23 Länder, 32.000 Kilometer Ein Eifeler auf Weltreise - mit dem Rad bis nach Indien, Vietnam und Australien (Fotos)

Bitburg · Es war sein Lebenstraum. Alles hinter sich lassen und mit dem Fahrrad die Welt entdecken. Dreieinhalb Jahre radelte Heiner Zimmer aus Bitburg durch 23 Länder dieser Erde. Mit leichtem Gepäck war er unterwegs, mit vielen Erinnerungen kehrt er zurück. Kleine Geschichte einer großen Reise.

 Heiner Zimmer.

Heiner Zimmer.

Foto: TV/Dagmar Dettmer

Was braucht der Mensch wirklich? Für Heiner Zimmer war das in den vergangenen drei Jahren eine übersichtliche Sache. Funktionskleidung, Zelt, Schlafsack, Kochgeschirr, ein paar Medikamente, Ersatzteile und Flickzeug fürs Fahrrad. Das war’s. „Dann hat man eben nur drei T-Shirts“, sagt der Mann aus Bitburg. Für seinen Lebenstraum verkaufte er sein Haus und setzte alles auf eine Karte: frei sein.

„Man braucht viel weniger Geld, als man meint“, sagt Zimmer, der sich am 26. Mai 2015 von Bitburg aus auf eine lange Reise begab. Ausgang offen. „Die grobe Route habe ich mir vorher überlegt. Aber ich wusste nie, wann ich wo sein werde. Mal blieb ich länger, mal musste ich umplanen.“ Für jemanden, der sich auf eine solche Reise begibt, ist der Weg das Ziel.

 Begegnungen, Landschaften und die Einsamkeit: Bilder von der Fahrrad-Weltreise von Heiner Zimmer.

Begegnungen, Landschaften und die Einsamkeit: Bilder von der Fahrrad-Weltreise von Heiner Zimmer.

Foto: Heiner Zimmer

Heiner Zimmers Weg führte von der Eifel über Österreich, Rumänien und den Iran nach Indien, Kambodscha und Vietnam und schließlich nach Neuseeland und Australien. 23 Länder in dreieinhalb Jahren, in denen er mehr als 32 000 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegte, hinzu kamen einige Flüge über die Ozeane und noch mal 16 500 Kilometer mit einem Camper – aus Rücksicht auf eine Mitreisende, die weniger sportlich ist als der 64-Jährige.

Eifeler mit dem Rad auf Weltreise
21 Bilder

Eifeler mit dem Rad auf Weltreise

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Foto: Heiner Zimmer

Die meisten Nächte schlief der Radfahrer im Zelt, immer wieder mal wurde er eingeladen, manchmal gönnte er sich ein Hostel oder Hotel: „Dann musste es ein richtiges Bett sein.“ 60 bis 80 Kilometer legte er im Schnitt Tag für Tag zurück, an manchen Orten blieb er auch länger, etwa in Indien: „Da wurden aus drei Wochen  drei Monate.“ Er lebte in einer Gemeinschaft, half, alte Mahagoniestämme aus dem Wald zu ziehen, aufzuforsten und Erdhäuser zu bauen und schlief in einer einfachen Holzhütte.

Was ihn rückblickend am meisten beeindruckt? „Die Menschen“, sagt Zimmer, „ich habe überall wunderbare Menschen kennengelernt. Unglaublich hilfsbereit und offen.“ In Nepal habe ihn ein Junge in einem Buswartehäuschen aufgegabelt und zu sich nach Hause eingeladen. „Wir fuhren mit dem Laster über eine abenteuerliche Piste in ein kleines Bergdorf. Seine Familie lebte mit mehreren Generationen in einer  einfachen Hütte, und alle gaben gerne von dem wenigen, was sie hatten, für mich ab.“

Nicht alle Strecken fuhr er allein. „Wenn man unterwegs ist, trifft man Menschen, die genauso unterwegs sind.“ Patrick etwa. Ein Deutscher, den er in Ungarn kennenlernte und der ihn dann zehn Monate begleitete. „Wir haben noch immer Kontakt“, sagt Zimmer. Gleiches gilt für etliche weitere Weggefährten, die ihn in den dreieinhalb Jahren mal kleinere, mal größere Strecken begleitet haben.

