Ein Prachtkerl erblickt das Licht der Welt

Währungsreform! Am 20. Juni 1948 wurde die Deutsche Mark (DM) eingeführt. Das war ein Sonntag. Damit endete die Zeit des Zerfalls des Geldwesens, des Schwarzmarktes, der nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in voller Blüte stand.

Daun. Einen Tag vor Sommeranfang waren sie Geschichte, die Ersatzwährungen Zigaretten und schwarz gebrannter Schnaps. Auch die zahlreichen Hamsterfahrten hungernder Städter auf der Suche nach Essbarem aufs Land waren nicht mehr nötig. Bepackt mit Rucksäcken und Koffern erbettelten sie sich Lebensnotwendiges. Handeln war angesagt, dies in jeder Beziehung. Der volkstümliche Ausdruck in der Eifel lautete: "Maggeln". Damit gemeint waren gut florierende Tauschgeschäfte. Und glücklich derjenige, der etwas zum Tauschen hatte. "Wir haben gemaggelt und geschmuggelt, was das Zeug hielt", berichten noch heute alte Dauner und erzählen schmunzelnd, wie sie die englischen und französischen Besatzer hinters Licht führten und die Gesetze umgingen.Stundenlang stand mein Vater an jenem denkwürdigen Reformtag an. Viele Hundert Meter lang war die Menschenschlange vor der Sparkasse in der Dauner Leopoldstraße. Jeder Deutsche erhielt 40 DM zum Start. Das war nicht viel, aber der Beginn einer stabilen Währung war gemacht. Dennoch traf es den kleinen Sparer bitter. Über Nacht wurde er so seines Geldvermögens "beraubt". Manch einer hatte Tränen in den Augen, denn bei dieser Währungsumstellung wurden seine Sparguthaben auf zehn Prozent der ursprünglichen Summe abgewertet. Und die Hälfte davon wurde auf ein Festkonto eingezahlt, von dem später noch einmal 70 Prozent gestrichen wurden. Manches Bauvorhaben musste nun in fernere Jahre verschoben werden, da Geldmittel fehlten.Vater zeigte mir das neue Geld und meinte noch: "Nun sind wir alle gleich." Und dennoch war auch mir als Schulkind nicht entgangen, dass andere anscheinend gleicher waren, leisteten sie sich doch bereits Kleidung und Spielsachen, Nahrung und Süßigkeiten, die wir nur vom Hörensagen kannten.Und dennoch war die Währungsreform wie ein kleines "Wunder". Plötzlich gab es wieder alles zu kaufen. Bereits ab Montag, dem nächsten Tag, füllten sich die Schaufenster der Geschäfte wieder mit Waren. In den Regalen zeigten sich endlich wieder Konsumgüter, auf die viele lange Zeit verzichten mussten. Es ging langsam bergauf. Damit verschwanden auch die unbeliebten Lebensmittelkarten wie auch die Existenz der Ernährungsämter. Erschienen einem die Preise angesichts der "40-DM-Kopfgeld" auch hoch, schöpfte man dennoch Vertrauen in das neue Geld, löste es doch die "faule Reichsmark" ab. Man tröstete sich mit Humor und sang nicht nur zur Karnevalszeit: "Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Pinkepinke, wer hat soviel Geld?" Über 50 Jahre wurde die D-Mark alt. Dann verschwand sie am 1. Januar 2002 wieder, machte dem bis heute von vielen nicht so recht geliebten Euro Platz - in der Hoffnung, dass auch dieser stabil bleibt und vor allem Europa zu einem Friedenskontinent zusammenwachsen lässt.Weitere Zeitzeugenberichte zu diesem Thema lesen Sie morgen im TV.

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