Eifelkreis Bitburg-Prüm: Verwaltung diskutiert mit Bürgern über Kreisentwicklungskonzept

Bitburg · Der Eifelkreis Bitburg-Prüm startet in sein neues Projekt - gemeinsam mit den Bürgern: Mehr als 200 Menschen sind am Dienstagabend in die Bitburger Stadthalle gekommen, um über die Zukunft der Eifel zu diskutieren.

 Großes Interesse an statistischen Daten: Jean Zimmermann zeigt, wie sich die Einwohnerzahlen in 15 Jahren zusammensetzen.

Großes Interesse an statistischen Daten: Jean Zimmermann zeigt, wie sich die Einwohnerzahlen in 15 Jahren zusammensetzen.

Foto: (e_bit )

Nicht auf die Größe eines Dorfes komme es an. Auch nicht auf die Lage. "Sondern darauf, wie engagiert die Menschen sind, die dort leben", sagt Joachim Streit. Deshalb hat er genau sie eingeladen, um mit ihnen über die Zukunft des Eifelkreises Bitburg-Prüm zu sprechen. Und, das freut den Landrat, die Plätze in der Bitburger Stadthalle sind tatsächlich fast alle besetzt: Mehr als 200 Menschen sind am Dienstagabend gekommen - und eben nicht, um nur zuzuhören, sondern vor allem, um ihre Meinungen, Wünsche und Hoffnungen loszuwerden.Kommune wagt neuen Weg

 Gesammelte Vorschläge der Bürger. TV-Fotos (2): Eileen Blädel

Gesammelte Vorschläge der Bürger. TV-Fotos (2): Eileen Blädel

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Das große Vorhaben der Verwaltung, den Kreis fit zu machen für die Tage, die da kommen, spiegelt sich in etlichen Projekten und soll nun gebündelt werden - nämlich im Kreisentwicklungskonzept, kurz: Kek, einer Art Masterplan für die Zukunft. Das wiederum verknüpft der Eifelkreis nun mit einem Modellvorhaben zum Thema Versorgung und Mobilität, für das der Bund 355 000 Euro bereitstellt. Vollendet wird das Ganze durch den Zukunfts-Check Dorf.

Und Robert Freisberg vom Innenministerium übergibt die gute Nachricht gleich zu Beginn - nämlich das Geld: Das Land stockt die Förderung für den Zukunfts-Check Dorf auf, von 357 000 auf 404 600 Euro, ebenso die für das Kreisentwicklungskonzept auf insgesamt 154 000 Euro. Damit könne das Projekt so lange laufen wie auch das Bundesmodellvorhaben - nämlich bis Sommer 2018. Da hat sich der Kreis ja viel vorgenommen, nicht wahr, Herr Landrat? Ja, aber nur so könne es auch gehen, sagt Streit. Das bestätigt dann auch Freisberg: Die Kommune wage einen neuen Weg. Sie schreibe nicht an einem Konzept, das irgendwann einmal umgesetzt werden könnte, sondern befinde sich bereits in einem Prozess, der neue Strukturen schaffe. Das müsse sie auch: "Neben dem demografischen Wandel gibt es noch viele andere kleine Veränderungen, und jeder ist von diesen Trends betroffen."

Etwa, dass es heute kaum mehr Großfamilien gebe, stattdessen: Single-Haushalte. Und, wie Bernd Rittmeier vom Bundesministerium sagt, der Kreis müsse diesen Weg gehen "bis in den kleinsten Ortsteil hinein". Die Frage, um die es an diesem Abend geht: Wie muss der Eifelkreis aussehen, damit er künftig nicht zum Verlierer wird - sondern zum Gewinner?

Thomas Hoor von der Kreisverwaltung: "Es geht uns hier nicht darum, das von einer Seite aus zu untersuchen." Die Verwaltung will wissen, was die dazu sagen, die den Kreis bereits zu ihrer Heimat auserkoren haben. Dazu sind in der Stadthalle Stationen zu vier Themen aufgebaut, an denen eine Stunde lang reger Betrieb herrscht.

