. „Das Mittelmeer bleibt, auch für die vielen Last-Minute-Bucher gerade, die Top-Wahl.“
Abtauchen für Sonnenverwöhnte: Es muss ja nicht immer das Meer sein. Wer sich abkühlen will, hat dazu natürlich auch hier jede Menge Möglichkeiten. Und die werden auch genutzt. So sind die Schwimmbadbetreiber durchweg zufrieden. „Das wird eine super Saison“, sagt Elfriede Grewe, Geschäftsführerin der städtischen Betriebs- und Verwaltungsgesellschaft Bitburg (BVB), die das Cascade betreibt.
Was sich aber im Cascade wie auch den anderen Freibädern zeigt: Das Publikum scheint immer sonnenverwöhnter. Ronny Hellinghausen, leitender Bademeister vom Freibad Waxweiler, sagt: „Bei Temperaturen unter 30 Grad ist für viele ein Freibadbesuch uninteressant.“ Nach der ersten extra-heißen Woche sei der Zustrom im Freibad Waxweiler erstmal abgeebbt.
So sieht es auch im Waldfreibad Prüm aus, wie Betriebsleiter Rainer Raskopp bestätigt: „Für die meisten muss das Wasser schon 25 Grad haben.“ Auch der Betreiber des Freibads am Pulvermaar, Walter Borsch, sagt, dass man im Vergleich zum Vorjahr noch etwas im Rückstand mit den Besucherzahlen sei: „Aber 2018 war ja auch ein richtig extremes Jahr.“
Wie die Saison am Ende für die Badbetreiber ausgeht, hängt viel vom August ab. Das ist in der Landwirtschaft ähnlich. Wobei sich die Bauern, anders als die Badbetreiber, vor allem eines wünschen: Regen!
Null Wasser im Boden: Wenn es nicht jetzt bald noch mal richtig nass wird, wird es in der Landwirtschaft ernst. Das sagt Michael Horper, Vorsitzender des Kreisbauernverbands im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Der zweite Grasschnitt brachte Ende Juni nur noch etwa die Hälfte von der Menge des ersten Grasschnittes im Mai. Das Futter fürs Vieh wird knapp. Und Vorräte haben die Landwirte kaum. Die wurden im heißen Sommers 2018 aufgebraucht.
Das Sommergetreide und der Mais könnten sich noch erholen, wenn es in den kommenden acht Tagen mal richtig regnen würde. Und wenn Horper Regen sagt, meint er keine Gewitterschauer, sondern drei, vier Tage Regen am Stück, „damit die Böden noch mal richtig durchfeuchtet werden“.
Alle (ver)brauchen mehr Wasser: Etwa 50 Liter Wasser pro Tag verbraucht im Schnitt jeder Einwohner in Bitburg nach Angaben des Stadtwerke-Chefs Bernd Goeblet mehr, seit es so heiß ist. In den Wintermonaten läge der durchschnittliche Wasserverbrauch im gesamten Stadtgebiet bei rund 90 000 Kubikmetern pro Monat, in den Sommermonaten bei rund 100 000 und in diesem Juni, der extrem trocken war, wurden in Bitburg 114 000 Kubikmeter Wasser verbraucht.
In der Verbandsgemeinde Kelberg wurde bereits aufgerufen, Wasser zu sparen (der TV berichtete). Trinken aber müssen wir. Sonst macht der Kreislauf schlapp.
Ohne Wasser geht’s schlecht: An einigen Tage, berichtet Udo Horn vom Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Vulkaneifel, müssten die Sanitäter drei bis vier Mal zu Menschen ausrücken, die kollabiert sind oder einen Schwächeanfall erleiden. Ursache sei meistens, dass zu wenig getrunken wurde.
Auch im Bitburger Krankenhaus landen derzeit vermehrt Patienten, die mit Kreislauf- oder Herzschwäche zu tun haben, sagt Professor Christian Blöchle, ärztlicher Direktor der Klinik. Ist der Körper ausgetrocknet, reicht ein Glas Wasser in den seltensten Fällen. „Wir geben dann eine Infusion, auch, um dem Körper wieder Elektrolyte zuzuführen“, sagt Blöchle.
Anders im St.-Joseph-Krankenhaus Prüm: „Bis jetzt haben wir kein erhöhtes Aufkommen an kreislaufbedingten Patientenaufnahmen festgestellt. Das kann sich natürlich mit den aktuell steigenden Temperaturen ändern“, sagt Kaya Erdem, Pressesprecher der Klinik.
Einen leichten Anstieg von Einsätzen wegen Dehydration verzeichnet wiederum das DRK Bitburg-Prüm, wie Thomas Nussbaum, stellvertretender Leiter des Rettungsdienstes, berichtet. Also alle bitten viel trinken. Wasser, natürlich.
Eisiges Vergnügen In den Eisdielen herrscht Hochbetrieb. Zu den beliebtesten Sorten gehören immer noch die Klassiker: Schokolade, Vanille, Erdbeer, Stracciatella. Ob es auch Exoten in der Region mal öfter ins Eishörnchen schaffen? In Prüm seien bei der Eisdiele Stella D’Oro Joghurt-Hollunder, Mango und Oreo sehr beliebt. Speicherer wählen in der Eisdiele Mario Garocari gerne mal dunkle Schokolade, salziges Karamell oder Oreo-Eis. Und die Dauner schlecken gerne mal ein Zitrone-Basilikum-Eis, wie Andrea Fontanella von der gleichnamigen Eisdiele sagt.
Eisiger geht immer Bei bis zu 40 Grad ist ein Eis ein sprichwörtlicher Tropfen auf den heißen Stein, und wer nicht im Büro ausharren muss, findet in der Eifel einige kühle Ausflugsziele. Im Besucherbergwerk Bleialf sind es ganzjährig acht Grad. An den Wochenenden finden von 14 bis 17 Uhr Führungen statt.
In Wallenborn gibt es den Brubbel, einen Kaltwasser-Geysir, der alle 35 bis 45 Minuten mit einer bis zu vier Meter hohen Fontäne nach oben sprudelt. Um die fünf Minuten dauert das Naturspektakel, das auch den kleinen Platz um den Geysir unter Wasser setzt: ideal, um die Füße im neun Grad kalten Nass abzukühlen.Wem das zu kurz ist, der hat die Eishöhlen in Birresborn. Schon auf dem Vorplatz zum Eingang sind nur noch um die 15 Grad. Die Höhlen sind in den Sommermonaten frei zugänglich und haben mit sechs Grad Kühlschranktemperaturen.
Ab in den Schatten: Wie machen es die tierischen Einwohner eigentlich bei der Hitze? Laut den Betreibern des Eifelzoos Lünebach, des Eifelparks Gondorf und des Adler- und Wolfsparks Kasselburg vor allem eins: im Schatten, im Bachlauf oder im Wasser liegen. „Die Tiere werden träger und suchen Abkühlung“, erzählt Stefan Terlinden vom Eifelzoo. In allen Wildtierparks gibt es viel Wald, der für Kühle sorgt. Das ideale Zoowetter sei es natürlich nicht, sagt Terlinden. An der Stelle hat der Eifelpark natürlich einen Vorteil: Jede Menge Wasserattraktionen und eine Hängematten-Chill-Out-Area im Wald locken die Besucher auch bei sehr heißen Temperaturen in den Park.
Was man von den Tieren auf jeden Fall lernen kann: ab in den Schatten, keine Überanstrengung, viel trinken und öfter mal eine Abkühlung.