Ein neuer Ring für Miss Bitburg

Bitburg/ Fließem · Viehhandelsplatz Bitburg: Damit ist nun Schluss. Am morgigen Sonntag lädt die Rinder-Union West zur ersten Schau in die neue Auktionshalle nach Fließem. Ein Abschied, der für die Stadt zur Herausforderung wird.

Ein neuer Ring für Miss Bitburg
Foto: Klaus Kimmling

Schönheiten wie Miss Bitburg sind hier ein und ausgegangen. Haben sich den prüfenden Blicken der Preisrichter gestellt. Waren manchmal etwas nervös. Oder so entspannt, dass sie einen richtig dicken Fladen gemacht haben. Mitten im Ring. Ringsum auf den Rängen: interessiertes Fachpublikum. Für die ist das normal.
Wer in die Bitburger Auktionshalle kommt, weiß, was er hat und was er will. Jahrzehnte wurden hier Ferkel, Sauen, Kälber, Kühe und Bullen versteigert. Verkäufer treffen auf Käufer. So schnell wie hier mit dem Katalog in der Hand geboten wird, kann nur einer sprechen: Auktionator Mathias Mertes von der Rinder-Union West (RUW). Er hat jedes Handzeichen der Bieter im Blick. In einem Wahnsinnstempo wiederholt er so lange "zwölfhundertzwölfhunderzwölfhundert" bis der Preis eben noch mal 100 Euro raufgeht - und schließlich irgendwann der Hammer fällt.
Angeleint, gewaschen, gefönt und frisiert, stehen die Zuchttiere im Stall vor dem Ring. Besonders gut gebaute Jungkühe, wie die, die alle zwei Jahre zur Miss Bitburg gekürt werden, bringen bei Versteigerungen schon mal 2000 bis 4000 Euro. "Echte Powerfrauen" sind das für RUW-Chef Gerd Grebener. 24 Auktionen hat er mit seinem Team Jahr für Jahr in Bitburg auf die Beine gestellt. Damit ist nun Schluss. Am Wochenende geht die erste Schau in Fließem über die Bühne.
Gut 2,5 Millionen Euro hat die Rinder-Union West in die neue Auktionshalle direkt an ihrem Regionalzentrum in Fließem investiert. "Die alte Halle in Bitburg war natürlich eine Institution", sagt Grebener. Früher, in den 80er Jahren, als sie neu war, wurden dort vor allem Schweine versteigert. "Manchmal bis zu 3000 Ferkel an einem Tag", erzählt Ernst Zähres, damals RUW-Chef, der den Bau der Halle begleitet hat: "Vorher hatte die Rinder-Union hier ja keinen Standort. Der nächste war in Koblenz."
Aber Viehauktionen gab es schon lange in Bitburg, dem Städtchen der "Ackerwirthe" (siehe Info). Gleich nach dem Krieg soll Ende der 40er Jahre - der Wiederaufbau der völlig zerstörten Stadt hatte erst begonnen - wieder Vieh versteigert worden sein. Ab 1961 in einer kleinen Halle beim Bahnhof. Heute steht dort ein Industriebetrieb. 1978/79 baute die RUW in Bitburg. Die Brauerei hatte ihre Produktion gerade in die Südstadt verlegt.

"Ansonsten", sagt Zähres, "war das hier alles Ackerland." Theo Hallet war Bürgermeister. Es war die Zeit des ersten Beda-Markts - heute die regionale Leistungsschau von Handel, Handwerk und Landwirtschaft. In seinen Anfängen war die Messe vor allem eins: eine Ausstellung von Landwirtschaftsmaschinen und Autos. Rasch ist die RUW auf den Zug aufgesprungen: "Wir hatten schon erste Auktionen, dann haben wir das Anfang der 80er Jahre auf den Beda-Markt gelegt", erzählt Zähres. Eine Verbindung, die zur Erfolgsgeschichte werden sollte.
Das Fachpublikum war wegen der Landmaschinen in der Stadt. Wer ein neues Auto suchte, wurde ebenfalls fündig. Da passten die Viehauktionen ins Konzept. "Das hat sich dann nach und nach immer weiterentwickelt", sagt Grebener. Futtermittelhersteller, Molkereien, Stallbauer waren zuletzt rund um die Auktionshalle zum Beda-Markt dabei. Es ist die größte landwirtschaftliche Fachausstellung in Rheinland-Pfalz - und die wird es künftig eben nicht mehr in Bitburg, sondern in Fließem geben.
Die fast 40 Jahre alte Halle entspricht nicht mehr den Standards. Von Brandschutz bis zu Hygienevorschriften: Grebener spricht von einen enormen Sanierungsstau: "Ob es ums Reinigen und Desinfizieren oder einfach die Abläufe geht, wir mussten investieren." Und für die RUW sei es sinnvoll, alles an einem Standort zu konzentrieren: "Es ist aufwendig, auf Dauer hier eine Halle für Auktionen, dort eine Besamungsstation und die Büros des Regionalzentrums aufrechtzuerhalten."

