Ein Realist als Optimist

Wolfgang Ferner ist Landesvorsitzender der rheinland-pfälzischen Linken und einziger Vertreter seiner Partei im Kreistag Bitburg-Prüm. Jetzt will er in den Landtag - der TV nahm an einem seiner Wahlkampftermine teil.

Bitburg/Rommersheim. Oskar kommt nicht: Der Wahlkampftermin der Linken im Bitburger "Eifelbräu" beginnt mit einer Enttäuschung für die mehr als 50 Besucher. Wolfgang Ferner aus Rommersheim, Landesvorsitzender und Eifeler Landtagskandidat auf Listenplatz 4, teilt den Zuhörern mit, dass der Saarländer "seine Stimme verloren" habe.

Die Wähler hingegen geben ihre Stimme am Sonntag freiwillig ab - aber es wird wohl knapp werden für die Partei Lafontaines und Ferners. Der 58-Jährige, der erst vor drei Jahren parteipolitisch aktiv wurde, weiß um die Vorbehalte gegen die Linke: Von "eisiger Ablehnung" hat er einmal gesprochen. Aber so langsam beginne sich das zu ändern. Und gerade in der Eifel, sagt er im Gespräch mit dem TV, hätten ihn viele Bürger angesprochen unter dem Motto: "Prima Kerl - aber in der falschen Partei."

Das Helmut-Schmidt-Syndrom also. Der Kandidat kämpft dagegen an, auch an diesem Abend in Bitburg: Da geht der Jurist vor allem mit den großen Parteien ins Gericht, präsentiert die Linke als die einzige wirklich soziale Partei im Land und sagt, was seiner Meinung nach Sache ist. Lafontaine ist da schnell vergessen.

Eine von Ferners Sorgen: Dass der Flughafen Bitburg zu einer ähnlichen Geldvernichtung führen könne wie der Nürburgring. "Der Investor hat gar kein Geld. Er ist ein Planer. Solche Planer haben wir auch am Nürburgring gehabt." Abgesehen davon: "Hier gibt es nichts, was für Fracht und Passagiere attraktiv ist. Außer vielen Flughäfen in der Nähe."

Ähnlich kritisch sieht er die Förderung des "Hauses der Inspiration" von Land, Kreis und Verbandsgemeinde im Schloss Weilerbach bei Bollendorf: "Da sitzen ein paar Esoteriker, die versuchen, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen."

Viele weitere Themen spricht Ferner an, darunter selbstverständlich auch die verheerende Lage in Japan und die deutsche Atompolitik: Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) habe "keinesfalls einen kompletten Ausstieg angekündigt". Und dessen Herausforderin Julia Klöckner (CDU) lasse das Thema "vollkommen offen". Die Haltung zum Libyen-Konflikt: keine deutsche Beteiligung beim Militäreinsatz.

Ferner spricht ohne Manuskript, bleibt nahezu immer sachlich, hebt kaum seine Stimme und versucht argumentativ zu überzeugen. Das gilt auch für die anschließende Diskussion - bis fast zum Schluss. Als ein Besucher, der offenbar nicht Ferners Partei angehört, sich nach längeren Auslassungen über die Mängel der Demokratie im Land zu einem weiteren Rundumschlag gegen "die Medien" und den TV aufschwingt, geht Ferner dazwischen und beendet die Fragestunde. Das trägt ihm anschließend weitere heftige Schelte des Besuchers ein. Ferner bleibt auch da höflich.

Wird es also reichen für den Sitz im Landtag? Immerhin: "Was mir schon ein bisschen Mut macht: Wir liegen inzwischen in den meisten Umfragen bei stabilen fünf Prozent", sagt er (andere Umfrage-Institute sehen die Partei bei vier Prozent).

Knapp wird es auf jeden Fall. Zumal seine Partei ja zum ersten Mal antrete, das mache es ohnehin schwieriger: "Wenn Sie mich wählen, dann müssen Sie mir Vertrauen geben", sagt er. "Wenn Sie Frau Fink oder Herrn Billen wählen, dann wissen Sie, was Sie bekommen. Aber ich muss ja Optimismus verbreiten. Also: Klar kommen wir rein!"

EXTRA

SCHWERPUNKTE



Wer zur Wahl gehe, sagt Wolfgang Ferner, solle vor allem drei Dinge wissen: Die Linke sei eine pazifistische Partei. Daher hätte sie erstens niemals einer Beteiligung der Bundeswehr beim Einsatz in Afghanistan zugestimmt, gleiches gelte für Libyen. Hartz IV will man abschaffen und drittens, sagt Ferner, "Atomkraft ausschalten". Er setzt sich für Mindestlohn ein und für Chancengleichheit im Beruf: Frauen dürften bei den Stundenlöhnen nicht länger benachteiligt werden. Was ihn ebenfalls stört: "Von den berufstätigen Frauen im Eifelkreis ist ungefähr ein Drittel in Minijobs." Ferner kritisiert außerdem, dass bei den freiwilligen Leistungen im Eifelkreis die sogenannten Streetworker in der Jugendarbeit auf der Liste möglicher Streichposten stehen. "Man weiß aber genau: Die verhindern, dass Jugendliche in die Kriminalität abrutschen." Auch ein Verkauf der RWE-Aktien kommt für ihn nicht in Frage - denn aus der Dividende wird die Kreismusikschule finanziert. fpl

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