Eine idyllische Kloake

LUXEMBURG. (kah) Viele luxemburgische Kläranlagen sind nicht in der Lage, Abwasser den EU-Normen entsprechend zu reinigen. Fast das ganze Abwasser Luxemburgs gelangt in die Sauer – ein offiziell ausgewiesenes Badegewässer. Das Baden ist dort seit Jahren verboten. Ein Zustand, den die EU-Kommission beklagt.

Das idyllische Sauertal ist ein Touristenmagnet. Auf luxemburgischer Seite ist das Grenzflüsschen mit seinen Campingplätzen, Liegewiesen und Wassersportangeboten offiziell als Badegewässer ausgewiesen. Baden dürfen Urlauber dort jedoch schon lange nicht mehr: Zu viele fäkale Keime belasten das Flusswasser. Die EU-Kommission bedauert dies. In ihrem jüngsten Jahresbericht beklagte sie die weitere Verschlechterung der luxemburgischen Badegewässerqualität: Nur noch 13 der 20 Badegewässer hatten 2004 die von der EU geforderten Grenzwerte eingehalten. Die Kommission stellt deshalb die Effektivität der luxemburgischen Abwasserreinigung in Frage. Der Jahresbericht des luxemburgischen Wasserwirtschaftsamts zeigt: 2003 reinigten in Luxemburg 181 von 287 öffentlichen Kläranlagen rein mechanisch. Diese meist kleineren Anlagen entfernen mit Hilfe von Rechen oder Absatzbecken grobe Bestandteile aus dem Abwasser, zum Beispiel Toilettenpapier. Das Grobe macht aber nur etwa 30 Prozent der Verunreinigungen aus. Gelöste Stoffe wie Urin gelangen in Luxemburg an 181 Stellen ungereinigt in die Bäche und Flüsse. Zum Vergleich: Im ehemaligen Regierungsbezirk Trier arbeiten derzeit von 227 Kläranlagen zehn mechanisch. Ein Großteil davon ist im Umbau. Die übrigen 106 luxemburgischen Anlagen reinigten biologisch. In Echternach wurde zwischenzeitlich eine moderne Kläranlage in Betrieb genommen - ansonsten habe sich an der Situation seit 2003 nicht viel verändert, sagt Paul Hansen, Leiter des luxemburgischen Wasserwirtschaftsamts. Ein Drittel der 33 größten Kläranlagen ist nicht in der Lage, organische Schadstoffe den Forderungen der EU entsprechend zu entfernen. Grund ist meist eine hydraulische Überlastung: Manche Anlagen haben mit der Bevölkerungsentwicklung nicht Schritt gehalten und sind nun überfordert. Andere haben ein Problem mit Fremdwasser, also mit sauberem Grundwasser, das unerwünschterweise in die Kanalisation eindringt. Die Kläranlagen in Hesperingen, Mondorf und Redingen sind selbst bei trockenem Wetter so überlastet, dass ein Teil des Abwassers sofort ungeklärt in die Vorfluter fließt. Diese Zahlen sind allerdings nicht repräsentativ - so gut wie im Jahr 2003 stellt sich die Situation nicht immer dar. Der Bericht weist darauf hin, dass durch die Trockenheit des Rekordsommers 2003 hydraulische Überlastungen seltener waren als gewöhnlich. Fast das gesamte Abwasser Luxemburgs landet direkt oder über Nebenflüsse in der Sauer. Vor allem die Alzette, die ihr aus dem bevölkerungsreichen und industriellen Südwesten des Landes zufließt, ist stark belastet. Beide Flüsschen sind von den Abwasserlasten derzeit überfordert. "Das wissen wir schon seit einigen Jahren und das wird wahrscheinlich auch noch ein paar Jahre so bleiben", sagt Paul Hansen. Noch mindestens drei bis fünf Jahre schätzt er - so lange also, bis die modernen Kläranlagen in Bettemburg, Hesperingen und Mersch fertiggestellt sind. Das Ziel aus der Sauer wieder ein sauberes Badegewässer zu machen, will Luxemburg jedenfalls nicht aufgeben. Frühestens 2008 wird man in Bollendorf, Echternach oder Ralingen die Schwimm-Ärmchen wieder auspacken können.

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