"Diskutieren, nicht verteufeln"

Prüm · Die umstrittenen Thesen Thilo Sarrazins werden in Prüm gleich zweimal diskutiert: Eine Woche vor seiner Lesungam 10. Mai laden die Grünen zu einer Informationsveranstaltung ein, bei der die Berliner Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan genau diese Thesen auf den Prüfstand stellen will.

Prüm. Es ist einer der umstrittensten Auftritte in der Geschichte des Eifel-Literatur-Festivals: die Lesung mit Thilo Sarrazin. Er wird am 10. Mai in Prüm aus seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" lesen. Festival-Organisator Josef Zierden hat den Auftritt mit einem Satz der Autorin Necla Kelek verteidigt, man solle seine Thesen zu Bildung und Zuwanderung diskutieren, nicht den Autor verteufeln.
Genau das planen der Kreisverband von Bündnis90/Die Grünen. "Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand" ist der Abend überschrieben, zu dem für Freitag, 4. Mai, 19.30 Uhr, ins Konvikt in Prüm eingeladen wird. Die Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan wird sich dabei besonders mit seinen Thesen zur Integration muslimischer Einwanderer befassen. Sie leitet an der Humboldt-Universität Berlin das Forschungsprojekt "Heymat", das sich mit der Entwicklung von Jugendlichen befasst, die in unterschiedlichen Kulturen aufwachsen. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören darüber hinaus Migrations- und Integrationspolitik sowie die Situation der Muslime in Deutschland. In der Debatte um Sarrazin hat sie außerdem bereits ein Forschungsdossier unter dem Titel "Sarazins Thesen auf dem Prüfstand. Ein empirischer Gegenentwurf zu Thilo Sarrazins Thesen zu Muslimen in Deutschland" veröffentlicht.
"Kampfansage an die Toleranz"


Unterstützt wird die Veranstaltung vom rheinland-pfälzischen Familienministerium, das auch für Integration zuständig ist, und vom Integrationsbeirat des Eifelkreises Bitburg-Prüm. "Sarazins Thesen sind ein Angriff auf das europäische Modell einer - auch für andere Religionen - offenen Gesellschaftsordnung, letztlich eine Kampfansage an Toleranz und Demokratie", schreibt Erdal Dogan, der Vorsitzende des Beirats in einer Pressemitteilung. Er sei kein Märtyrer der Meinungsfreiheit, vielmehr verleihe er einer dumpfen Stimmung Ausdruck, "was man schon lange über die Einwanderer dachte, sich aber bisher nicht zu sagen traute". ch

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