Neue Pächter für Dudeldorfer Torschänke Neues von dem, der immer danach fragt

Dudeldorf · Er will es eben wissen. Deshalb fragt Jupp jeden, der in die Torschänke kommt: „Wat get es Neies?“ Jetzt hat er selbst Neuigkeiten. Das Traditionshaus wechselt im März den Besitzer. Die beiden Nachfolger staunen nicht schlecht, als der Wirt von den Anfängen erzählt.

 Seite an Seite: Josef und Petra Cillien haben fast vier Jahrzehnte Gäste in ihrer Torschänke bewirtet.

Seite an Seite: Josef und Petra Cillien haben fast vier Jahrzehnte Gäste in ihrer Torschänke bewirtet.

Foto: TV/Dagmar Dettmer

Wer was auf sich hielt, ging damals im Baströckchen in die Torschänke. Zumindest, wenn dort Hawaii-Nächte waren. Die waren legendär. Drei Tage Party mit einem riesigen Früchtebuffet zum Auftakt. „Eine Lastwagenladung voll“, sagt Küchen-Chefin Petra Cillien. Die Gäste sollten schätzen, wie viele Stücke Obst angerichtet waren, und konnten Konzertkarten für BAP oder Elton John gewinnen. Das war Anfang der 80er Jahre.

Die Torschänke war noch kein Gasthaus für gehobene, einfallsreiche und dabei wunderbar bodenständige Küche. Das kam erst später. Das Lokal am Torbogen in Dudeldorf war eine Kneipe. Hinter dem Tresen: Jupp Cillien. Der Wirt, der längst so legendär ist, wie seine Hawaii-Nächte es waren.

 Die Nachfolger: Simon Berhard und Kilian Rau sind die neuen Chefs im Dudeldorfer Traditionshaus.

Die Nachfolger: Simon Berhard und Kilian Rau sind die neuen Chefs im Dudeldorfer Traditionshaus.

Foto: TV/Dagmar Dettmer
Josef und Petra Cillien von der Torschänke in Dudeldorf
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Bilder aus und von der Torschänke

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Foto: TV/Dagmar Dettmer

Seine Standardfrage „Wat get et Neies“ ist Kult. Und dieses Mal gibt’s wirklich was Neues: Jupp trennt sich von seinem Lokal. Und das fällt ihm, der mit diesem Gasthaus verwachsen ist, gar nicht so leicht.

1981 hat er das Gebäude gekauft. Ein Sanierungsfall. „Ich wollte immer ein altes Haus haben“, sagt Cillien. Und als er es dann hatte, spottete seine Mutter: „Weilen host de en richtig aal Bud.“ Aber Jupp, gelernter Raumausstatter und gesegnet mit Talent fürs Einrichten und Dekorieren, machte aus der alten Bude ein Schmuckstück. Nicht in einem Jahr, in Jahrzehnten.

Lange bevor im Torzimmer „Dreierlei vom Parmesanschaum“ und andere Leckereien angeboten wurden, tobte dort der Bär. Die „kleinste Disco der Eifel“ war beliebt. Die Leute kamen von Trier, der Mosel und aus den Orten ringsum angereist. Am Plattenteller: Disco-Mätti und Heribert aus dem Kesselhaus.

Es war eine andere Zeit. „Die Leute sind noch mehr ausgegangen“, sagt Cillien. „Da war noch nix mit Promille und so.“ Getrunken wurde viel, gefahren wurde trotzdem: „Zwei 50-Liter-Fässchen Bier mussten an so einem Freitag leer sein, das dritte angezapft, sonst war es kein guter Abend.“

Eine Bedienung habe nur die Gäste, die entlang der Treppe vom Keller bis zum Turmzimmer standen, bewirtet. „Das war eine der besten Stationen“, sagt Cillien. Seine Position: am Zapfhahn.

Draußen kam der Verkehr zum Erliegen an solchen Party-Abenden. „Die Polizei hat mal gesagt, dass ich mindestens 400 Leute da drin haben müsste. Ach was, hab ich gesagt, wo sollen die denn sein“, erzählt Cillien und schiebt dann mit schelmischem Grinsen hinterher: „Es waren so viele.“

„Ich hatte anfangs nur Kleinigkeiten zu essen“, erzählt Cillien. „Heiße Seele“ hieß beispielsweise sein mit Käse und Schinken überbackenes Roggenbrötchen. Und Knoblauchsuppe gab’s.

