Ein Krimi aus der Bronzezeit

JÜNKERATH. Die Vortragsreihe des Kulturkreises Obere Kyll (KOK) beginnt an diesem Wochenende. Gleich zum Start wurde mit Harald Meller ein international anerkannter Referent verpflichtet. Meller ist der "Schatzhüter" der "Himmelsscheibe von Nebra" und maßgeblich an der Dechiffrierung der 3600 Jahre alten Bronzescheibe beteiligt. Im TV-Gespräch verrät er, was die Zuhörer in Jünkerath erwartet.

Herr Dr. Meller, was erwartet das Eifeler Publikum am Samstag? Dr. Meller: Ich werde sehr populär die Geschichte der Himmelsscheibe von Nebra erläutern. Garantiert für jeden Laien verständlich. Außerdem werde ich mehr als 100 Aufnahmen zeigen und als Schmankerl natürlich die Kriminalgeschichte erzählen. Da haben sich ja krimireife Szenen abgespielt. 1999 wurde die Himmelsscheibe von Raubgräbern gefunden und für 32 000 Mark verhökert. Bis 2002 wechselte sie mehrmals den Besitzer, bis sie schließlich für 700 000 Mark auf dem Schwarzmarkt angeboten wurde. Und dann kamen sie ins Spiel? Dr. Meller: Ja, ich sollte im Café eines Hotels in Basel die Scheibe auf ihre Echtheit prüfen. Ich saß mit dem Hehlerpärchen zusammen. Die Schweizer Polizei war involviert, aber ich dachte, sie hätten mich aus den Augen verloren. Es kam mir unheimlich vor. Erst später habe ich gemerkt, dass offenbar die Gäste des Cafés Undercoveragenten waren. Als ich meinen Chemiekoffer öffnete, um den Echtheitstest zu machen, konnte ich ein Handysignal absetzen, so dass die Polizei zuschlagen konnte. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie die 3600 Jahre alte Scheibe zum ersten Mal in den Händen hielten? Dr. Meller: Das ging mir kräftig unter die Haut. Es war absolut faszinierend, und ich habe sofort, anhand der außergewöhnlichen Patina, vermutet, dass sie echt ist. Was macht die Himmelsscheibe so bedeutend? Sie beschreiben sie ja als "Der geschmiedete Himmel". Dr. Meller: Sie gibt uns einen Einblick in die zeitliche Tiefe der Entwicklung, den wir bisher nicht hatten. Sie ist die älteste konkrete Abbildung des Himmels, und es ist erstaunlich, über welch komplexes Wissen die Menschen in der Bronzezeit verfügten. Zuerst wurde die Scheibe als Memogram, also um sich Wissen zu merken, verwendet. Als Gegenstand der Erinnerungskultur wurde sie später bei Ritualen eingesetzt und mit religiösen Symbolen ergänzt. Seit 11. März 2002 befindet sich die Scheibe in ihrer Obhut. Noch immer ist sie nicht komplett erforscht. Vor kurzem erzielten sie, gemeinsam mit zwei Astronomen, weitere sagenhafte Dechiffrier-Ergebnisse. Dr. Meller: Ja, die werde ich auch in Jünkerath vortragen. Sie sind bislang kaum öffentlich. Danach ist die Himmelscheibe eine komplexe astronomische Uhr, die das Sonnenjahr mit 365 Tagen und das Mondjahr mit 354 Tagen miteinander verknüpft. Den Kalender, den die Auflagen in Goldblech, zeigen, hatten wir rascher entschlüsselt. Sie zeigen zyklisch wiederkehrende Daten: den 9. März mit Sichelmond und Siebengestirn, den 17. Oktober mit Vollmond und Siebengestirn sowie die Sommer- und Wintersonnenwende am 21. Juni und 21. Dezember. Der Name "Himmelsscheibe von Nebra" orientiert sich am Fundort in der Nähe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt. Warum konnte gerade dort die als "Jahrtausendfund" bezeichnete Scheibe aus der Bronzezeit gefunden werden? Dr. Meller: Mitteldeutschland ist die Fundlandschaft mit den meisten archäologischen Fundstellen. In die Region mit den Erzquellen wollten alle hin. Hier wurden auch erstmals auf deutschem Boden Fürstengräber der frühen Bronzezeit gefunden. Das deutet auf eine Eliteschicht hin, die sich herausgebildet hatte. Eine charismatische Gesellschaft mit weit reichenden Kontakten. S Die Fragen stellte unsere Mitarbeiterin Gabi Vogelsberg. Der Vortrag ist am heutigen Samstag, 8. Juli, 18 Uhr, im Atrium der Jünkerather Graf-Salentin-Schule. Eintritt für Erwachsene drei Euro, für Kinder und Jugendliche frei.

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