Ein Grollen in der stillen Nacht

Prüm · Schnee auf der Basilika: Die Arbeiten am neuen Dach und an den Stützpfeilern sind unterbrochen, die Kirche bleibt auch an Heiligabend eingerüstet. Kein Drama. Ganz anders war das am 24. Dezember 1945: Vor genau 65 Jahren stürzten große Teile von Dach und Mauerwerk vor der Christmette ein.

 Pause bei den Dacharbeiten (rechts): Die Basilika im Wintermantel. Vor 65 Jahren bot die Kirche nach dem Einsturz einen traurigen Anblick (unten). Fotos: Fritz-Peter Linden, privat, Archiv Erich Reichertz

Pause bei den Dacharbeiten (rechts): Die Basilika im Wintermantel. Vor 65 Jahren bot die Kirche nach dem Einsturz einen traurigen Anblick (unten). Fotos: Fritz-Peter Linden, privat, Archiv Erich Reichertz

Heiligabend 1945: das erste Weihnachtsfest nach Ende des Zweiten Weltkriegs. In Prüm, wie in so vielen Eifelorten, haben nur wenige Gebäude die Bombardements der letzten Kriegsmonate überstanden. Eines davon ist die Basilika, das Wahrzeichen der Stadt.

Die Kirche steht noch -aber sie ist schwer beschädigt, viel schwerer, als man zunächst vermutet hat. Kaspar Thürwächter, langjähriger TV-Mitarbeiter und ehemals stellvertretender Vorsitzender des Geschichtsvereins, berichtet im "Prümer Landboten" von den provisorischen Reparaturen im ersten Sommer nach dem Krieg: "Verzweifelt griffen Maurer und Zimmerleute aus Prüm und Schönecken zu Notmaßnahmen. So gut es ging sicherten sie die inneren Kirchenpfeiler im unteren Bereich ... die Arbeiten waren schwierig und gefährlich ... Und ungehindert strömte der Regen durch die defekte Dacheindeckung."

Es tropfte und bröckelte weiter von oben herab. Im Innenraum stellte man deshalb eine Holzbaracke auf, unter deren Dach die Kirchgänger geschützt schienen. Das waren sie zwar - aber nur vor dem Regen. Denn offenbar wusste niemand, dass neben der Kirche detonierte Bomben auch die Fundamente erschüttert hatten. Und dann der heilige Abend vor 65 Jahren: Um 23 Uhr sollte die Christmette sein. Aber dazu kam es nicht mehr: "Gegen 21 Uhr hörten die Leute, die näher dran wohnten, ein mächtiges Rauschen und Gepolter aus Richtung Kirche", erzählt Erich Reichertz vom Geschichtsverein, der die damaligen Ereignisse umfassend recherchiert hat. "Und dann verbreitete sich in Windeseile die Nachricht von Haus zu Haus: Die Kirche ist eingestürzt!" Fast die Hälfte des Dachs und große Teile des Mauerwerks von Haupt- und Seitenschiff lagen in Trümmern.

Das einzige Glück bestand darin, dass sich zu diesem Zeitpunkt kein Mensch in der Basilika befand. Noch einmal Kaspar Thürwächter: "Überlebt hätte wahrscheinlich niemand. Die Baracke lag plattgedrückt unter zentnerschweren Sandsteinquadern, tonnenschwerem Bruchsteinmauerwerk und einem Gewirr von Dachstuhlgebälk."

Noch am ersten Weihnachtstag begannen die Prümer damit, ihre Kirche von den Trümmern zu befreien. Viel länger jedoch dauerte es, bis endlich klar war, dass die Basilika wieder aufgebaut werden soll. Der damalige Dechant Jakob Kleusch gab die Devise vor: "Es blieb keine Wahl, als das Werk zu retten, um die Ruine nicht vollständig zerfallen zu lassen."

Fünf Jahre später war es soweit: "St. Salvator wieder erstanden", titelte der Trierische Volksfreund am 22. Mai 1950, Stadt, Region und viele Ehrengäste feierten die Einsegnung der wiederaufgebauten Kirche. 396 000 Mark hatte die Rettung der Kirche gekostet, viele halfen bei der Finanzierung mit. Die aktuellen Arbeiten, im Sommer begonnen, werden etwa 1,5 Millionen Euro kosten. Und auch heute muss die Basilika nicht auf Unterstützer verzichten: Etwa ein Drittel des Geldes wird aus Spenden bestehen.

Extra Um 16 Uhr ist heute in der Basilika eine Krippenfeier für Kinder, Eltern und weitere Begleiter. Die Christmette beginnt um 22 Uhr, mitgestaltet vom Basilikachor. Am Samstag, 25. Dezember, ist um 8 Uhr Hirtenamt, um 10.30 Uhr das Festhochamt und um 19.30 Uhr ein Jugendgottesdienst. (fpl)

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