Ein bisschen Dornenvögel in der Eifel

PRÜM. Vor rund 150 Gästen hat Manfred Reuter am Freitagabend im Prümer Haus der Kultur aus seinem Roman "Der Kirchenmann" gelesen.

Manfred Reuter hatte es eingebrockt, und Josef Zierden, Veranstalter des Eifel Literatur Festivals, musste es seinerzeit ausbaden, die Sache mit Daniel Küblböck. Als Aprilscherz wurde Küblböck im TV als Teilnehmer der Autoren-Veranstaltung angekündigt, schließlich folgte im Sommer 2004 dessen Lesung. Und von Anfang an umstritten war es sowieso, denn Küblböck und Literatur, das passt nicht. Das darf nicht sein, ist ähnlich verwerflich wie das, was sich Frank Buschhoven erlaubt. Buschhoven ist katholischer Pfarrer in einer kleinen Eifelgemeinde, verliebt in eine Frau und Vater eines gemeinsamen Sohns. Buschhovens einziger Trost in diesem Dilemma ist die Tatsache, dass er nicht real ist, sondern nur eine fiktive Person, ausgedacht von TV-Redakteur Manfred Reuter. Buschhoven ist die Hauptfigur in Reuters Debüt-Romans "Der Kirchenmann" und in dieser Funktion ein Geistlicher, der das christliche Fundamentalgebot der Nächstenliebe auf seine Weise mit Leben füllt, dabei jedoch im spießig-konservativen und von Doppelmoral geprägten Alltag des kleinen (ebenfalls fiktiven) Ortes Schönenbach auf wenig Verständnis stößt. Während der Pfarrer sich darum bemüht, innerhalb seiner Gemeinde auch als Mensch mit all seinen Bedürfnissen verstanden zu werden und sich zu seinen Verstoß gegen den Zölibat bewusst und gewollt mit Gemeinde und Kirche auseinander setzt, ist das Scheitern dieser Mission schon vorgezeichnet. "Ein Stück ‚Dornenvögel' in der Eifel - ohne Sentimentalität und Romantik", meint Josef Zierden, der im Prümer Konvikt die zahlreichen Gäste in Reuters Werk einführt. Es sei ein "Plädoyer für Liberalität und Toleranz", bei dem die drei Zeitebenen, in denen Reuter seine Geschichte erzählt, "souverän miteinander verknüpft sind: überzeugend, einfühlsam und charakteristisch". Zierden hat Reuters Erstlingswerk begleitet, dem Autor, wie dieser später selbst erzählt, in den dreieinhalb Jahren der Entstehung immer wieder Mut gemacht und ist an diesem Abend zwangsläufig einer der wenigen, die es gelesen haben. Eine Büttenrede mit schlüpfrigem Inhalt

Alle anderen lauschen um so gespannter als der Prümer TV-Redakteur mit der Lesung beginnt - zuerst einige Seiten der ersten Kapitel, dann eine Passage über Klara Ziebig (Reuter: "meine Lieblingsfigur") und zum Abschluss noch aus dem Kapitel "Karneval" ("weil heute der 11.11. ist"). Worauf der Autor trotz Beginn der närrischen Saison bei seiner Schilderung einer eifeltypischen Büttenrede verzichtet, ist die Passage, die mit dem Pfarrer und seinem Liebesverhältnis schonungslos abrechnet. Vielleicht hat Manfred Reuter bei seiner Lesung, die durch Gerhard Rützel am Akkordeon begleitet wurde und in deren Anschluss auch Originalbilder der Buch-Illustratorin Bärbel Busch zu kaufen waren, diesen Absatz aus zeitlichen Gründen weggelassen. Vielleicht aber auch, weil die Kapelle des Konvikts als Veranstaltungsort und das große Kruzifix, das hinter dem Autor an der Wand hing, für eine sich größtenteils unter der Gürtellinie abspielende - wenn auch fiktive - Büttenrede nicht der richtige Rahmen ist. Wer sich selbst ein Bild der Büttenrede, der tragischen Liebesgeschichte und der scharfsichtigen Schilderung des real existierenden Alltags einer kleinstädtisch-katholischen Gemeinde machen möchte, kann das Buch ab sofort für 15 Euro in den Buchhandlungen der Region und in den TV-Presse-Centern kaufen.

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