Bettinger ist Influencer Eifeler Umweltblogger geht mit Kommunalpolitik hart ins Gericht

Bettingen · Der Bettinger Blogger gehört zu den 50 einflussreichsten Umwelt-Influencern Deutschlands. Erste Schreiberfahrungen hat der 34-Jährige mit Leserbriefen gesammelt. Heute gibt er Tausenden auf der Seite „nachhaltig-sein“ Tipps für ein umweltbewusstes Leben.

 Matthias Heck dort, wo er sich am liebsten aufhält: in der Natur.

Matthias Heck dort, wo er sich am liebsten aufhält: in der Natur.

Foto: TV/Matthias Heck

Chiara Ferragni ist eine, Sami Slimani auch. Und Bianca Heinicke. Nie gehört? Dann wird es Sie überraschen, dass diese drei manchem Jugendlichen bekannter sind als George Clooney oder Kylie Minogue. Stars werden nicht mehr im Kino oder im Fernsehen geboren, sondern im Internet.

Ferragni, Slimani und Co. sind Influencer, auf deutsch: Beeinflusser. Den Begriff gibt es seit 2007. Seitdem haben Netzwerke wie Facebook, Youtube und Instagram an Bedeutung gewonnen.  Leute, die online populär sind, wurden zu Ikonen, denen Millionen junger Menschen nacheifern.

Sie machen Meinung, aber vor allem Marketing für Kleidung, Make-Up und anderes Konsumgut. Doch nicht jeder, der in der digitalen Öffentlichkeit unterwegs ist, ist eine lebende Litfass-Säule. Es gibt auch Meinungsmacher, die etwas bewegen wollen.

Zu ihnen gehört Matthias Heck aus Bettingen im Bitburger Land. Das Thema, das ihm am Herzen liegt, ist die Umwelt. Die Artikel, die der Techniker für den Blog „nachhaltig-sein.info“ schreibt, tragen Titel wie „Lichtverschmutzung - Wenn der Mensch die Nacht zum Tag macht“ oder „Wie nachhaltig investiert deine Bank?“. Die Texte sprechen eine wachsende Leserschaft an.

Die Triodos Bank, ein grünes Kreditinstitut, zählt Heck deshalb zu den „nachhaltigen 100“. Auf dieser Liste der erfolg- und einflussreichsten deutschen Umweltpromis rangiert  er auf Platz 43.  Wie es dazu kam und was ihn bewegt, erzählt der 34-Jährige im Interview.

Matthias, wann hast du mit dem Schreiben begonnen?

Heck: Für mich fing alles mit Leserbriefen an. Wenn ich in den TV schaue, ärgere ich mich schon mal. Und manchmal, wenn mich etwas besonders stört, sehe ich mich förmlich genötigt, etwas dazu zu schreiben. Irgendwann habe ich dann Twitter für mich entdeckt. Über das Portal sind die Blogger von „nachhaltig-sein“ auf mich aufmerksam geworden. Seit drei Jahren schreibe ich für die Seite.

Und das recht erfolgreich ...

Heck: Ich weiß nicht genau, wie ich in das Ranking der Triodos-Bank reingekommen bin. Da wird wohl gemessen, wie oft Leute Beiträge anklicken und lesen. So populär wie andere Promis auf der Liste, etwa der Moderator Tobi Schlegl, bin ich aber nicht. Und Geld verdiene ich damit auch keins. Das mit dem Schreiben mache ich nebenbei, weil es mir Spaß macht und ich Leute zum Nachdenken bringen will.

Über was zum Beispiel?

Heck: Über ihren Lebensstil. Brauche ich drei Fernseher? Muss ich jeden Weg mit dem Auto fahren? Muss ich dreimal im Jahr in Urlaub fliegen? Viele leben ja nach dem Motto: Ich konsumiere, also bin ich. Aber so kann es nicht weitergehen, sonst bräuchten wir Deutschen – Stand heute – circa  drei Erden. Das dürfen wir unseren Kindern nicht zumuten. Was wir aktuell für öko halten, sollte also normal sein. Trotz der Dringlichkeit versuche ich aber nicht mit erhobenem Zeigefinger zu argumentieren. Sonst fühlen sich die Leute angegriffen und blocken ab. Stattdessen geben wir im Blog Tipps: Sollte ich Plastik- oder Glasflaschen kaufen? Wo bekomme ich nachhaltig produzierte Jeans her?

In deinen Leserbriefen ist der Ton rauer als im Blog. Warum?

Heck: Manchmal muss man 120 Prozent fordern, um annähernd 100 Prozent zu bekommen. Leserbriefe schreibe ich, wenn mich etwas aufregt.

Was regt dich an der Kommunalpolitik auf?

