Eine hohe Zahl an Verdachtsfällen

Bitburg-Prüm · 32 Kinder und Jugendliche aus dem Kreisgebiet wurden im vergangenen Jahr aus der Familie heraus in Obhut genommen. Weit mehr als 200 Hinweise auf mögliche Kindeswohlgefährdung sind beim Jugendamt eingegangen.

 Liegt eine akute Gefährdung vor, dann ist die Inobhutnahme der Kinder der einzige Ausweg. TV-Foto: Uwe Hentschel

Liegt eine akute Gefährdung vor, dann ist die Inobhutnahme der Kinder der einzige Ausweg. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Bitburg-Prüm Beim landesweiten Vergleich schneidet der Eifelkreis schlecht ab. Fast nirgendwo sonst in Rheinland-Pfalz ist die Quote so hoch wie im Eifelkreis. Zwar ist die Zahl der Fälle im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen, doch sind es nach wie vor viele. So wurden 2016 beim Jugendamt des Eifelkreises 213 Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung erfasst. 2015 waren es 226. Laut Stefan Urmes, Leiter des Fachbereichs für Soziale Dienste, Sorgerechts- und Umgangsregelungen bei der Kreisverwaltung, wird jeder Meldung nachgegangen. In fast 90 Prozent der Fälle erfolge eine Überprüfung vor Ort, was neben Kind und Familie auch die Schule und das soziale Umfeld umfasse . "Hier gilt grundsätzlich das Vier-Augen-Prinzip", erklärt Urmes. An der Überprüfung seien also immer zwei Mitarbeiter beteiligt, die darüber hinaus die weitere Vorgehensweise mit der fachlichen Leitung absprächen. Zehn bis zwölf Stunden nehme jede Einzelfallüberprüfung im Schnitt in Anspruch, so Urmes.
Kommt das Jugendamt zu dem Schluss, dass eine akute Gefährdung vorliegt - 2016 gab es 32 dieser Situationen -, werden die Kinder in Obhut genommen. In solchen Fällen werden sie entweder in einem Heim oder aber in einer Pflegefamilie untergebracht. Gilt die Gefährdung als nicht akut, führt das in der Regel dazu, dass die Familie weiterhin engmaschig betreut und gegebenenfalls auch Hilfe angeboten wird. Manchmal muss auch das Familiengericht eingeschaltet werden, um zu klären, ob und unter welchen Umständen die Kinder bei den Eltern bleiben können.
Dass die Zahl der Verdachtsfälle pro Einwohner im Eifelkreis in den vergangenen Jahren landesweit den zweithöchsten Wert erzielte (die Vergleichszahlen von 2016 liegen noch nicht vor), dafür hat Urmes durchaus eine Erklärung: "Die hohe Anzahl der Meldungen liegt auch in der ländlichen Struktur mit höherer sozialer Kontrolle und Aufmerksamkeit begründet", sagt er. Die Nachbarschaft in den Dörfern passt demnach also besser auf als in Städten.
Erfreulicherweise lag im vergangenen Jahr bei rund zwei Dritteln der gemeldeten Fälle keine akute Gefährdung vor. Handlungsbedarf gab es in den meisten Fällen aber dennoch. So lag der Anteil der eher "latenten" Gefährdungen, also der Fälle, die einer weiteren Beobachtung und Klärung bedürfen, bei 37 Prozent. Eine akute Gefahrenlage wurde in acht Prozent der Fälle festgestellt ,und bei weiteren 40 Prozent gab es zumindest einen "Hilfe- und Unterstützungsbedarf". Die Zahl der gemeldeten Fälle, die sich letztlich als Falschmeldungen herausstellten, lag somit nur bei 20 Prozent.
Laut Urmes wird das Jugendamt meistens durch Polizei, Schulen, Nachbarschaft, Verwandte sowie Institutionen der Gesundheitshilfe informiert, selten aber durch Beratungsstellen und Jugendhilfeeinrichtungen. Zudem handle es sich bei den Meldungen aus der Nachbarschaft und der Verwandtschaft überproportional oft um Fälle, in denen keine Kindeswohlgefährdung festzustellen sei.
Was den Anteil der gefährdeten Kinder und Jugendlichen betrifft, so waren in 2016 Jungs (53 Prozent) und Mädchen (47 Prozent) fast gleichermaßen betroffen. Der Anteil der Familien mit Migrationshintergrund lag bei rund 40 Prozent. Dazu zählen neben Flüchtlingen und Asylbewerbern auch EU-Bürger und die in der Eifel lebenden US-Amerikaner. Letztere beziehen die Leistungen der Jugendhilfe zwar nicht vom Eifelkreis, sondern aus ihrer Heimat. Doch ist das Bitburger Jugendamt auch für die Betreuung von Verdachtsfällen bei den hier stationierten Amerikanern zuständig.

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