Ein Gallier auf großer Tour

Wir schreiben das Jahr 52 vor Christus, ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein! Ein kleines, von unbeugsamen Galliern bewohntes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten…" Wer kennt sie nicht, die Sätze, mit denen jeder Asterix-Band beginnt?

34 Bände sind es mittlerweile geworden, seit der kleine Gallier 1959 in der französischen Jugendzeitschrift "Pilote" erstmalig auftauchte - erschaffen vom Zeichner Albert Uderzo und dem genialen Texter René Goscinny.

Seitdem hat sich der kleine Krieger Asterix, immer begleitet von seinem besten Freund Obelix, durch unzählige Abenteuer gekämpft, die durch die ganze damals bekannte Welt geführt haben - und manchmal auch darüber hinaus. Denn nicht die Wikinger waren die Ersten in Amerika, nein, Asterix war natürlich - nach der "großen Überfahrt" schon vorher da. Auch sonst kann man den kleinen Gallier getrost als reiselustig bezeichnen. Egal ob es gilt, ein Edelweiß aus den Alpen zu beschaffen oder Kleopatra beim Bau eines Palastes zu helfen: Asterix ist sofort dabei - natürlich nie ohne Obelix, seines Zeichens Hinkelsteinlieferant, und dessen Hund Idefix. Asterix übernimmt dabei die Rolle des typischen Helden - wenn man einmal von seiner geringen Körpergröße absieht. Immer hilfsbereit und selbstlos, dabei klug und gewitzt, und falls das nicht reicht, hilft das Fläschchen mit Miraculix' Zaubertrank aus der Patsche. Menschliche Schwächen sucht man jedoch vergebens. Liebe? Asterix ist überzeugter Junggeselle. Alkohol? Asterix bevorzugt Ziegenmilch, Cervisia trinkt er nur in absoluten Ausnahmefällen, betrunken sieht man ihn nie.

Sein Freund Obelix kommt eindeutig menschlicher daher. Immer für eine spontane Prügelei mit einer ganzen römischen Legion zu haben, oder - falls die sich mal wieder verstecken - gerne auch bei einer zünftigen Rauferei innerhalb des Dorfes dabei (bevorzugter Anlass: die "frischen" Fische eines gewissen Verleihnix). Auch sonst ist Obelix ein Genussmensch - die Wildschweine in den gallischen Wäldern können ein Liedchen davon singen. Auch für die Reize der holden Weiblichkeit ist Obelix anfällig, davon zeugt seine unglückliche Liebe zur Dorfschönheit Falbala. Empfindlich reagiert Obelix auf Anpielungen auf seinen Köperumfang: "Hier gibt's keine zwei Dicken, höchstens einen, und der ist nicht dick!" Berühmt auch sein Ausspruch: "Die spinnen, die Römer!" (Sehr schön auch die saarländische Variante "Die hann doch e Stich, die Reemer!") Wobei "Römer" je nach Abenteuer durch die entsprechende Volksgruppe ersetzt und in "Die Odyssee" zur Meisterschaft getrieben wird. Bei dem Versuch, auf der Suche nach Steinöl aus Mesopotamien den Nahen Osten zu durchqueren, werden sie von Sumerern, Assyrern und Persern mit Pfeilen beschossen, die sich alle gegenseitig bekriegen und die beiden Gallier mit einer der anderen Gruppen verwechseln - einer der vielen aktuellen Bezüge, die immer wieder in den Asterix-Bänden auftauchen. Denn Asterix spielt zwar in der Zeit vor Christus, aber Goscinny und Uderzo haben es sich nicht nehmen lassen, immer auch die Gegenwart aufs Korn zu nehmen. So handelt der Band "Der große Graben" von einem geteilten Dorf; der Bezug auf das geteilte Deutschland ist unverkennbar. Überhaupt Deutschland: So richtig gut kommen die westlichen Nachbarn nicht weg. Kriegslüstern und angriffslüstern werden die "Goten" dargestellt. Der einzige Schutz vor den ständigen Übergriffen: Zwietracht säen, damit sie sich künftig untereinander bekriegen. "Jetzt sollten wir für mindestens 2000 Jahre Ruhe haben", bilanziert Mirakulix am Ende von "Asterix bei den Goten". Wie gut, dass unsere Vorfahren, die Treverer, von Julius Cäsar zu den Galliern gezählt wurden. Asterix ist also einer von uns. Dann mal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, darauf eine Cervisia, alea iacta est!

Christian Brunker

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