Die Schuldenspirale dreht sich weiter

Schulschließungen, Leistungskürzungen, Gebührenwelle: Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat angesichts der desolaten Finanzlage in dieser Woche ein düsteres Bild für die Zukunft vieler Kommunen gezeichnet. Auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm sind die Kassen leer - dennoch brauchen die Bürger vorerst keine gravierenden Einschnitte zu befürchten.

Bitburg-Prüm. Die Finanz- und Wirtschaftskrise macht auch vor dem Eifelkreis Bitburg-Prüm nicht Halt: Ein wichtiger Posten in den Haushalten der Ortsgemeinden schrumpft - die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Auch der Anteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer ist vielerorts rückläufig. Zudem sinken die Schlüsselzuweisungen, da die landesdurchschnittliche Steuerkraft zurückgeht. Geld, das in den Kassen der Ortsgemeinden fehlt - und damit auch in den Haushalten der Verbandsgemeinden und des Kreises, deren Etat sich zu einem Großteil aus den von den Ortsgemeinden entrichteten Umlagen speist. Drohen den Bürgern angesichts der prekären Haushaltslage nun höhere Grund- oder Gewerbesteuern, höhere Beiträge beispielsweise bei Straßenreinigungs- oder den Friedhofsgebühren, und wie sieht es etwa aus bei den Eintrittspreisen für die Schwimmbäder? Muss der Kreis gar sein "Tafelsilber" verkaufen? Der TV hat in einer kreisweiten Umfrage bei den Bürgermeistern nachgefragt.

Der Eifelkreis



Es sind Zahlen, die für sich sprechen: Während Ende 2001 das Konto des Eifelkreises mit rund 4,25 Millionen Euro überzogen war, ist das Minus Ende 2009 deutlich zweistellig: Mit 17,1 Millionen steht der Kreis mit seinem Konto in der Kreide. Darlehen für Investitionen sind da noch gar nicht berücksichtigt. Und die Einnahmen werden weiter sinken: In diesem Jahr ist mit einem Rückgang von circa zwei Millionen Euro zu rechnen. Gleichzeitig ist mit deutlichen Ausgabe-Zuwächsen bei den Sozial- und Jugendhilfeausgaben zu rechnen. Zusätzlich sollen weitere Schulen in die Trägerschaft des Eifelkreises übergehen - und damit den Haushalt belasten.

Keine zusätzlichen Belastungen für die Bürger



Dennoch soll es für die Bürger keine zusätzlichen Belastungen geben. Staatliche Gebühren seien in der Regel gesetzlich fixiert und könnten durch den Kreis in der Höhe nicht beeinflusst werden, heißt es von seiten der Kreisverwaltung. Die zweckgebundenen kommunalen Gebühren hätten ihre Obergrenze in dem tatsächlichen Kosten-Aufwand. "Die einzige Stellschraube, die wir haben, ist die Umlage", sagt Kreis-Kämmerer Martin Olinger. Ob diese erhöht wird, entscheidet der Kreistag.

Kein Tabu sei dagegen der Verkauf der RWE-Aktien, das sprichwörtliche "Tafelsilber" des Kreises mit einem Wert von 32,3 Millionen und einer Dividende von insgesamt 14 Millionen Euro. Dies sei eine Frage der Wirtschaftlichkeit, heißt es von seiten der Kreisverwaltung: Zwar könnten mit dem Verkauf Schulden abgebaut und Zinsen vermieden werden, allerdings werde der Verkauf besteuert und zukünftige Dividendenzahlungen entfielen.

Die Verbandsgemeinden



In einem sind sich die Verbandsgemeinden trotz unterschiedlicher Haushaltslage einig: Eine Erhöhung der VG-Umlage soll es nicht geben, um die Ortsgemeinden nicht weiter zu belasten. Stattdessen hofft man auf eine Gemeindefinanzreform, um dem Problem strukturell Herr zu werden.

In der VG Prüm rechnet man 2010 mit einem Rückgang der Einnahmen aus der VG-Umlage zwischen 500 000 bis 600 000 Euro, der jedoch noch durch Rücklagen aufgefangen werden kann. Gebührenerhöhungen sind laut VG-Chef Aloysius Söhngen nicht geplant.

