Ein Raum voller Täter und Verteidiger

In einer für Bitburg bisher einmaligen Verhandlung mussten sich gleich neun junge Männer für mehrere Straftaten verantworten. Dabei handelte es sich in zwei Fällen um schwere Körperverletzung mit Raub. Über acht Stunden dauerte die Sitzung, die mit Verwarnungen und Sozialstunden sowie Bewährungsstrafen endete.

Bitburg. "Da hat sich ja ganz schön was angesammelt", sagt der vorsitzende Richter Udo May und meint damit zum einen die Menge der Strafverfahren, um die es in dieser Sitzung geht, aber auch die Zahl der Angeklagten, die in diese Strafverfahren unterschiedlich verwickelt sind. Neun junge Männer im Alter von 15 bis 19 Jahren sitzen vor ihm. Des Weiteren elf Verteidiger, ein Nebenkläger, eine Staatsanwältin sowie zwei Vertreter der zuständigen Jugendämter. Verhandelt werden sechs Verfahren, von denen allerdings in vier Fällen die Beweisaufnahme vergleichsweise schnell abgeschlossen ist. Dabei handelt es sich unter anderem um Diebstahl- und Einbruchdelikte, an denen jeweils nur einer oder wenige beteiligt waren.

Schwerpunkt der Verhandlung sind jedoch zwei Fälle, in denen es um schwere Körperverletzung und Raub geht. Hier müssen sich die neun jungen Männer aus dem Raum Bitburg-Speicher für ein Ereignis verantworten, das sich im Herbst 2007 vor der Bitburger Eisbahn abgespielt hat. Dabei wurden drei Eisbahnbesucher auf ihrem Heimweg erst angepöbelt, dann getreten und verprügelt und schließlich noch um 55 Euro beraubt. Ebenfalls beraubt, zuvor allerdings auch erst zusammengeschlagen und mit Pfefferspray außer Gefecht gesetzt, wurde ein junger Mann am Rande eines Open Airs in Bickendorf. Völlig widersprüchlich und zum Teil so konstruiert, dass selbst der vorsitzende Richter richtig laut werden muss, sind die Aussagen der daran fünf Beteiligten. Erst das Geständnis eines der Angeklagten zum Ende der Beweisaufnahme sorgt für Klarheit.

Aufgrund der günstigen Sozialprognosen, die aus Sicht des Jugendamts trotz der zum Teil mehrfachen Vorstrafen gegeben sind, und angesichts der Tatsache, dass die Täter größtenteils unter erheblichem Drogen- und Alkoholeinfluss standen, schließt sich Richter May nach einer "informellen Verständigung" (siehe Extra) den Forderungen der Staatsanwaltschaft an und verhängt nach Jugendstrafrecht und mehr als acht Stunden Verhandlungsdauer drei Verwarnungen mit Sozialstunden sowie sechs Bewährungsstrafen zwischen acht Monaten und zwei Jahren. "Diesen Bonus gibt es hier mit Sicherheit kein zweites Mal", stellt der Richter abschließend klar. Extra Informelle Verständigung: Da jeder der Angeklagten seinen eigenen Anwalt hatte und angesichts der Vielzahl an Vorwürfen und widersprüchlichen Schuldzuweisungen die Plädoyers der Verteidiger und der Staatsanwaltschaft den Rahmen der Verhandlung womöglich gesprengt hätten, einigte man sich auf eine Unterbrechung des Verfahrens. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde im Rahmen einer knapp einstündigen sogenannten "informellen Verständigung" versucht, für die unterschiedlichen Interessen der Anklage und Verteidigung einen gemeinsamen Nenner zu finden - was offensichtlich auch gelungen ist. So zeigten sich im Anschluss alle Anwälte weitestgehend einverstanden mit den Forderungen der Staatsanwaltschaft, verzichteten größtenteils auf ausschweifende Plädoyers und akzeptierten allesamt die Strafen und Verwarnungen. (uhe)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort