Die letzten Geheimnisse der Römer von Otrang

Fließem · Was machen Archäologie-Studenten aus Hamburg auf dem Gelände der Römervilla Otrang bei Fließem? Nein, keine Ausgrabungen. Sie haben den Boden wissenschaftlich untersucht. Ziel war, bislang unentdeckte Bereiche des Geländes nahe der Villa zu lokalisieren und zu identifzieren. Der TV hat den jungen Forschern über die Schulter geschaut.

Fließem. Nikola Babucic läuft auf und ab. Er marschiert entlang einer 30 Meter langen Schnur, die von zwei Männern gehalten wird. Wie ein Traktor, der Furche für Furche zieht, bewegt sich Babucic über das Feld nahe der Römischen Villa Otrang bei Fließem in der Eifel (siehe Extra). Scheinbar hypnotisiert steuert er immer wieder auf einen der beiden Männer zu, dreht sich und bewegt sich auf den anderen zu. Er wiederholt das unzählige Male. Wieso macht er das? Weil er auf der Suche ist.
Neue Entdeckungen


Doch auf der Wiese und den Feldern ist weit und breit nichts zu sehen. Das macht Nikola Babucic überhaupt nichts aus. Was er sucht, befindet sich nämlich unter der Erde. Denn der Acker, auf dem er sich bewegt, ist kein gewöhnlicher Ort. Hier bei der Römervilla Otrang gab es und gibt es Ausgrabungen, die bereits antike Gebäude und Fundstücke hervorgebracht haben.
Durch den Boden sehen, kann Babucic nicht. Er braucht für seine Suche technische Unterstützung. Diese bekommt er von einem sogenannten Fluxgate. Dieses extrem sensible, geomagnetische Gerät misst den Widerstand, die Leitfähigkeit und die Magnetfähigkeit von Dingen unter der Erde in bis zu eineinhalb Metern Tiefe. Somit können die Wissenschaftler am Ende ihres Forschungsprozesses erkennen, was sich unter der Erde verbirgt. Oberflächenprospektion nennt sich dieses wissenschaftliche Vorgehen. Dass sich weitere Bauwerke unter der Erde auf dem Gebiet neben der Villa Otrang befinden, lässt ein Plan aus dem 19. Jahrhundert aus dem Landesmuseum Trier vermuten.
Nachdem Babucic das Feld von 30 Quadratmetern abgelaufen ist, wird das Gerät an einen Computer angeschlossen. Dort werden erste Ergebnisse mit Hilfe eines Bildverarbeitungsprogramms grafisch dargestellt. Anschließend folgt eine Nachbearbeitung. Nach dieser wissen die Forscher genau, ob tatsächlich antike Wege, Mauern oder Gebäude unter der Erde begraben sind.
Nikola Babucic ist mit seinen beiden Kommilitonen und seiner Professorin Martina Seifert auf Initiative des Rheinischen Landesmuseums Trier aus Hamburg in die Eifel gekommen, um neue Erkenntnisse zu erlangen. Unter der Leitung von Martina Seifert, Vorsitzende des Deutschen Archäologieverbandes, wurde in sechs Tagen eine Fläche von 250 auf 190 Meter erforscht. Mit Erfolg: Die Messungen lassen Gebäudespuren sowie eventuell auch Wegespuren erkennen.
Um welche Art von Gebäude oder Weg es sich handelt, steht erst in ein bis zwei Wochen fest, wenn die Nachbearbeitungen abgeschlossen sind.
Georg Breitner von der Generaldirektion Kulturelles Erbe ist zufrieden. So zufrieden, dass die Arbeiten weitergehen sollen. "Wir erhoffen uns hier eine langfristige Zusammenarbeit." Er erklärt: "Wir würden gerne herausfinden, ob noch weitere Gebäude auf der Anlage vorhanden sind", sagt er.Extra

Parallel zu den Untersuchungen der Hamburger Forscher haben Studenten der Uni Trier auf dem Gelände der Villa Otrang ihre Lehrgrabungen abgeschlossen. Seit 2009 erforschen Studenten der klassischen Archäologie ein Haus, das vermutlich das Arbeits- und Wohngebäude des Verwalters der Villa Otrang in der damaligen Zeit war. In diesem Jahr wurden Pflasterungen am Rand des Hauses entdeckt. Die Grabungen endeten am 9. Oktober und werden 2013 fortgeführt. Die Villa wurde zu Beginn des ersten Jahrhunderts n. Chr. errichtet und bereits im 19. Jahrhundert entdeckt. plm

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