Stadtentwicklung Ein Schuhkarton und ein gläsernes „L“

Neuerburg · Ein Architekt hat Großes mit dem verfallenen Beilsturm und dem Neuerburger Stadtpark vor. Er will an der Enz Mittelalter und Moderne verbinden. Doch seine Vorschläge stoßen im Stadtrat auf wenig Gegenliebe.

 Der zurzeit gesperrte Beilsturm und der Weg dorthin haben einiges hinter sich. Bevor die Sanierung beginnen kann, müsste der Stadtrat aber wissen, wie das Bauwerk mal aussehen soll. 

Der zurzeit gesperrte Beilsturm und der Weg dorthin haben einiges hinter sich. Bevor die Sanierung beginnen kann, müsste der Stadtrat aber wissen, wie das Bauwerk mal aussehen soll. 

Foto: TV/Christian Altmayer

Ulrich Beck ist ein Mann mit Visionen. Und diese wirft der Architekt dem Neuerburger Stadtrat schonungslos an die Wand. Auf einer Grafik, die der Beamer in die Stadthalle projiziert, ist der Beilsturm zu sehen oder genauer: das Bauwerk, wie der Brühler es sich in Zukunft vorstellt: Nämlich wie ein auf den Kopf gestelltes L.

Oben auf dem Gemäuer sitzt eine Aussichtsplattform. Dieses Plateau aus Metall und Glas ragt weit über den Turm hinaus. Ein Drahtgeflecht soll die alten Mauern umfassen „wie eine Rüstung“, schwärmt der Architekt des Büros UBE. Und so, „Moderne und Mittelalter verbinden.“ In seiner Fantasie können Gäste in diesem futuristischen Gebäude Hochzeit feiern.

Bis dahin wäre es eine weite Reise: Derzeit kann der Turm nicht betreten werden, weil er baufällig ist und die beiden Wege, die hinaufführen nicht mehr verkehrssicher sind. Der Stadtrat hatte deshalb beschlossen das Wahrzeichen auf Vordermann zu bringen und Beck beauftragt, einen Entwurf anzufertigen.

Der denkt sich das Gebäude aber nicht mehr „als bloßen Aussichtsturm“. Vielmehr solle die Landmarke ein Statement setzen, etwas bieten, was es außerhalb von Neuerburg nicht gibt: „Selbst wer den Turm nicht mag, wird sagen: ‚Was für eine Scheiße.’ Kaltlassen wird er niemanden“, prophezeit Beck, für den das eine gute Sache ist. Denn Architektur müsse polarisieren. Und das ist ihm mit seinem Entwurf im Stadtrat Neuerburg auf jeden Fall gelungen. „Ich habe in all den Jahren im Rat einiges gesehen. Aber, dass man ein Bauwerk so verschandeln kann, war mir nicht bewusst“, sagt Josef Germann (CDU). Parteifreund Ulrich Hess gibt ihm Recht: „ Für mich ist dieses Plateau einfach too much.“ Auch die Sozialdemokraten können sich für den Entwurf nicht erwärmen. „Mit dieser modernen Konstruktion kann ich mich nicht anfreunden“, sagt Walter Simon. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Günther Scheiding glaubt außerdem, dass der Entwurf beim Kreisdenkmalpfleger nicht gut ankommen wird. Mit dem sei das Projekt noch gar nicht abgestimmt, gibt Beck zu: „Aber er werde es konstruktiv und ein bisschen aggressiv vertreten, wenn der Stadtrat das wünscht.“ Wünscht er aber nicht. Und auch beim Publikum kommt das gläserne L nicht gut an. „Furchtbar“, „Schrecklich“, „Um Gottes Willen“, raunen die Zuschauer.

Das Problem: Einen anderen Entwurf hat der Architekt nicht in petto, ebenso wenig wie eine Kostenschätzung, was von beiden Fraktionen kritisiert wird. Also entschließt sich das Gremium, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. Eine Entscheidung könne man auf der Basis nur einen Modells ja nicht treffen.

 Der Beilsturm und der Weg dorthin haben schon einiges hinter sich. Bald soll er saniert werden.

Der Beilsturm und der Weg dorthin haben schon einiges hinter sich. Bald soll er saniert werden.

Foto: TV/Christian Altmayer
 Bühen Stadtpark Neuerburg

Bühen Stadtpark Neuerburg

Foto: TV/Christian Altmayer
 Derzeit ist der Beilsturm in Neuerburg gesperrt.

Derzeit ist der Beilsturm in Neuerburg gesperrt.

Foto: TV/Christian Altmayer

Auch für eine geplante Bühne im Stadtpark hat UBE nur einen Entwurf dabei: Ein „kastenartiges Bauwerk aus Holz“, wie Beck es nennt, „das sich „perfekt in das Felsmassiv einfügt“. Für Walter Simon sieht die Konstruktion hingegen eher aus wie „ein Schuhkarton mit Beleuchtung“. Es gibt zwar auch Fürsprecher im Rat. Dennoch wollen sich die Kommunalpolitiker nicht für das Gebilde entscheiden, solange sie keine Alternativen gesehen haben. Die soll Beck nun erarbeiten und bald präsentieren. „Wir müssen diesmal aber genaue Vorgaben machen“, meint Bürgermeister Lothar Fallis: „Sonst kommt wieder etwas raus, was wir nicht wollen.“ Dazu sollen sich die Fraktionen bald zusammensetzen. Im November müssen sie sich dann entscheiden, was gemacht wird, ansonsten könnte zugesagtes Fördergeld für die Projekte verfallen. Grünes Licht hat Beck letztlich nur für einen Entwurf bekommen: die Sanierung der Wege zum Beilsturm.

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