Die Unlust an der Öffentlichkeit

Mehr Transparenz in politischen Prozessen sollen die neuen Vorschriften bringen, die unter anderem gebieten, dass Sitzungen von kommunalpolitischen Gremien grundsätzlich öffentlich sein müssen und nur in besonders begründeten Fällen hinter verschlossener Tür stattfinden dürfen.

Beim Blick auf die Praxis drängt sich der Verdacht auf, dass in vielen Kommunen die Zahl der - ohne sinnvolle Begründung - nicht-öffentlichen Debatten nicht zurückgegangen ist. Anders in Wittlich, dort hat man beispielhaft die Debatte über Bauanträge in den öffentlichen Sitzungsteil verlegt und dafür natürlich die Namen der Antragsteller aus den Unterlagen herausgenommen.

Und was passiert: Aus den Reihen der Kommunalpolitiker werden "Sorgen" laut, dass sie, wenn sie die Namen nicht kennen, befangen sein könnten, ohne es zu merken. Geht es noch absurder? Kein Mensch kann befangen sein, wenn er nicht weiß, wen die Folgen seines Handelns treffen. Die Praxis der Anträge ohne Namen ist mithin der ultimative Schutz vor Befangenheit.

Aber entspringen solch hanebüchenen Einwände überhaupt aus "Sorgen" oder spricht daraus nicht viel mehr die Unlust an der Öffentlichkeit, weil politisch Aktive möglicherweise ihr eigenes, für alle sichtbares Tun umfassender erklären müssten.

Das ist anstrengend, ungemütlich und wirkt weniger "exklusiv" als die Tagungen hinter verschlossenen Türen, die in den vergangenen Jahren an vielen Stellen von der Ausnahme zur Regel geworden waren.

Aber Demokratie ist keine gemütliche Schönwetterveranstaltung. Sie braucht Öffentlichkeit und Transparenz - so viel nur irgendwie erreichbar ist. Wer damit nicht leben kann oder will, sollte sich aus dem Politikgeschäft zurückziehen.

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