Ein Ort macht Frühjahrsputz

Bitburg-Stahl · Bei Dorfaufräumaktionen wie "Aktion Saubere Landschaft" gewinnt die Gemeinde nicht nur optisch. Ein Besuch bei den Helfern im Bitburger Stadtteil Stahl.

 Mit Erfolg: Gruppenfoto zum Abschluss am Grillhäuschen. TV-Fotos (4): David Falkner

Mit Erfolg: Gruppenfoto zum Abschluss am Grillhäuschen. TV-Fotos (4): David Falkner

Foto: (e_bit )

Bitburg-Stahl Auf dem braunen, triefend nassen Teppich wimmelt es: Kleine braune Krebse und anderes Wassergetier sich dort gemütlich gemacht. Michael Metzinger, der Gewässerwart des Sportfischervereins Bitburg, nimmt einige der kleinen Krabbeltiere auf die Hand und zeigt sie den Kindern, die ihm neugierig lauschen. "Wenn so viel Müll in der Nims liegt, gibt es bald keine Kleinstlebewesen mehr im Wasser", ruft Metzinger über das Rauschen des Flusses hinweg. "Und wenn es keine Krebschen mehr gibt, dann gibt es bald auch keine Fische mehr." Der Mann mit der Baseballkappe und dem Schnauzbart blickt auf. "Was die Menschen heute alles einfach so in die Natur werfen, das ist doch verrückt."
Es ist einer der ersten richtig schönen Frühlingstage des Jahres. Doch die Menschen in Stahl liegen nicht auf der faulen Haut und genießen den Sonnenschein, sondern nutzen das gute Wetter für einen Frühlingsputz. Einen Dorf-Frühlingsputz.
Unter der Leitung von Ortsvorsteher Willi Heyen und dem Dorf- und Förderverein Stahl ziehen die freiwilligen Helfer über die Gemarkung, sammeln Müll und Abfall ein und schrubben und polieren, bis es glänzt. Etwa 30 Menschen helfen an diesem Tag mit - Männer, Frauen und Kinder. Die gefüllten Säcke werden am Dorfgemeinschaftshaus gesammelt. Die Aktion Saubere Landschaft ist nicht nur eine Gelegenheit, die Straßen, Wege und Wiesen aufzuräumen, sondern hat auch Anteil am Gemeinschaftsgefühl im Ort.
Stahl, das 1969 als Bitburger Stadtteil eingemeindet wurde, wächst stetig: In den letzten zwanzig Jahren hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt, fast 1100 Menschen leben derzeit dort. Ortsvorsteher Willi Heyen war von 1984 bis 2002 Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bitburger Land. Bereits zuvor war er neun Jahre lang Ortsvorsteher in Stahl - eine Position, die er seit 2014 wieder innehat. "Die Aktion Saubere Landschaft wurde zu Anfang meiner Zeit als Bürgermeister der Verbandsgemeinde fest eingeführt", erzählt Heyen. "Unregelmäßig gab es solche Aktionen schon vorher, aber seither ist der Tag eine feste Institution." Und Stahl ist auch nicht alleine damit: Überall im Kreis gibt es Dorf-Putz-Aktionstage, beispielsweise auch in Bitburg-Erdorf, in Ehlenz oder in Bickendorf. Im Trierer Raum ist der Aktionstag vor allem als "Dreck-Weg-Tag" bekannt.
Am morgendlichen Treffpunkt vor dem Stahler Dorfgemeinschaftshaus, das mit seinem Umbau in der Vergangenheit mehrmals in die Negativ-Schlagzeilen geriet (der TV berichtete), herrscht gute Stimmung: Ortsvorsteher Willi Heyen bringt Müllsäcke mit, sein zweiter Stellvertreter und Vorsitzender des 2015 gegründeten Dorf- und Fördervereins, Michael Schmitz, verteilt Gummihandschuhe - falls der Abfall mal zu klebrig und schmutzig ist und die eigenen Handschuhe zuhause liegen. Dann werden die Helfer noch mit Müllgreifern bewaffnet, und schon geht es, mit Ortskarten und streng zugeteilten Zuständigkeitsbereichen im Gepäck, grüppchenweise los. Der Dorf- und Förderverein, der die Aktion organisiert, hat auch das Stahler Logo