Heck: Die Politik im Eifelkreis ist konservativ, fast rückwärtsgewandt. Wir auf dem Land versuchen zu sein wie Großstädter. Dabei binden die längst ländliche Elemente ins urbane Leben ein. Bitburg hat den Spittel in eine monotone Fläche verwandelt. So ein Grau-in-Grau, ohne Grün, würde in Hamburg oder München keiner planen. Oder diese Parkplatzdebatte: Andere Städte sind in Teilbereichen autofrei. Und in Bitburg drehen alle durch, weil ein paar Parkplätze verschwinden könnten. Dabei würde es die Stadt lebenswerter machen, wenn weniger Autos unterwegs wären. Klar benötigt man Parkplätze. Aber unsere Stehzeuge – Fahrzeuge sind es ja selten - nehmen viel zu viel Platz in Anspruch.

Ohne öffentlichen Nahverkehr ist ein autofreies Bitburg aber nicht vorstellbar ...

Heck: Das stimmt. In Sachen ÖPNV könnten wir was von Luxemburg lernen. Meine Frau fährt den ganzen Monat über mit dem Bus für 40 Euro von Irrel auf den Kirchberg. Mit dem Auto wäre es teurer. Bald soll der ÖPNV kostenlos werden. Warum schafft man nicht günstige Linien von Bitburg nach Trier und so einen Anreiz aus dem Individualverkehr auszusteigen? Stattdessen werden Routen abgebaut oder verteuert, wenn sie nicht florieren. Auch das Fahrrad bleibt auf der Strecke. Vor drei Jahren haben Bitburger Schüler bemängelt, dass es keine sicheren Radwege gibt. Getan hat sich seitdem nichts. Selbst Fahrradständer sucht man vergebens. Und der Innenstadtring, der Radfahrern und Fußgängern hätte Platz einräumen können, wurde verworfen.

Die Stadt arbeitet an einem Konzept ...

Heck: Sie wagt sich aber nicht, dem Auto Platz wegzunehmen. Bitburg ist eine Autostadt. Leute, die mit Autos Geld verdienen, haben einen besseren Draht zum Gewerbeverein und im Stadtrat als Kinder und Schüler. In fast allen Kommunen bekommt die Wirtschaft kaum Gegenwind. Immer weniger Menschen machen den Mund auf.

Gibt es Dinge, die du selbst an deinem Lebensstil verbessern könntest?

Heck: Mein ökologischer Rucksack ist wesentlich schwerer als er sein müsste. Das liegt vor allem am Autofahren. Ich muss jeden Tag von Bettingen bis Arzfeld kommen. Da wird es auch auf lange Sicht keine Alternative geben.

Sind Elektroautos der Weg aus der Klimakrise?

Heck: Sie können dazu beitragen. Es wird aber nicht reichen, jeden Diesel oder Benziner zu ersetzen. Auch bei der Produktion von Elektroautos entstehen Umweltbelastungen. Langfristig müssen Autos wegfallen. Der Weg aus der Klimakrise geht nur über Reduktion. Aber wer will das den Leuten verkaufen, wenn es am Tempolimit auf der Autobahn scheitert? Vielen ist es ja schon zu viel, auf ein Elektrofahrzeug umzusteigen. Es gebe zu wenige Ladesäulen, heißt es. Und Ladesäulen würden nicht gebaut, weil zu wenige E-Autos unterwegs seien. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz.

In der Politik bewegt sich also zu wenig. Es scheint aber jede Menge junge Leute zu geben, denen Umweltschutz wichtig ist. Am 24. Mai will die Ortsgruppe von „Fridays for Future“ in Bitburg demonstrieren. Und du bist als Gastredner eingeladen. Wirst du kommen?

Heck: Ich komme auf jeden Fall. Ob ich was sage, weiß ich nicht. Ich habe spaßeshalber zu den Organisatoren gesagt, dass ich nur eine Rede halte, wenn der Landrat im Gegenzug keine hält.

Warum das?

Heck: Bei der letzten Demo wurde Herr Streit ans Mikrofon gebeten. Erst einmal muss ich dazu sagen, dass mir nicht viele Kommunalpolitiker einfallen, die bei so einer Veranstaltung etwas Sinnvolles sagen könnten. Aber ein Landrat, der mit einem 7er-BMW durchs Land kutschiert wird und in der Freizeit Porsche fährt, zeugt nicht gerade von Kompetenz in Sachen Klimaschutz.

Was würdest du den Demonstranten erzählen?

Heck: Viel zu sagen hätte ich nicht, außer: weiter so. Die Schüler, die da sind, um ihren Unmut kundzutun, haben alles begriffen. Sie brauchen niemanden, der ihnen Anleitung gibt. Sie sollen weiter alles hinterfragen und wenn möglich, ihre Eltern davon überzeugen nicht gegen, sondern für ihre Zukunft zu wählen.

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