Baukultur Ein Haus voller Überraschungen

Dudeldorf-Ordorf · Lange hatte das Bistum erfolglos nach einem Käufer für das heruntergekommene Pfarrhaus in Dudeldorf-Ordorf gesucht. Dann fand man das Ehepaar Pallien an, das bei der Renovierung so manch Unvorhergesehenes erlebte.

Alte Häuser bergen Überraschungen. Angenehme, unangenehme, amüsante und solche, die man gerne schnell wieder vergisst. Das alte Pfarrhaus in Dudeldorf-Ordorf, das Edith und Josef Pallien 2009 kauften, war wahrlich ein Überraschungspaket  und hatte in jeder der oben genannten Kategorien einiges zu bieten.

Die Überraschung war jedoch zunächst erst mal auf Seiten der Beobachter. Denn keiner wollte das Haus haben, und Palliens kauften es schließlich doch. Kein Wunder: Feucht und stark sanierungsbedürftig war das 1727 errichtete Gebäude. Dass es eines der herrschaftlichsten Häuser im Ort, ja ein Schmuckstück war, das war kaum noch erkennbar.

 Das alte Pfarrhaus Dudeldorf nach der Renovierung

Das alte Pfarrhaus Dudeldorf nach der Renovierung

Foto: TV/Ulrike Löhnertz

Doch das Ehepaar Pallien erkannte das Potenzial des Grundstückes auf drei Ebenen mit Hof, Garten und Haus, das zusammen mit den im gleichen Jahr entstandenen nebenstehenden Gebäuden, dem Kutscherhaus (das die Palliens 2015/2016 ebenfalls saniert haben) und der Sakristei der Kirche, ein pfarrliches Ensemble bildet. Treppengiebel, wertvolle Innenausstattung, prächtige Außenanlage, kunstvolles Türgewände: Alle diese histrischen Schätze mussten erst wieder zutage gebracht werden.

 Geradlinig: der Flur im ersten Obergeschoss mit  Eichendielen.

Geradlinig: der Flur im ersten Obergeschoss mit  Eichendielen.

Foto: TV/Ulrike Löhnertz

Eine Mammutaufgabe, die die Palliens zwei Jahre Zeit, viele Nerven, viel Arbeit und auch Geld kostete. Und auch die erste Überraschung  ließ nicht lange auf sich warten: Das Haus war so feucht, dass es von drei Seiten etwa zwei bis drei Meter tief freigelegt werden musste. „20 LKW-Ladungen Boden wurden abgetragen“, berichtet Edith Pallien.Zudem beseitigten die Bauherrn alte Bausünden: luftundurchlässige Kunststoffe und Bitumen, mit denen man das Mauerwerk gegen die Feuchte hatte abdichten wollen, die aber genau das Gegenteil bewirkt hatten; Staunässe und Schímmel. Weitere Bausünden, die bei diversen „Renovierungen“  entstanden waren: die  Kunststofffenster, der 1450 Quadratmeter große, mit einem Jägerzaun eingefriedete und verwahrloste Garten, Asbest-Abdichtungen sowie nachträglich eingezogene Wände und Decken. All das mussten Palliens beseitigen, um den Originalzustand des zweistöckigen Hauses möglichst wiederherzustellen.

 Wurde erhalten: der Kamin mit rotem Sandstein.

Wurde erhalten: der Kamin mit rotem Sandstein.

Foto: TV/Ulrike Löhnertz

Geschafft haben sie das durch das Verwenden regionaltypischer Bau­stoffe wie Eichenholz für Böden und Türen, Sandstein für Gartenwege und -einfassungen sowie  kunstvolle Eisenbeschläge an Türen und Fenstern. Soweit vorhanden, wurde alles, was noch einigermaßen erhalten war, aufgearbeitet und zum Strahlen gebracht. Zum Beispiel die alte Haustür oder die Solnhofer Bodenplatten im Flur unten.

 Funktional, aber mit historischen Elementen: die Küche mit Solendorfer Bodenplatten und alten Eichenbalken an der Decke.

Funktional, aber mit historischen Elementen: die Küche mit Solendorfer Bodenplatten und alten Eichenbalken an der Decke.

Foto: TV/Ulrike Löhnertz

Bei der Suche nach Erhaltenswertem gab es einige erhellende Überraschungen: So verbarg sich hinter einer später eingezogenen Mauer in der Küche unvermutet das Kämmerchen der Haushälterin. Und auch im zweiten Stock gab es etwas zu entdecken: Hinter einer Wandverkleidung verbarg sich ein Donnerbalken mit Deckel und Fallgrube, die von außen entleert werden konnte. „Das war wohl die Toilette des Pastors“, vermuten die Palliens.

Heute freilich ist alles etwas komfortabler und moderner: Bad und Küche sind nach modernen Maßstäben ausgestattet, obwohl das Haus durch den Erhalt der originalen Raumschnitte, den Erhalt originaler Details (Durchreiche aus Eiche zwischen Küche und Wohnzimmer, Solnhofer Platten und Eichen-Feuerbalken in der Küche) sowie  die Verwendung originalgetreuer Baustoffe auf Schritt und Tritt Geschichte atmet. Auf 270 Quadratmetern Wohnfläche (das Dachgeschoss mit 130 Quadratmetern ist noch ausbaufähig) gibt es genug Platz für eine mehrköpfige Familie wie die, die derzeit das Haus gemietet hat.

Demnächst läuft der Mietvertrag aus, und die Tochter von Edith und Josef Pallien wird mit ihrer Familie einziehen. Ob sie weitere Überraschungen erleben? Wer weiß?

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