Hinzu kommt: In Fließem hat die RUW den Platz, den sie braucht. Im Sinne der Mitglieder müsse die Genossenschaft mit ihren Zweigen Zucht, Besamung und Vermarktung wirtschaftlich handeln: "Der Wettbewerb ist knallhart: Franzosen, Amerikaner und Kanadier wollen auch das Sperma ihrer Zuchttiere verkaufen."
Fazit für Bitburg: Zum Beda-Markt 2018 gibt es keine Landwirtschaftsschau mehr in der Stadt. Ein Thema, das den Bürgermeister nächste Woche bei einer internen Sitzung beschäftigen wird. Grebener könnte sich vorstellen, dass die Stadt zum Beda-Markt am dritten Märzwochenende einen Shuttle-Service einrichtet. Dann könnte das Messe-Publikum von der Innenstadt nach Fließem pendeln, wenn wieder die Miss Bitburg gewählt wird. Obwohl, vielleicht ist es dann auch die erste Miss Fließem.
Der Grünlandtag mit Bezirkstierschau und Tierbeurteilungswettbewerben in und um die neue Auktionshalle in Fließem beginnt am Sonntag, 15. Oktober, um 10 Uhr. Es gibt Rinder, Rassekaninchen, Schafe und Pferde zu sehen. Hintergrund: "STADT DER ACKERWIRTHE"Um 1850 lebten die meisten Bitburger von Ackerbau und Viehzucht. Misthaufen gehörten zum Stadtbild. Etwa 2300 Einwohner zählte das Städtchen.

1950 gab es noch knapp 700 landwirtschaftliche Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe. Bis zum Zweiten Weltkrieg sah die Marktordnung vor, dass Ochsen am Brandweiher zwischen Ludes- und Schakengasse, Kühe und Jungvieh unter den Kastanien (heute Konrad-Adenauer-Platz), Stiere, Schafe und Pferde auf dem Hospitalplatz (Spittel) und Schweine am Stadtgraben unterhalb des Stadthauses zum Verkauf aufzustellen waren. (Quelle: Buch "Bitburg", Herausgeber: Kulturgemeinschaft) Kommentar: Es muss weitergehen! Beda-Markt ohne Landwirtschaft? Unvorstellbar! Neben Autohandel und Handwerk ist die Landwirtschaft eine der drei traditionellen Säulen der Messe, die vor ein paar Jahren zudem um den Bereich Gesundheit in der Stadthalle erweitert wurde. Für die gemeinsame Sache, von deren Gelingen alle profitieren, sollten sich auch alle verantwortlich fühlen. Allem voran die Stadtspitze.

Der Beda-Markt ist kein Selbstläufer. Die Autohändler sind dieses Jahr aus der Not heraus mit einem neuen, abgespeckten Konzept an den Start gegangen. Etliche Gäste haben die gewohnt große Schau vermisst, andere fanden einige der neuen Ansätze - etwa die Foodtrucks - gut.

Die Stadt sollte alles dafür tun, dass es weitergeht. Mit der Autoausstellung und auch mit der Landwirtschaft. Ein Pendel-Service und Wanderstrecken nach Fließem, ein Bauernmarkt auf dem Spittel oder ein historischer Landwirtschaftspfad in der Innenstadt: Jetzt sind Ideen gefragt. Der Beda-Markt braucht neue Impulse.
Sie sind anderer Meinung dann schreiben Sie mir doch unter: d.schommer@volksfreund.de

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