Die Retter des Nagers

Mit ihrem entschlossenen Einsatz hat eine Handvoll Bürger verhindert, dass ein Biberdamm in Ihrenbrück zerstört wurde. Der Abbau war im vergangenen Herbst genehmigt worden, nachdem der dort ansässige kanadische Biber eingefangen wurde. Mittlerweile hat sich dort jedoch ein neues Pärchen angesiedelt.

 Der Biberdamm bleibt vorerst stehen: Engagierte Bürger haben einen Abbruch verhindert. TV-Foto: Christian Brunker

Der Biberdamm bleibt vorerst stehen: Engagierte Bürger haben einen Abbruch verhindert. TV-Foto: Christian Brunker

Mützenich. Gewöhnlich gehört die Senke bei Ihrenbrück, einem Ortsteil von Mützenich, nicht zu den Orten, an denen sich viele Menschen versammeln. Doch an diesem Morgen ist es anders. Im Dorf hat die Runde gemacht, dass der Biberdamm, den einer der Nager direkt neben der Straße gebaut hat, an diesem Tag entfernt werden soll.

Einer hat den Bagger am Vorabend neben der Straße stehen sehen. Um die Aktion zu verhindern, haben sich nahezu der komplette Gemeinderat und engagierte Bürger früh am Morgen auf der Straße versammelt. Auch Ortsbürgermeister Theo Ernzer und Alfred Hansen, der ehemalige Leiter des Bauamts der Verbandsgemeinde Prüm, sind gekommen.

"Das kann ja nicht angehen, dass man den Damm einfach so wegmacht", sagt Gemeinderatsmitglied Christian Hack.

Bürger hindern Bagger an der Arbeit



Etwas verloren stehen die beiden Arbeiter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) Gerolstein und der Baggerfahrer neben den Protestierern. Erst als Karl-Heinz Rach, Leiter der Straßenmeisterei Prüm, am Ort des Geschehens eintrifft, kommt Bewegung in die Sache. Er weist den Baggerfahrer ein, wieweit der Damm abgetragen werden soll, damit der Wasserdruck auf den Straßendamm nachlässt. Ob er denn überhaupt eine Sondergenehmigung für sein Vorgehen habe, wollen die erregten Bürger wissen, schließlich seien die Biber streng geschützt, und es handele sich um ein besonderes Schutzgebiet. Strafanzeigen werden angedroht.

Natürlich habe er eine Genehmigung, entgegnet Rach. Im vergangenen Herbst sei bei einem Ortstermin zusammen mit der Landespflege und dem Biberzentrum beschlossen worden, dass der Damm entfernt werden könne.

Zum Hintergrund: Damals wurden zwei kanadische Biber dort eingefangen, die zwar auch geschützt sind, aber nicht so streng wie der europäische Biber (siehe Extra). Zu Winterbeginn war das Revier daher unbewohnt, und der Damm hätte problemlos entfernt werden können. Denn das aufgestaute Wasser drückt durch den benachbarten Straßendamm, sodass die Gefahr besteht, dass die Straße irgendwann einsackt.

Doch wegen des langen Winters kam man aufseiten der Straßenmeisterei nicht dazu, die Arbeiten vorzunehmen. Das wollte man nun nachholen.

Das Problem: Mittlerweile hat sich in dem Stausee ein neues Biberpärchen angesiedelt. "Das ist ein völlig neuer Sachstand als damals, als der Abbau genehmigt wurde", sagt Hack. Wie zum Beweis seiner Existenz schaut auch der Urheber der ganzen Diskussion kurz vorbei und inspiziert seinen Damm - gerade als Landespfleger Stefan Kill vom LBM eintrifft.

Das führt bei Rach zu einem Umdenken. "Wir haben hier wirklich einen anderen Sachstand als damals", sagt Rach. Jetzt müsse erneut geklärt werden, um welche Art Biber es sich handele.

"Das weitere Vorgehen muss jetzt neu mit den betroffenen Behörden geklärt werden." Unverrichteter Dinge ziehen Arbeiter und Bagger ab - sehr zur Freude der Protestierer. "Wir haben erreicht, was wir wollen", freut sich Christian Hack. "Schließlich sind der Damm und der Stausee ein wichtiges Biotop und eine Attraktion für die Gemeinde."

Meinung

Beispielhafter Einsatz

Die Mützenicher kämpfen für ihren Biber, das hat man an diesem Morgen eindrucksvoll gesehen. Nur ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass die von der Natur überholte Sondergenehmigung infrage gestellt und schließlich verworfen worden ist. Dafür gebührt ihnen ein großes Lob. Auch muss man die Intuition des Bibers bewundern, der genau im richtigen Moment für eine Damm-Inspektion aufgetaucht ist - und dennoch von dem ganzen Trubel nichts mitbekommen hat. Der Fall darf aber nicht überdecken, dass die Behörden und das Biberzentrum Rheinland-Pfalz mittlerweile sehr gut zusammenarbeiten - wie auch das Beispiel im Alfbachtal bei Pronsfeld zeigt. Denn die Ausbreitung des Bibers in der Eifel schafft vielerorts Konflikte, die nur gemeinsam gelöst werden können. c.brunker@volksfreund.deEXTRA Der Biber (lat. castor) ist in seinen europäischen Populationen nach der Bundesartenschutzverordnung eine vom Aussterben bedrohte und naturschutzrechtlich streng geschützte Tierart. Der Schutzstatus des Bibers als bedrohte Tierart verbietet das Fangen, Töten, Stören, Vertreiben und Zerstören oder Beschädigen seiner Wohnstätte. Eine zweite Art ist der kanadische Biber, dieser ist jedoch kein ursprünglich hier beheimatetes Tier. Äußerlich ist er kaum vom europäischen Biber zu unterscheiden. Weil er aggressiver ist, verdrängt er den europäischen Biber, daher wird seine Ausbreitung kritisch gesehen. Wegen genetischer Unterschiede vermischen sich beide Arten nicht. (ch)

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