entworfen: Eine römische Säule, davor ein Mühlrad. Die Menschen sind stolz auf ihr Dorf und identifizieren sich damit. Fünf Stahler Vereine sind an der Aktion beteiligt, darunter auch die Stahler Feuerwehr. Die ist mit dem Löschwagen angerückt - nicht weil es brennt, sondern, um dem Dreck zu Leibe zu rücken. Mit dem Hochdruckstrahl aus dem Feuerwehrschlauch werden die Geländer der Brücke über die Nims abgespritzt. Die Gischt steigt über der Straße auf und glitzert im Sonnenschein. In Zukunft sollen die Geländer mit Blumenkästen behängt werden, erzählt Ortsvorsteher Heyen. Das sei eine Idee des Dorfvereins. "Wenn die Leute motiviert sind, kommen auch die Ideen."
Auch unter der Brücke wird gerackert: Dort ziehen einige Helfer gerade den bereits beschriebenen Teppich aus dem Fluss. Ein Anwohner steht am Ufer und ärgert sich über den Unrat. "Das ist eine Frechheit, dass die Leute einfach einen Teppich ins Wasser schmeißen", sagt er wütend. "Wer macht denn so einen Blödsinn? Was soll denn das?"
Die Helfer zucken mit den Schultern. "Streng genommen ist die Untere Gewässerbehörde für die Nims zuständig", erzählt Heyen. "Und wenn wir der Behörde melden, dass da ein Teppich im Wasser liegt, dann kümmern die sich vielleicht darum. Aber das kann dann dauern. Da geht es schneller und einfacher, wenn wir einfach selbst anpacken."
Gemeinsam mit dem Ortsvorsteher geht es auf eine Rundfahrt durch den Ort. Die sauberen Straßen fallen tatsächlich auf. Sogar die Straßenschilder glänzen - und auch das ist kein Zufall: "Die Straßenschilder haben wir letztes Jahr gesäubert", erzählt Heyen. "Die waren so schmutzig, dass man sie teilweise gar nicht mehr richtig erkennen konnte. Jetzt sind sie sauber, das hält jetzt erst mal wieder zwei oder drei Jahre."
Die 25-jährige Jessica Widowsky ist Ur-Stahlerin. Sie nimmt zum ersten Mal aktiv an der Aufräumaktion in Stahl teil. "Vielleicht bin ich mal als Kind mitgegangen, das kann sein", sagt sie. "Aber daran kann ich mich dann nicht mehr bewusst erinnern." Sie sitzt auf einer Holzbank an der Stahler Grillhütte, wo die Helfer sich nach getaner Arbeit mit Würstchen stärken.
Auf der Wiese spielen die Kinder. Der Duft vom Grill liegt in der Luft. Widowky blinzelt gegen das helle Licht der Sonne. "Eigentlich ist so ein Aufräumtag ja nicht viel Arbeit", sagt sie. "Wenn man sich nur mal aufrafft und zusammen anpackt."IHRE AKTION, IHR BILD


Extra

Ein Ort macht Frühjahrsputz
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 Mit Hochdruck: Michael Schmitz reinigt das Geländer der Brücke über die Nims (linkes Foto). Mit Säcken und Müllgreifern: Die Stahler räumen in ihrem Ort auf (rechtes Foto).

Mit Hochdruck: Michael Schmitz reinigt das Geländer der Brücke über die Nims (linkes Foto). Mit Säcken und Müllgreifern: Die Stahler räumen in ihrem Ort auf (rechtes Foto).

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 Mit Tafel: Das Logo wurde vom Dorf- und Förderverein entwickelt.

Mit Tafel: Das Logo wurde vom Dorf- und Förderverein entwickelt.

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Nicht nur in Bitburg-Stahl - oder am heutigen Samstag in Erdorf (Treffpunkt: 13.30 Uhr, Bürgerhaus) und Masholder (Treffpunkt: 10 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus) wird aufgeräumt. Auch in etlichen Dörfern gibt es die Aktion. Mailen Sie uns Ihr Bild von Ihrem Aufräumtag an: eifel@volksfreund.de

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