Ein Ehrenamt als Vollzeitjob

Sie passt nicht ins Raster eines Eifeler Durchschnitts-Bürgermeisters: Anna Kling ist 30 Jahre jung, wie der Name schon sagt weiblich und lebt erst seit sechs Jahren in der Region. Dennoch wurde sie genau heute vor einem Jahr als Stadtbürgermeisterin von Neuerburg vereidigt.

 Seit genau einem Jahr arbeitet Anna Kling fast Vollzeit im Neuerburger Stadthaus. TV-Foto: Nina Ebner

Seit genau einem Jahr arbeitet Anna Kling fast Vollzeit im Neuerburger Stadthaus. TV-Foto: Nina Ebner

Neuerburg. (neb) Wer am heutigen Dienstagnachmittag am Neuerburger Stadthaus vorbeikommen sollte, bekommt möglicherweise ein Gläschen Sekt gereicht. Schließlich gibt es etwas zu feiern: Mit den Stadtratsmitgliedern sowie den Bediensteten der Stadt stößt Stadtbürgermeisterin Anna Kling auf ihre Amtseinführung vor genau einem Jahr, am 6. Juli 2009, an. Vermutlich mit Wasser, denn die Mutter einer dreijährigen Tochter erwartet im August Nachwuchs.

Bei dem Umtrunk wird sie fast nur von Männern umgeben sein. Doch Männerrunden ist die 30-Jährige inzwischen gewohnt: Schließlich sind die meisten ihrer Ortsbürgermeister-Kollegen in der Verbandsgemeinde Neuerburg männlich - und ein Großteil ist auch deutlich älter als sie.

Kling blickt auf ein aufregendes Jahr zurück. Ein Jahr, in dem sie ihre Doktorarbeit im Fach Bioethik aufs Eis gelegt und stattdessen aus ihrem Ehrenamt einen Vollzeitjob gemacht hat. "Ich habe den Anspruch: Wenn man was macht, dann sollte man es auch ordentlich machen", sagt sie. Und da die gebürtige Münchnerin, die vor sechs Jahren ihrem Mann in die Eifel folgte, wie sie selbst zugibt, vorher "weder etwas mit der Verwaltung noch mit der Kommunalpolitik am Hut" gehabt hatte, hat sie vor allem in der Anfangszeit viel gelesen. "Viel Trockenes", wie sie mit einem Lächeln ergänzt.

Klings Hang zur Gründlichkeit zeigt sich bei ihrer Vorarbeit für die Stadtratssitzungen: Eine gute Vorbereitung der Themen ist ihr ebenso wichtig wie die Einbindung der Ratsmitglieder in den Entscheidungsfindungsprozess.

Der Kontakt zu den Bürgern macht ihr am meisten Spaß



Und ihr Hang zur Perfektion schwingt auch dann mit, wenn sie die Frage beantwortet, was denn in den vergangenen zwölf Monaten vielleicht nicht ganz so optimal gelaufen ist: Sie sei enttäuscht, dass sie den Erwartungen der Leute nicht immer gerecht werden konnte - sei es, weil sie nicht Bescheid wusste, dass zu einer bestimmten Veranstaltung ein Grußwort der Stadtbürgermeisterin erwartet wird, oder weil sie wegen eines lange vorher verabredeten privaten Termins nicht bei der Neuerburger Kappensitzung teilnehmen konnte.

Dabei sind es gerade die Gegebenheiten, wenn sie in Kontakt mit den Bürgern kommt, diese beispielsweise auf sie zugehen, obwohl sie eben nicht zu den alteingesessenen Neuerburger Familien gehört, die ihr an ihrem Dasein als Stadtbürgermeisterin am meisten Spaß machen. "Es ist schön zu merken, dass das Vertrauen da ist", sagt Kling, "und dass die Leute wiederum merken, dass man als Verwaltung nicht irgendwo abgehoben sitzt."

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