Schnell fragten die Gäste auch mittags nach Essen. Die ersten Gerichte: Schnitzel Hawaii und gekochtes Rindfleisch mit Remoulade. Eine richtige Küche gab es noch nicht. „Meine Mutter hat die Kartoffeln morgens geschält mit ins Lokal gebracht.“ Und dann wollte er es mit seiner Frau Petra richtig machen. Ende der 80er-Jahre bauten sie die Torschänke komplett um. Das neue Herzstück: die Küche im ersten Stock.

Die Anfangszeit mit dem Restaurantbetrieb sei schwer gewesen. Damals gab es noch fast auf jedem Dorf ein Speiselokal. „Wir hatten einfach viele Mitbewerber.“ Was für ihr Haus „bestimmt nicht schädlich war“, wie Jupp es ausdrückt, war Sternekoch Helmut Thieltges, der aus seinem Sonora gerne einen Abstecher in die Torschänke machte. „Der hat uns auch mal einen Tipp gegeben.“ Das Hacksteak auf Spinat etwa, das es noch heute auf der Karte gibt, sei so ein Gericht: bodenständig, aber mit eingelegten Trüffeln und frischen Kräutern raffiniert verfeinert.

Dieser Linie blieben die beiden treu. Trotz vieler Auszeichnungen und Anerkennung in der Fachpresse wie etwa im Magazin A la Carte oder im Schlemmeratlas wollten die Cillien snie einen Stern. Über den Bib Gourmand Michelin, den „kleinen Michelin“, wie diese Auszeichnung für beste Preis-Leistungs-Angebote exquisiter Küche genannt wird, haben sie sich aber richtig gefreut.

Diesem Stil wollen die „Neuen“ – Simon Berhard und Kilian Rau – treu bleiben. Ihr Koch Alexander Ettlinger ist seit Wochen bereits an der Seite von Petra Cillien in der Küche im Einsatz und profitiert von ihrer Erfahrung. „Das ist schön zu sehen, dass die Jungen das Lokal so weiterführen wollen, wie wir es aufgebaut haben“, sagen die Cilliens.

Es sei an der Zeit gewesen, sich neu zu orientieren. Oder wie Jupp sagt: „Sonst schafft man am Ende, bis man mit den Füßen zuerst herausgetragen wird.“ Das wollte er nicht. Ihren Nachfolgern wünschen sie, „dass die Gäste ihnen aufgeschlossen begegnen und ihnen die Chance geben, die sie  verdient haben.“ Auf das junge Team halten die Cilliens große Stücke. Und das will was heißen. Sie freuen sich, dass es weitergeht mit der Torschänke.

Leicht fällt ihnen der Abschied nach fast vier Jahrzehnten nicht. „Da sind ja auch viele Freundschaften entstanden.“ Der eigenwillige Wirt, der auch mal einen Gast, mit dem es so gar nicht klappen wollte, vor die Tür setzte, ist bei seinem Stammpublikum beliebt. „Ich hab’ mich nie verstellt“, sagt er. Und bei allen, die in der Torschänke so ein- und ausgingen – darunter auch Prominenz wie Wanderpapst Mannuel Andrack, Regine Hildebrandt oder diverse Fußballspieler – kann Jupp eine Sorte so gar nicht leiden: „Die, die die Nase so hochtragen, dass es ihnen reinregnen könnte.“

Für seine sanfte, aber bestimmte Gäste-Erziehung ist er ebenso bekannt wie seine Frau für ihre hervorragende Küche. Für ihren letzten Tag – Sonntag, 8. März – steht die Speisekarte bereits: „Alles, was wir noch in der Küche haben, und die Gerichte von der allerersten Karte“, sagt Petra Cillien.

Zurück also zu den Anfängen, der Knoblauchsuppe und der „Heißen Liebe“. Als Servicekräfte haben sie die Bedienungen der ersten Stunde gewinnen können. „Alle“, sagt Jupp, „es hat keine abgesagt.“ Und dann schiebt er hinterher: „Ich vermute, das wird ein Zustand.“ Da könnte er recht haben.

Josef und Petra Cillien öffnen ihre Torschänke am Sonntag, 8. März, zum letzten Mal. Ab 12 Uhr ist die Tür offen. Preise gibt es am Abschiedstag nicht. Die Cilliens sammeln Spenden für die Kinderkrebsstation Trier. Die Nachfolger Simon Berhard und Kilian Rau eröffnen die Torschänke am Freitag, 20. März.

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