Ein Eifeler auf der Flucht

Bitburg · Die Verfolgungsjagd, die sich ein Eifeler Anfang des Jahres mit der Polizei liefert, hat es in sich. Am Ende ist ein Polizist verletzt und der Führerschein des 57-Jährigen einkassiert. Am Mittwoch musste sich der Fahrer nun vor dem Bitburger Amtsgericht verantworten.

Bitburg. Festhalten: Das was jetzt kommt, hat Geschwindigkeit. Es fängt ganz langsam an, aber dann wird es rasant. Diesen Fall, der da am Mittwochnachmittag vor dem Bitburger Amtsgericht verhandelt worden ist, hätten sich die die Macher der Actionserie Alarm für Cobra 11 nicht besser ausdenken können.
Hauptdarsteller Nummer eins ist der Angeklagte Toni S.. Natürlich heißt Toni S. in Realität nicht Toni S., aber das ist für die Geschichte vollkommen irrelevant. Hauptdarsteller Nummer zwei ist Simon G.. G. ist Opfer und Zeuge zugleich in diesem Fall - und auch er heißt in Wirklichkeit natürlich ganz anders. Soweit die notwendigen Hintergrundinfos: Die Geschichte spielt an einem Sonntag Anfang 2014. Toni S. hat den Tag genutzt, um nach Luxemburg tanken zu fahren. Auf dem Rückweg hält er in seiner Stammkneipe an. Sie liegt in einem Dorf, unweit von Bitburg. Es läuft Bundesliga, es wird gewürfelt und auch ein bisschen getrunken. "Wie viel ich da getrunken habe, weiß ich nicht mehr", sagt S. vor Gericht.Führerschein schon mal weg


Fest steht: Als er die Kneipe verlässt, stehen auf seinem Deckel 14 Bier, und 18,20 Euro. Ob er die alle selbst getrunken hat, oder beim Würfelspiel auch welche für seine Freunde ausgeben musste, bleibt unklar. Was nicht unklar bleibt, ist, dass der gelernte Masseur die Kneipe am frühen Abend verlässt. Er will nach Hause, ein paar Dörfer weiter. Er setzt sich in sein Auto und fährt los
Jetzt kommt Simon G. ins Spiel. Er ist Polizeioberkommissar bei der Polizei Bitburg und fährt an diesem Abend Streife mit einem Kollegen. Er kennt S.. Vor zwei Jahren hat er ihm schon mal den Führerschein wegen Trunkenheit am Steuer abgenommen. Er hat seitdem ein Auge auf ihn.
Am Sonntagnachmittag hat er bereits S.\'s Auto vor der Kneipe stehen sehen. Und jetzt, mittlerweile ist es früher Abend, traut er seinen Augen nicht: Im Nachbardorf kommt Toni S. den beiden Beamten entgegen - im Auto. "Wir haben sofort unseren Wagen gewendet und sind hinter ihm her", erinnert sich G..
Er habe "alles angeschaltet, was geht" am Streifenwagen, um S. zu stoppen. Aber S. stoppt nicht. Im Gegenteil, er gibt Gas und nicht zu wenig. Mit bis zu 160 Stundenkilometern geht es über die B 50 und durch mehrere Dörfer. "Wir haben versucht, ihn zu überholen, aber er ist immer wieder rübergezogen, und hat das verhindert", schildert G.. Es geht durch enge Kurven, über Kreisstraßen, und wieder zurück auf die B 50. Dann in einem Ort ganz in der Nähe des Eifelparks kann der Beamte Toni S. ausbremsen. Er springt aus dem Polizeiwagen, rennt zu S.\'s Auto, reisst die Fahrertür auf und schreit: "Jetzt reicht\'s, raus hier." Aber S. steigt nicht aus.
Schlechtes Märchen


Er legt den Rückwärtsgang ein und brettert zurück in Richtung B 50. G. wird dabei auf die Straße geschleudert. Ein Rad des Autos rollt über seinen Fuß. Er erleidet Prellungen, Schürfwunden und Hämatome am ganzen Körper - "kaputt war aber nichts", betont er. Und S.? Der rast davon. Flüchtet in den Wald und verbringt die Nacht dort im Auto.
Später stellt er sich bei der Polizei. "Herr S.", fragt der Vorsitzende Richter Udo May, "was war denn da los mit Ihnen?" Gute Frage, doch die Antwort des Angeklagten ist noch besser: Er habe sich schon gedacht, dass das G. sei im Streifenwagen da hinter ihm. "Ich wollte nicht nochmal mit ihm zu tun haben." Deswegen habe er Gas gegeben.
Dass G. dann später seine Fahrertür aufgerissen und er den Polizisten dann mit dem Auto über den Fuß gebrettert sei, habe er nicht gemerkt. Denn: "Ich hab mich beim Rückwärtsfahren darauf konzentriert, wieder sicher auf die B 50 zu kommen." Dennoch wolle er sich bei Herrn G. entschuldigen, er habe ihn nicht verletzen wollen. Richter May erweicht das nicht. Sein Urteil: Ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Dazu Zahlung von 1250 Euro Schmerzensgeld an den Geschädigten und 1000 Euro an das DRK. Mays Fazit: "Herr S., das war von vorne bis hinten ein schlechtes Märchen, was Sie uns da heute erzählt haben." Aber Geschwindigkeit hatte es, das Märchen.

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