Gesundheitsdebatte Nur wer kooperiert, floriert!

Prüm · Gut besuchte Runde: Die Friedrich-Ebert-Stiftung hatte zur Diskussion über die Lage der Krankenhäuser ins Prümer Konvikt eingeladen. Mehr als 120 Eifeler Bürger hörten zu und redeten mit.

 Viele Zuhörer, ausführliche Diskussion: Der Abend mit Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Nico Steinbach und den Krankenhauschefs Theo Korth und Ingrid Mertes im Konvikt Prüm.

Viele Zuhörer, ausführliche Diskussion: Der Abend mit Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Nico Steinbach und den Krankenhauschefs Theo Korth und Ingrid Mertes im Konvikt Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Was machst du, wenn du in diesen immer schwierigeren Zeiten krank wirst? Einen Notfall hast? Wenn du schwanger bist und die Krankenhäuser in Prüm und Daun keine Geburtshilfe mehr anbieten? Wie geht es insgesamt weiter mit der Versorgung auf den Dörfern, auf dem Land?

Genau das, sagt Landes-Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) am Donnerstagabend im Konvikt Prüm, „ist das zentrale Zukunftsthema“. Und genau dazu hat die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung nach Prüm eingeladen. Die Begrüßung übernimmt deshalb Brigitte Juchems, Chefin des Regionalbüros für Rheinland-Pfalz und Saarland – und Eifelerin: „Prüm ist meine Heimatstadt“, sagt sie, deshalb freue sie sich, endlich einen solchen Abend dort ausrichten zu können. Und sie mahnt: Das Gesundheitssystem brauche Veränderungen, um bestehen zu können. Eine davon sei die Kooperation der Krankenhäuser in St. Vith und Prüm (der TV berichtete): ein Meilenstein – „und ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Europa auch im Alltag der Menschen erfahrbar werden kann“.

 Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler im Konvikt Prüm.

Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler im Konvikt Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Mit dabei an diesem Abend neben der Ministerin und etwa 120 Zuhörern: der – zugleich moderierende – Eifeler Landtagsabgeordnete Nico Steinbach (SPD) und, weil es heute vorrangig um die Hospitäler geht, die Krankenhauschefs Ingrid Mertes (St. Vith) und Theo Korth (Prüm).

 Ingrid Mertes vom Krankenhaus in St. Vith.

Ingrid Mertes vom Krankenhaus in St. Vith.

Foto: Fritz-Peter Linden

 Herausforderungen gebe es mehr als genug, sagt die Ministerin: Die Bürger werden immer älter, fast ein Drittel der Hausärzte im Land sei jenseits der 60, nur noch ein Zehntel der Medizinstudenten wolle Allgemeinarzt werden – und kaum noch einer auf dem Land als „Einzelkämpfer“ eine Praxis eröffnen.

 Die Diskutanten (von links): Theo Korth, Nico Steinbach, Ingrid Mertes und Sabine Bätzing-Lichtenthäler im Konvikt Prüm.

Die Diskutanten (von links): Theo Korth, Nico Steinbach, Ingrid Mertes und Sabine Bätzing-Lichtenthäler im Konvikt Prüm.

Foto: Fritz-Peter Linden

Heute aber geht es vorrangig um die stationäre Versorgung in den 97 überwiegend kleinen Krankenhäusern des Landes. Und da gelte es, nicht mit „einer Blaupause“ alles gleichmachend zu regeln, sondern je nach Situation das Richtige zu tun. Deshalb sei die grenzüberschreitende Kooperation zwischen Prüm und St. Vith auch ein so guter und wichtiger Schritt. Mit Hürden allerdings, vor allem bei den Unterschieden in den Versicherungs- und Abbuchungssystemen, sagt Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Die aber seien „nicht unüberwindbar“.

Und längst bringen viele Eifelerinnen – jedes Jahr etwa 20, sagt Ingrid Mertes – ihre Kinder eben auf belgischer Seite zur Welt. Das Krankenhaus übernimmt sogar den in Belgien üblichen Eigenanteil in Höhe von 100 Euro – und hat eine eigene Fachfrau, die den jungen Müttern das leidige Formale abnimmt.

