Die Sonne allein hat nicht gereicht

Roth an der Our · Es sollte ein deutschlandweit einmaliges Projekt werden: Mit Hilfe eines Solarheizkraftwerks wollte ein Unternehmer in Roth an der Our ein komplettes Neubaugebiet mit Energie versorgen - ganz CO{-2}-frei. Das Wohngebiet wurde zwar erschlossen, das Kraftwerk jedoch nie fertiggestellt. Jetzt kümmert sich der Insolvenzverwalter darum.

Die Sonne allein hat nicht gereicht
Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Roth an der Our. Eine recht trostlose Szenerie, die sich beim Blick durch die großen Fensterscheiben neben der Eingangstür offenbart: zigtausend tote Fliegen hinter den Glasscheiben und daneben ein Haufen Post, der ebenso regungslos auf dem Boden liegt.
Günter Hoffmann kennt diesen Haufen. Der Insolvenzverwalter aus Trier ist jetzt der Hausherr des großen Gebäudes, in dem sich - außer den inzwischen toten Fliegen und der Tür des Briefkastens - in den vergangenen Jahren nicht viel bewegt hat. Dabei war es doch ganz anders geplant. Das Haus mit dem gewaltigen Pultdach ist ein Solarheizkraftwerk. Und zwar das erste und womöglich auch einzige dieser Art in Deutschland.
Fertiger Plan geht nicht auf


Im Inneren befinden sich ein großer Energiespeicher mit einem Fassungsvermögen von 80 000 Litern sowie zwei weitere kleinere Pufferspeicher. Mit Hilfe der Solaranlage auf dem Dach, bestehend aus einer Vielzahl von Vakuum-Röhrenkollektoren, sollte das Wasser in dem Energiespeicher erwärmt werden. Und über ein Nahwärmenetz sollten dann die Häuser des benachbarten Neubaugebiets mit diesem Warmwasser versorgt werden. Der "Brodschrank" in Roth an der Our wäre mit seinen 45 Baugrundstücken damit das erste CO{-2}-freie Neubaugebiet Deutschlands gewesen.
Das zumindest war der Plan der Betreiberfirma Innovat. Doch mit Ausnahme der zur Stromerzeugung ebenfalls installierten Fotovoltaikmodule wurde die eigentliche Anlage nie in Betrieb genommen. Und auch im angrenzenden Neubaugebiet ist nach wie vor ein Großteil der Grundstücke unbebaut. "Die Fotovoltaikanlage läuft, auch wenn sie vielleicht noch besser laufen könnte", sagt Insolvenzverwalter Hoffmann.
Unzureichende Vermarktung


"Was aber nicht funktioniert, ist die Warmwasser-Geschichte, weil dafür schlichtweg die Abnehmer fehlen", fügt er hinzu. So war das ehrgeizige Projekt des aus Roth stammenden und in Luxemburg lebenden Investors so ausgelegt, dass alle Haushalte des Neubaugebiets an das Nahwärmenetz angeschlossen werden.
Weil jedoch die Vermarktung des Wohngebiets deutlich schlechter lief als vom Projektentwickler erwartet, ist es dazu nie gekommen. Und die Häuser, die zwischenzeitlich errichtet wurden, werden nun über eigene Heizsysteme versorgt. Wie Hoffmann erklärt, besteht seine Aufgabe deshalb zum einen darin, die restlichen Baugrundstücke zu verkaufen, und zum anderen darin, eine Verwendung für das Solarheizkraftwerk zu finden. "Ich könnte mir vorstellen, damit eine Gärtnerei oder ein großes Gewächshaus zu betreiben", sagt der Insolvenzverwalter. "Eine andere Möglichkeit wären Aquakulturen", ergänzt er.
"Mein größtes Problem ist allerdings, dass der ehemalige Geschäftsführer nicht zu einer Zusammenarbeit zu bewegen ist", sagt Hoffmann. So sei der Investor nicht bereit, Unterlagen herauszurücken, was die Arbeit und eine Übersicht der Gläubiger und Schulden deutlich erschwere, beklagt der Trierer Rechtsanwalt. "Ich habe bislang keine Buchführung und keine Pläne. Sondern nur einen Haufen Post."
Die toten Fliegen also scheinen Hoffmann noch die geringsten Sorgen zu bereiten.

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