Lebensqualität: Die Universität Trier hat im Auftrag des Kreises bereits Anfang des Jahres Bürger befragt. Das Ergebnis: Im Durchschnitt bewerten die Befragten die Lebensqualität im Eifelkreis mit der Note 2,2 - also gut. Für 59 Prozent ist ihr Wohnort Heimat: Sie möchten dort bleiben. Welch große Rolle dabei soziale Aspekte spielen, zeigt sich dann auch am Dienstagabend: Da werden Dinge wie "gute Nachbarschaft" oder "Zusammenhalt im Dorf" genannt. Antworten auf die Frage, was im Kreis fehle, sind zum Beispiel: eine bessere Breitband- und ÖPNV-Versorgung, Seelsorge-Angebote für ältere Menschen oder schlicht mal Handy-Empfang. "Und auch die finanzielle Ausstattung der Kommunen war ein wesentlicher Aspekt in unserer Diskussion", sagt Helmut Berscheid, der an der Station mit den Bürgern diskutiert und Stichpunkte an der Tafel festhält.

Demografie: "Können Sie mal nach Prüm gehen?" - "Und nach Arzfeld?" - "Idenheim?" An der Demografie-Station werden Christian Friedrich und Jean Zimmermann von stratmath, Institut für statistische Prognosen mit Sitz in Siegen, an ihren Computern umringt. Sie liefern dem Eifelkreis für sein Projekt das Zahlen-Gerüst - und zwar bis ins Jahr 2030. Die Prognose: In den nächsten 15 Jahren werde die Einwohnerzahl im Kreis nur um ein Prozent zurückgehen - anders als im ländlichen Raum eigentlich üblich. Was sich verändert, ist jedoch die Altersstruktur: Der Anteil der Menschen im Alter von 65 bis 99 steigt von 19,9 Prozent auf 28,6 Prozent. Doch noch eine Sache stellt Friedrich fest, die hoffen lässt: "Seit 2011 hat es mehr Zuzüge als Fortzüge gegeben." Dabei sei vor allem der Anteil der bis 18-Jährigen gestiegen. Und was heißt das? "Die kommen nicht allein. Sondern mit ihren Eltern. Das sind Familien, die in die Eifel ziehen."

Versorgung: Heftige Diskussionen gibt's am Stand bei Marion Gutberlet vom Planungsbüro Sweco. Es geht um das Thema Versorgung: "Einen Bäcker hätte jeder am liebsten gerne fußläufig", fasst sie zusammen. Kritisiert wird dort zum Beispiel auch, dass viele Dinge nur in Bitburg zu haben seien - warum? Doch das größte Thema sind die Mediziner - also die, die es nicht gibt: "So ein Arzt kann ganz schön weit weg sein, und der Apotheker dann noch weiter und am besten in der anderen Richtung", sagt ein Mann. "Also am Wochenende ist das übel, wenn man krank wird." Und ein anderer Teilnehmer erzählt, einmal habe er bis nach Saarburg fahren müssen. Die Forderung: nicht nur mehr Ärzte, sondern auch eine bessere Koordination in den Notdiensten der Apotheken.

Mobilität: Beatrix Ollig stellt passenderweise dazu am vierten Stand fest, wo es um das Thema Mobilität geht: "Interessant ist, gerade zum Arzt werden auch kleine Orte angefahren - und nicht nur das große Versorgungszentrum Bitburg." Sie will von den Teilnehmern wissen, wo sie wohnen und wohin sie fahren - mit Bus und Bahn. Oder auch nicht: Denn es gebe zwar gute Strecken und Verbindungen - "doch häufig fehlt es an den kleinen Zubringern, die jemanden von seinem Wohnort zur Haltestelle bringen", sagt sie. Ebenso brauche es mehr Angebote für Jugendliche, vor allem abends. Und auch wenn der Bürgerbus der Verbandsgemeinde Arzfeld eine tolle Alternative sei: "Er macht an der VG-Grenze Halt - die interessiert mich aber nicht, wenn ich von A nach B will."

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