Und bald, nach langen Jahren der Vorbereitung, werde man auch die sogenannte ZOAST „in trockenen Tüchern“ haben, sagt die Ministerin. Das Kürzel steht für „Zones Organisées d‘Accès aux Soins Transfrontaliers“ – „Zone mit grenzüberschreitendem Zugang zu Gesundheitsleistungen“. Dadurch sollen die bürokratischen Hindernisse zwischen den beiden Gesundheitssystemen verringert werden. Und sobald die Verträge stünden, werde das Land dann die 100 Geburts-Euro übernehmen, sagt Sabine Bätzing-Lichtenthäler – da gibt’s dann Zwischenapplaus von den Zuhörern.

Um ganz andere Summen geht es unterdessen Theo Korth, seit fast zwei Jahren als Sanierer von der Caritas-Trägergesellschaft West (ctw) in Düren am Prümer Kalvarienberg eingesetzt. Nach den ersten, umfassenden Änderungen inklusive – wie berichtet – Gehaltverzicht der Mitarbeiter hat sich die Lage zwar verbessert, viele Sorgen aber beiben. Auch bei den nötigen Ausgaben: Fast zehn Millionen Euro sollen investiert werden. Das wird zwar zum größten Teil vom Land finanziert. Den Bewilligungsbescheid darüber aber, sagt Korth, „müssten wir sofort zurück nach Mainz schicken.“ Denn das Geld für den Eigenanteil in Höhe von etwa einer Million Euro habe das Haus nicht. „Unser Tafelsilber ist aufgebraucht.“

Am Eigenanteil sei aber nichts zu machen, sagt die Ministerin. Wie das Problem gelöst werden kann, bleibt offen. Geschlossen werden sollte aber nach Meinung aller die „Prümer Gerüchteküche“ um das Krankenhaus. Weshalb sie dann auch noch einmal deutlich werden: Das Krankenhaus, sagt Steinbach, sei „nicht verhandelbar“. Und Korth gibt wieder, was ihm die Ministerin bereits vor zwei Jahren sagte: An Prüm „halten wir fest, auch wenn hier die Welt untergeht“. Wobei, ergänzt Sabine Bätzing-Lichtenthäler, nicht das Land die Standort-Entscheidung treffe. Sondern der Träger. Der aber, sagt wiederum Theo Korth, plane eben keine Schließung. Und er tritt dem Gerücht eines drohenden Verkaufs entgegen: Auch das sei falsch. Lediglich einer der Gesellschafter wolle seine Anteile an eine andere katholische Organisation verkaufen. Und das habe mit dem Krankenhaus gar nichts zu tun.

In der Fragerunde geht es auch um die beneidenswert gute Personalausstattung in St. Vith im Vergleich zu Prüm. „Was macht Belgien anders“, fragt Ulrich Keller, „um Personal zu bekommen? Vielleicht können wir ja davon was lernen?“

Gute Frage, ernüchternde Antwort von Ingrid Mertes: „Ärzte findet man auch übers Geld. Und zwar deutlich übers Geld.“ Deshalb verdiene mancher Mediziner auf dem Land erheblich mehr als ein Kollege in der Stadt. Wie es auch anders geht, erklärt Helmut Berscheid von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm: Er erinnert an etliche Initiativen darunter die von Bleialf und zwölf weiteren Schneifeldörfern: Die hatten vor einigen Jahren eine Kampagne gestartet, um einen Allgemeinmediziner zu gewinnen. Und siehe: In Bleialf praktiziert jetzt eine Ärztin. Und man richtete einen Bürgerbus ein, der die Patienten hinbringt, die nicht fahren können.

Viele weitere Punkte und Probleme werden angesprochen, darunter mehrfach die Frage, wie man die Krankenhäuser stärken und auch wieder Ärzte aufs Land locken könne. Theo Korth verweist immer wieder mit Nachdruck auf diese Schwierigkeit. Fest steht aber, gerade für Prüm, noch etwas anderes: Vom Schlechtreden und Nichthingehen ist noch kein Krankenhaus saniert worden. Und das, sagt Nico Steinbach, sei die einfache Formel: „Wenn die Bürger ihr Krankenhaus nutzen, ist das die beste Lebensversicherung.“ Stimmt – sogar für beide, Patient und Hospital.

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