Auch der erste Beigeordnete der VG Arzfeld, Klaus Juchmes, erteilt trotz der "desaströsen Haushaltslage der VG" einer Gebührenwelle eine klare Absage: Er sieht im Etat kaum noch Einsparmöglichkeiten - allenfalls könne noch bei kleineren Unterstützungssummen an die Vereine gespart werden.

Auch der Haushaltsplan der VG Neuerburg sieht für das laufende Jahr Mindereinnahmen bei der VG-Umlage in Höhe von 255 729 Euro im Vergleich zum Vorjahr vor. "Nennenswertes Einsparpotenzial" sieht auch Norbert Schneider, Bürgermeister der VG, nicht. Dennoch seien derzeit weder Gebühren-Anhebungen beziehungsweise Leistungsrückgänge geplant.

In der VG Irrel habe man schon immer "von der Hand in den Mund gelebt", sagt VG-Chef Moritz Petry. Man sei auf Zuschüsse und Schlüsselzuweisungen angewiesen. Einsparmöglichkeiten sieht der neue Bürgermeister keine mehr.

Der neue Bürgermeister der VG Bitburg-Land, Josef Junk, will sich zurzeit noch nicht zur finanziellen Lage seiner VG äußert: "Ich möchte zunächst alle zuständigen Gremien über die Haushaltszahlen informieren."

Über einen ausgeglichenen Haushalt kann sich Rudolf Becker, Bürgermeister der VG Speicher, freuen. Anders als in den umliegenden Verbandsgemeinden haben die Ortsgemeinden in der VG Speicher fast doppelt so viele Gewerbesteuern eingenommen wie ursprünglich veranschlagt. Die vielen kleinen Betriebe hatten eine gute Auftragslage, sagt Becker und teilt mit, dass in seiner VG keine Gebührenanhebungen vorgesehen sind.

Ganz anders sieht es dagegen in der Nachbar-VG Kyllburg aus: Mit knapp 200 000 Euro an Mindereinnahmen durch die VG-Umlage rechnet Bürgermeister Bernd Spindler: "Mit eigenen Mitteln sind wir nicht mehr in der Lage, unsere Aufgaben zu erfüllen." Wie so viele der anderen VG im Eifelkreis muss sich die VG Kyllburg weiter verschulden: Einsparmöglichkeiten sieht Spindler nicht.

Die Stadt Bitburg



Infolge der Finanzkrise muss die Stadt nach Aussage der Stadtverwaltung Steuerausfälle von über 1,7 Millionen Euro hinnehmen. Auch der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer bricht drastisch ein: 765 000 Euro weniger werden erwartet. Dennoch seien Steuererhöhungen und eine Anhebung der Hebesätze nicht geplant, sagt Paul Treuke, Kämmerer der Stadt.

"...dann können wir nur noch die Schulden verwalten"



Leistungskürzungen soll es ebenfalls nicht geben. "Als Mittelzentrum der Südeifel muss die Stadt Bitburg eine gewisse Infrastruktur auch und gerade auf dem Freizeit-, Schul- und Vereinssektor vorhalten", betont Stadt-Pressesprecher Werner Krämer. Und so zahlt die Stadt beispielsweise beim Eintritt ins Schwimmbad Cascade und in die Eissporthalle kräftig drauf: Mit 3,31 beziehungsweise 3,92 Euro wird jeder Besucher bezuschusst.

Die Stadt Prüm



Auch in der Stadt Prüm sind derzeit keine Gebührenerhöhungen geplant, obwohl Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy erklärt: "Die Stadt ist schon ewig defizitär." Im Gegensatz zu Bitburg muss Prüm als verbandsangehörige Stadt auch eine VG-Umlage entrichten. "Ich hoffe, dass es ohne Gebührenerhöhungen und Leistungskürzungen weitergehen kann, aber meine Sorge ist, dass, wenn das Land kein Geld mehr hat, die Bedarfszuweisungen stark zurückgefahren werden", sagt Weinandy, "wenn wir dieses Geld nicht mehr bekommen, dann können wir nur noch unsere Schulden verwalten." Eine Sorge, die vermutlich viele im Eifelkreis mit ihr teilen.

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