Dorf sucht mit: Halb Stadtkyll jagt am Mittwoch einen Taschendieb

Stadtkyll · Die erfolgreiche Jagd nach einem Dieb am Mittwochabend in Stadtkyll war für viele Bürger besonders aufregend – und sie hatte, trotz des ernsten Hintergrunds, auch ihre komischen Momente.

Dorf sucht mit: Halb Stadtkyll jagt am Mittwoch einen Taschendieb
Foto: Fritz-Peter Linden

War das Zufall? Wer am Mittwochabend den Sender Arte eingeschaltet hatte, sah dort den Klassiker "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" von Regisseur Fritz Lang. In Stadtkyll spielte sich gleichzeitig Ähnliches ab, wenn auch nicht ganz so düster wie in dem Film mit Peter Lorre. Motto: Ein Dorf sucht einen Dieb.

Wie bereits gestern kurz gemeldet, hatte der 33-Jährige, der laut Polizei im Saarland wohnt, gegen 18 Uhr die Tasche mit den Tageseinnahmen eines Verkaufsfahrers der Metzgerei Juchems mitgehen lassen, als dieser gerade von seiner Tour zurückgekehrt war.

Daraufhin machte sich der Fahrer an die Verfolgung - und war dabei nicht allein: Auch Marco Krebs von der Firma Linden Reisen fahndete mit, denn der 33-Jährige hatte sich vorher bereits rund um die Geschäftsräume des Unternehmens in der Schwammertstraße verdächtig gemacht: "Der war ganz, ganz suspekt", sagt Krebs' Schwester Claudia. "Ich hab den dann angeblafft, ob er hier einbrechen wolle. Da war er ziemlich verdattert."

In der Folge - inzwischen war auch die Polizei mit drei Streifenwagen-Besatzungen aus Prüm und einem Hubschrauber mit Wärmebildkamera eingetroffen - beteiligten sich immer mehr Bürger an der Suche, darunter auch Mitglieder der Feuerwehr. "Dem sind etliche Leute nachgestiefelt", sagt Rainer Kockelmann von der Polizeiinspektion Prüm. "Ganz Stadtkyll war an der Fahndung beteiligt."

Flucht aus dem Gasthaus

Der Verdächtige wurde zwar bald in einem Gasthaus von dem Verkaufsfahrer und anderen Bürgern gestellt, konnte sich aber losreißen und erneut flüchten. "Der hat mich umgeschubst", sagt Marco Krebs. "Der Verkaufsfahrer hat ihn noch am Kragen gepackt und dann die Mütze von seiner Jacke in der Hand gehabt."

Und dann ging es, wie Claudia Krebs erzählt, "kreuz und quer durchs ganze Dorf", weiter bis zum Landal-Ferienpark, durch ein Waldstück, dann wieder zurück in die 1500-Einwohner-Gemeinde - bis in die Ortsmitte. "Ich hätte ihn beinah erwischt", sagt Marco Krebs, der dem Mann mit dem Auto hinterhergefahren war. Aber der Verdächtige sei im letzten Moment abgedreht und wieder verschwunden.

In der Wirftstraße fiel der Flüchtende auch Christoph Molitor auf: "Der Kerl ist hier den Fußgängerweg runtergerannt. Kurz danach kam die Polizei. Nur unser Wachhund hat nicht reagiert. Der ist zu lieb."
Gegen 20.30 Uhr war dann alles vorbei, nachdem die Anwohner Rainer und Roland Maus den Gesuchten erneut entdeckt und die Polizisten auf die Fährte gebracht hatten: Die Prümer Beamten schnappten den völlig erschöpften Mann im Schüllerweg, der Hubschrauber drehte ab.

Und erst bei ihrer Vernehmung fiel Claudia Krebs auf, dass sie selbst nicht so ganz unverdächtig aussah: Sie hatte ihr Gesicht schwarz geschminkt. "Wir treffen uns mittwochs immer mit den Möhnen. Und ich sollte als Hans Muff (die Stadtkyller Variante des Knechts Ruprecht, Anm.) kommen. Ich hatte das total vergessen, bis mich ein Polizist fragte: ,Wie sehen Sie denn überhaupt aus?'"

Für Rainer Kockelmann steht jedenfalls fest, dass die Polizei auch den Stadtkyllern zu danken hat: "Das couragierte und doch bedachte Eintreten der Bürger hat mit zum Fahndungserfolg geführt." Schließlich funktioniere so eine Verfolgung nicht wie im Fernsehkrimi. In der Wirklichkeit, sagt Kockelmann, "läuft man manchmal fünf Meter an den Leuten vorbei und kann sie doch nicht sehen".

Hoffentlich nur einmal

"So was erlebt man nicht alle Tage", sagt Claudia Krebs am Donnerstagmorgen. "Ich muss das auch nicht nochmal haben."
Nur der Ortsbürgermeister hat kaum etwas von der ganzen Aufregung mitbekommen: "Der war auch bei mir im Laden und wollte die Haare geschnitten haben", sagt Friseurmeister und Gemeindechef Harald Schmitz. "Aber ich war ja nicht da. Ich war beim Seniorenkaffee im Pfarrheim. Als Nikolaus."

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