Tradition Die Michelsmänner aus dem Geweberwald

Rittersdorf · An diesem Wochenende ist in Rittersdorf Kirmes. Nur ganz wenige wissen allerdings, was es mit dem Termin und der Herkunft des inzwischen kaum noch gefeierten Festes auf sich hat.

Auf das Internet ist in diesem Fall wenig Verlass. Gibt man dort in der Suchmaschine den Begriff „Michelsmänner“ ein, so werden einem nur zwei Ergebnisse angezeigt. Und in beiden Fällen handelt es sich um die „Aufzeichnungen des hervorragenden Dorfschullehrers Johann Brand“, einer von Johanna und Christian Oberweis-Hauer zusammengestellten Chronik über Biersdorf.

Jenseits des weltweiten Datennetzes gibt es aber auch noch eine weitere Quelle: einen Volksfreund-Bericht aus dem Jahr 1951, den der ehemalige Rittersdorfer Ortsbürgermeister Johann Hoor herausgekramt hat. Und genau wie in der Chronik wird auch in diesem Zeitungsbericht erklärt, wer oder was diese Michelsmänner waren. Und was das mit Rittersdorf zu tun hat – und vor allem mit der Kirmes der Gemeinde, die an diesem Wochenende ansteht. Um das zu verstehen, muss man von Rittersdorf zunächst ein paar Kilometer in Richtung Norden fahren. Dort liegt der Geweberwald, ein uralter Gemeinschaftsbesitz, der einst den Stockgutbesitzern der heutigen Gemeinden Rittersdorf, Biersdorf, Wiersdorf, Ließem, Oberweiler, Ehlenz, Plütscheid, Hargarten, Mauel sowie dem inzwischen nicht mehr vorhandenen Dorf Beifels gehörte. Im Volksmund hießen die Besitzer des Waldes seit jeher Michelsmänner. Woher der Name stammt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In dem 67 Jahre alten Zeitungsbericht wird allerdings die Vermutung aufgestellt, dass es etwas mit Rittersdorf zu tun haben könnte, von wo auch die mit Abstand meisten Michelsmänner kamen. „In Rittersdorf selbst dürfen wir die größte Keimzelle der fränkischen Eroberer für unser Gebiet suchen, somit auch einen der frühen kultischen Mittelpunkte, denen man mit Vorliebe den heiligen Michael als Patron vorstellte“, heißt es in dem Bericht. Der Autor folgert daraus, dass Rittersdorf seinerzeit also „das Herzstück der Michelsdörfer“ gewesen sein müsse.

Die Michelsmänner waren nicht nur wohlhabende Stockgutbesitzer, sondern darüber hinaus auch eine Art richterliche Instanz. Einmal im Jahr, am 29. September, dem sogenannten Michelstag zu Ehren des Heiligen Erzengels Michael, trafen sie sich auf einem Platz am südlichen Rand des Geweberwaldes, um dort sämtliche Forstangelegenheiten zu besprechen, aber auch um die Protokolle über alle im Wald verübten Straftaten abzuarbeiten.

Im Lauf der Zeit wurde diese jährliche Zusammenkunft nach Rittersdorf verlegt. Später entwickelte sich daraus die Rittersdorfer Kirmes. Wie in vielen anderen Dörfern, hat auch in Rittersdorf die Kirmes keinen großen Stellenwert mehr. Gäbe es nicht das kirchliche Hochamt zum Kirmessonntag, so wäre diese Tradition unter Umständen schon ganz in Vergessenheit geraten. So lange das Fest aber noch mit einem Gottesdienst gefeiert wird, gelten dafür nach wie vor die gleichen Regeln: Der Kirmessonntag ist immer entweder genau am Michelstag oder am ersten Sonntag danach.

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