Meist war er abseits der Touristen-Attraktionen unterwegs. „Manches habe ich mir natürlich angesehen.“  Budapest, Istanbul und das Taj Mahal haben ihn fasziniert. Ebenso ein Vulkan im Morgenrot auf Bali und die Farben an den Naturstränden Australiens mit „diesem unglaublichen Blau und dann der weiße Sand“.

Er ist Moslems, Hindus und Mullahs begegnet. Hat in Rumänien bei Landwirten am Acker Gemüse eingekauft, in Kambodscha in einer kleinen Dorfschule Englisch unterrichtet und sich am Mekong in einem Fischerdorf mit einer Familie das Abendessen geteilt: ein einziger Fisch für alle. „Da habe ich nur ganz wenig von genommen. Die Familie isst erst, wenn der Gast satt ist“, sagt Zimmer. Er war in Tempeln, hat hinduistische Feste mitfeiern dürfen, Urwälder durchquert und ist im Himalaya auf 4200 Meter gekrakselt, bis ins Annapurna Basecamp.

In Indien lag er mit einer Nierenkolik im Krankenhaus – in einem Zimmer mit 50 weiteren Patienten. Einmal sei er auch gestürzt und das Blut schoss ihm aus den Ohren. „Das war mitten in der Pampa. Ich radelte dann bis in die nächste Stadt. Beim Röntgen hat man keinen Schädelbruch festgestellt.“ Für solche Fälle hatte er einen Arzt in Deutschland, der ihn über die Distanz betreute. „Der sagte mir dann, ich soll langsam machen. Ich hatte ein paar Wochen Kopfweh, dann ging es wieder.“ Angst hätte er nie gehabt. Am Ende ist alles Erfahrung.

 Die wichtigste Erfahrung für ihn: die vielen Begegnungen mit Menschen anderer Kulturen. „Ich glaube, es ist das Fahrrad und diese einfache Art, zu reisen, die Türen öffnet. Die Menschen sind mir überall offen und mit großem Vertrauen begegnet.“  Was von seiner Reise bleibt? Jede Menge Erinnerungen, Kontakte, Erlebnisse, Bilder von Orten, Landschaften und die Farben. Und eine andere Einstellung zu Besitz und Sicherheit. „Ich habe mir vorher unglaublich Sorgen gemacht über Absicherungen im Alter und so. Heute zählt für mich nur noch das Jetzt.“

Es war auch eine Reise zu sich selbst. „Ich bin viel klarer“, sagt Zimmer. Er sei oft tagelang allein gewesen. Nur er, die Landschaft und das Treten der Pedale. „Ich hatte mir Musik aufs Handy gespielt, damit ich was zu hören habe. Aber ich habe das kein Mal gebraucht.“ Vermisst hat er seine Familie – seine Schwester und zwei erwachsene Kinder samt Enkeln – und enge Freunde. Die hätten ihn von Beginn an unterstützt: „Sonst ist so etwas auch schwierig.“ Durch seine Reise habe er auch gemerkt, wie wertvoll der Kontakt zu Freunden und Familie sei: „Das erscheint mir kostbarer, weniger selbstverständlich.“

Nun lebt er vorübergehend bei seiner Schwester in Bitburg. Aber es zieht ihn weiter. „Ich will von Alaska nach Patagonien.“ Start: in wenigen Monaten, sobald es das Wetter zulässt. Nach einem Rat gefragt, sagt der Weitgereiste: „Wenn jemand einen Traum hat, dann soll er ihn leben. Er sollte alles daransetzen.“

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