"Eindeutig zweideutig"

Bitburg · Weil er seine Ehefrau gepackt und an der Hose gezerrt hatte, musste sich ein 44-jähriger Eifeler am Mittwoch wegen versuchter sexueller Nötigung vor dem Amtsgericht Bitburg verantworten. Die Richter verurteilten ihn jedoch nur wegen Nötigung zu einer Geldstrafe: Es sei nicht sicher, dass der Übergriff sexuell motiviert war.

Bitburg. Es ist nur ein Wort. Aber dieses Wort hat es in sich: Verhandelt das Bitburger Amtsgericht am Mittwoch einen Fall der versuchten sexuellen Nötigung oder "nur" einen Fall der Nötigung? Keineswegs nur eine juristische Spitzfindigkeit: Für sexuelle Nötigung sieht das Strafgesetzbuch eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vor, bei der Nötigung liegt der untere Strafrahmen bei einer Geldstrafe.
Als "eindeutig zweideutig" wertet der Vorsitzende Richter Udo May das, was sich zwischen einem in der Eifel lebenden Ehepaar im Januar 2012 abgespielt hat. Eindeutig unterschiedlich beurteilen Verteidigung und Anklage das Geschehen: Während Staatsanwältin Daniela Gregarek eine versuchte sexuelle Nötigung annimmt, sieht Verteidiger Wolfgang Kau lediglich den Tatbestand der Nötigung erfüllt.
Worum es geht? Die 22 Jahre währende Ehe des Angeklagten mit seiner Frau stand vor dem Aus. Im Dezember 2011 hatte sie verkündet, dass sie ein Verhältnis habe und sich trennen wolle. Ihr Ehemann suchte daraufhin im Januar 2012 im Wohnzimmer das Gespräch. Doch es ging nicht, wie seine Frau dachte, um die Modalitäten der Trennung. "Er wollte wissen, ob ich mit meinem neuen Partner schon Geschlechtsverkehr hatte", sagt die 41-Jährige vor Gericht, "ich habe ihm gesagt, dass ihn das nichts angeht."
An der Hose gezerrt


Daraufhin - das bestätigt auch der 44-jährige Angeklagte - hatte ihr Mann sie an den Oberarmen gepackt. Als sie die Türklinke ergriff und den gemeinsamen Sohn um Hilfe rief, verriegelte ihr Mann die Tür. "Ich hatte Angst, dass sie wieder mal wegläuft", erklärt dieser sein Verhalten.
Was anschließend passierte, schildern die beiden ähnlich, aber eben doch unterschiedlich: Laut der Aussage der 41-Jährigen soll der Angeklagte seine auf dem Sofa sitzende Ehefrau erst an den Oberschenkeln gepackt und an sich gezogen haben, dann soll er ihre Jeans am Bund gefasst und versucht haben, diese runterzuziehen. Nach der Version des 44-Jährigen stand seine Frau ihm gegenüber, er habe sie lediglich am Gürtel festgehalten und ihr nicht die Hose nach unten gezogen.
Direkte Zeugen gibt es nicht: Der Sohn, der nach den Hilferufen seiner Mutter die marode Tür mühelos aufstemmen kann, sieht nur, wie seine Mutter auf dem Sofa sitzt und vom Vater an den Oberarmen festgehalten wird. "Sie hatte Angst und hat geweint", sagt der 20-Jährige. Auf die Frage von Richter May, wie er die Situation eingeschätzt habe, antwortet er: "Ich denke, mein Vater wollte eine Aussprache erzwingen, er war verzweifelt."
Dieser Interpretation des Geschehens schließt sich letztlich auch das Gericht an: Es sei nicht eindeutig festgestellt worden, dass der Angeklagte versucht hat, eine sexuell motivierte Straftat zu begehen, sagt May, fügt aber gleichzeitig hinzu: "Das Verhalten gegenüber der Ehefrau war nicht in Ordnung." Er verurteilt den 44-Jährigen wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 600 Euro.

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