Justiz Drogenfahrt endet im Gefängnis

Bitburg/Fließem/MönchenGladbach · Ein Dreißigjähriger ist unter dem Einfluss von Rauschgift aus einer Polizeikontrolle auf der A 60 geflüchtet. Das Amtsgericht Bitburg entschied nun, dass er für die Ereignisse jener Nacht für fast zwei Jahre hinter Gitter muss.

 Etwa 100 Gramm Marihuana wurden in dem Waldstück gefunden, in das der Angeklagte nach dem Unfall flüchtete.

Etwa 100 Gramm Marihuana wurden in dem Waldstück gefunden, in das der Angeklagte nach dem Unfall flüchtete.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Wir schreiben den 4. Dezember 2017. Gegen 23 Uhr sind zwei Männer aus Mönchengladbach auf der Eifel-Autobahn 60 unterwegs. Da sehen sie das Blaulicht. Ein Polizist steht am Straßenrand, nahe des Parkplatzes „Prümer Land“. Der Fahrer des Wagens kurbelt das Fenster runter. „Wo soll’s denn hingehen?“, fragt der Beamte. „Wir wollen einen Freund in Welschbillig besuchen, FIFA spielen auf der Playstation “, sagt der Dreißigjährige hinter dem Steuer.  Zu so später Stunde, kommt das dem Bundespolizisten komisch vor. Also winkt er sie in die Verkehrskontrolle. Langsam rollen sie Richtung Parkplatz. Doch plötzlich gibt der Dreißigjährige Gas und zieht an den Polizisten vorbei auf die Autobahn.

Die Verfolgungsjagd: Etwa 20 Sekunden später nehmen die Beamten die Verfolgung auf. Doch der Fluchtwagen ist so schnell weg, dass sie ihn zunächst nicht mehr erkennen können. Erst nach einigen Minuten kommt er wieder in Sicht. Später wird der Bundespolizist sagen, der Angeklagte sei mit etwa 200 Stundenkilometern unterwegs gewesen.

Plötzlich, als sie ihn fast eingeholt haben, sehen die Beamten zwei Sattelschlepper auf der Straße – direkt vor dem Auto des Flüchtigen. Einer der Schwergewichte will den anderen links überholen. Nur langsam geht es voran. „Jetzt haben wir ihn!“, sagt der eine zum anderen Polizisten. Doch der Dreißigjährige denkt nicht ans Abbremsen. Er brettert über den Standstreifen an den Lastwagen vorbei.

Doch wenige Minuten später sollte seine Flucht dann doch enden, als er auf die Abfahrt nach Bitburg abbiegt.Scharf schießt er in die Kurve. Doch er ist zu schnell, verliert die Kontrolle.

Mit seinem Auto durchbricht er  die Leitplanke. „Ich habe nur noch die Erde gesehen“, erklärt er später, dann sei alles dunkel geworden. Der Wagen überschlägt sich und landet in einem Waldstück.

Die Flucht geht weiter: Als die Polizei wenig später den zerstörten Wagen untersucht, traut sie ihren Augen kaum. Fahrer und Beifahrer sind verschwunden. Sie müssen zu Fuß Richtung Wald gelaufen sein, glauben die Bundesbeamten und fordern Verstärkung von der Inspektion Bitburg an.

Wenig später umstellen die Einsatzkräfte das Gebiet. Mit Hunden und Wärmebildkameras gehen sie auf die Suche nach den Flüchtigen – ohne Erfolg. Erst am nächsten Tag werden Passanten auf einen dreckigen, verletzten Mann aufmerksam, der über die Landstraße läuft. Sie rufen auf der Dienststelle in Bitburg an. Eine Streife fährt los, die den Mann verhaftet. Es handelt sich um den dreißigjährigen Fahrer des Fluchtwagens, der sich nun, vier Monate später, vor dem Amtsgericht Bitburg verantworten muss. Seitdem er gefasst wurde, saß er in Untersuchungshaft.

Die Anklage: „Die Handschellen können Sie ihm jetzt abnehmen“, sagt Richter Udo May zu den Justizbeamten: „Die Fußfesseln bleiben aber dran. Wir wissen ja, dass der Angeklagte schnellen Fußes ist.“ Die Flucht bestreitet der Mann bei der Verhandlung nicht. Auch sonst zeigt der Angeklagte sich geständig. Ja, die Drogen, die später im Wagen gefunden wurden, gehörten ihm. Nein, er habe keinen Führerschein, habe nie einen besessen. Ja, vor dem Unfall habe er „einen Dreiviertel Joint geraucht und ein paar Nasen Pepp gezogen.“ Nein, der Wagen war nicht zugelassen und nicht versichert. Und ja, das war ihm bewusst.

Doch der Drogenbesitz, das Fahren ohne Führerschein, die Flucht vom Unfallort – das sind noch nicht alle Verbrechen, die der Angeklagte in dieser Nacht begangen haben soll.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Dreißigjährigen auch Hausfriedensbruch vor. Denn während die Polizisten ihn in dem Waldstück gesucht hatten, war er offenbar in ein Firmengelände in Fließem eingebrochen. Dort verbrachte er die Nacht in einem Bus, der auf dem Grundstück stand. Erst als er sein Versteck am Morgen verließ, wurde er geschnappt.

Auch das gibt der Mann vor Gericht zu. Später wird seine Ehrlichkeit ihm zugute gehalten werden. Doch es gibt auch eine Menge, was gegen den Beschuldigten spricht – das wird im Prozess klar.

Der Angeklagte: Sein halbes Leben lang rauche der Beschuldigte regelmäßig Marihuana, gibt er vor Gericht an. Seine Sucht startete also mit 15 Jahren. Und damals begann auch seine kriminelle Karriere, wie das lange Vorstrafenregister des Dreißigjährigen beweist.

2003 wurde er wegen Diebstahls und Hehlerei zum ersten mal zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Danach folgten fast jedes Jahr weitere Straftaten - von Einbruch bis Erpressung, von Körperverletzung bis Diebstahl. Immer wieder fiel der Angeklagte wegen Drogenbesitzes und dem Fahren ohne Führerschein auf. Er verstieß mehrmals gegen Bewährungsauflagen, führte so ein Leben zwischen Haft und Freiheit.

Einer geregelten Arbeit konnte der Hauptschulabbrecher bei diesem Lebensstil nicht nachgehen.  Mit Gelegenheitsjobs und Arbeitslosengeld „kam er so über die Runden“, wie er sagt. Derzeit laufen weitere Verfahren gegen ihn in seiner Heimat Mönchengladbach.

Das Urteil: Es könne doch nicht sein Ziel sein, so weiterzumachen, meint Richter Udo May: „Sie müssen anfangen, an Ihrer Zukunft zu zimmern.“ Zimmern kann er daran nun im Gefängnis. Denn das Gericht verurteilt den Mann aus Mönchengladbach nach einem vierstündigen Prozess zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten – ohne Bewährung.

Zudem verordnet der Richter dem Mann eine Therapie gegen seine Drogensucht: „Die kann Ihnen helfen, aber nur, wenn Sie das wollen.“

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