Natur Die Hoalejäns kunn

Prüm · Seit Mitte Februar ist der raue Ruf der Kraniche und Wildgänse, der sogenannten Hoalejäns, in der Eifel wieder zu hören. Noch vor Jahrzehnten bezeichnete Hoalejäns aber auch die fahrenden Händler, die im Frühjahr durch den Prümer Raum zogen.

Natur: Die Hoalejäns kunn
Foto: Heinz Drossard

Da kommen sie wieder, in großen Zügen vom Süden. Sie überfliegen die Eifel, kreisen lange über Ortschaften, Bachauen und Seen, orientieren und ordnen sich wieder zu ihrer typischen Keilformation, die einer Eins gleicht, und fliegen mit schrillem Schrei nach Norden. Ihr typisch rauer Ruf lässt Menschen in ihrer Arbeit innehalten und aufblickend den Himmel absuchen. Und wenn sie dann entdeckt werden, freut sich ein jeder und sagt: "Nun ist der Winter vorbei und es wird Frühling! Die Hoalejäns sind wieder da."

So nennt der Volksmund die Zugvögel, Kraniche oder Wildgänse, die ab Mitte Februar/Anfang März wieder aus den warmen südlichen Ländern zu ihren Brutplätzen in nördliche Regionen oder in die weiträumigen Feuchtgebiete Ostdeutschlands und Polens zurückkehren.

In riesigen Schwärmen ziehen sie im Formationsflug über unsere Heimat und lassen sich zum Grasen oder zu einer Zwischenrast auf Feldern nieder. Für den Unkundigen ist es schwer zu unterscheiden, ob es sich dort oben am Himmel um Kraniche oder Wildgänse handelt. Die Eifel überfliegen meist Kraniche, seltener Graugänse, die auch Wild- oder Hagelgänse (im Platt: Hoalejäns) genannt werden.

Der Begriff "Hagelgans" ist uralt, schon im Althochdeutschen zu finden und führt auf die Beobachtung der Menschen zurück, dass meist nach dem Fortfliegen der Graugans in den warmen Süden eine Zeit schlechten Wetters einsetzte. Man glaubte, die Gänse verkündeten durch ihr raues Geschrei und ihre Flugart Unwetter, Regen, Sturm, Schnee und Hagel. In anderen Teilen Deutschlands werden sie deshalb auch Schneegänse genannt.

Mit dem Ausdruck "Die Hoalejäns kunn" verband man aber auch noch vor Jahrzehnten das pünktliche Erscheinen der reisenden Händler- und Hausiererfamilien, meist aus dem Raum Speicher, Landscheid und Niederkail. Mit einer Kiepe (Hoat) auf dem Rücken, mit kleinen Hundekarren, Eselswagen bis hin zu fahrenden Wohnwagen, vollgepackt mit Töpfen und allen erdenklichen Haushaltswaren, zogen sie durch ganz Deutschland, um ihre Waren zu verkaufen und so der großen Armut in den Dörfern entgegenzuwirken.

Bis Ende der 1950er gab es fahrende Händler



Noch bis Ende der 1950er Jahre konnte man Lastwagen durch den Prümer Raum fahren sehen, die Töpferwaren und zunehmend auch Plastikhaushaltsartikel zum Kauf anboten. Meist gegen Ende Oktober kehrten die Händlerfamilien in die Heimat zurück, genossen wenige Monate Dorf- und Familienleben, um sich dann im Frühjahr wieder auf die Reise zu begeben. Sie waren eben wie Hoalejäns, wie die Zugvögel, an denen man Frühjahr und Herbst erkennen konnte.

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