Eine kleine Gemeinde begehrt auf

Dauwelshausen · Es ist der sprichwörtliche Kampf Davids gegen Goliath: Die 100-Einwohner-Gemeinde Dauwelshausen ist fest entschlossen, gegen die Verbandsgemeinde Neuerburg zu klagen. Grund ist die Erhöhung der Verbandsgemeindeumlage zum kommenden Jahr. Der Ort sieht seine kommunale Selbstverwaltung in Gefahr.

Dauwelshausen. Es gibt sicherlich Gemeinden - nicht nur in der Verbandsgemeinde (VG) Neuerburg, sondern im gesamten Eifelkreis Bitburg-Prüm, die einiges dafür geben würden, finanziell so dazustehen wie die knapp 100 Einwohner zählende Gemeinde Dauwelshausen im Neuerburger Land. Gerade einmal 1000 Euro Schulden hat der Ort. "Das ist so gut wie nichts", sagt auch Wolfram Bollig, Ortsbürgermeister in Dauwelshausen. Trotzdem ist seine Gemeinde fest entschlossen, notfalls vor Gericht für mehr finanziellen Spielraum zu kämpfen. "Es geht uns ums Prinzip", gibt sich Bollig kämpferisch.
Anlass für das Aufbegehren ist die Entscheidung des Neuerburger VG-Rats, die VG-Umlage (siehe Extra) im kommenden Jahr zu erhöhen. Um am kommunalen Entschuldungsfonds teilnehmen zu können, beschloss der VG-Rat zuletzt eine Anhebung der Umlage von 45 auf 46,5 Prozent. Bollig, der selbst für die Unabhängige Bürgervereinigung in dem Gremium sitzt, stimmte als einziges Ratsmitglied gegen diese Erhöhung. Sein Gemeinderat zog mit: Einstimmig beschlossen die Mitglieder, Widerspruch gegen die Festsetzung der erhöhten Umlage einzulegen. Diesen allerdings hat die VG-Verwaltung inzwischen abgelehnt - die Sache liegt nun beim Kreisrechtsausschuss. Ortschef Bollig rechnet sich dort jedoch wenig Chancen aus und lässt derzeit prüfen, ob eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Erfolg haben könnte.
Ortschef: Die VG muss sparen


"Die Umlage wird für alles Mögliche erhöht, und wir Gemeinden bluten aus", sagt Bollig und rechnet vor, dass sein Dorf beispielsweise im Jahr 2010 Einnahmen in Höhe von 50 710 Euro hatte, davon allerdings knapp 20 000 Euro über die Kreisumlage an den Kreis und 22 819 Euro über die VG-Umlage an die Neuerburger VG abgeben musste.
Zu wenig, um finanziell noch etwas bewegen zu können, sagt Bollig: "So macht das Ganze einfach keinen Spaß, das ist keine kommunale Selbstverwaltung mehr." Zumal, und das ärgert den Dauwelshausener Ortschef besonders, die VG auf der einen Seite die Umlage für die Gemeinden erhöhe, auf der anderen aber im laufenden Haushaltsjahr für freiwillige Aufgaben mehr als 500 000 Euro ausgebe. "Es kann doch nicht sein, dass man sich immer nur aus der Umlage bedient", sagt Bollig. Er ist der festen Überzeugung, dass die Erhöhung der VG-Umlage nicht rechtens ist. Einerseits beschränke sie die kommunale Selbstverwaltung. Andererseits sei eine Erhöhung nicht nötig, wenn die VG rigoros bei den freiwilligen Ausgaben spare: "Wir sollten endlich anfangen, nur noch das zu machen, was wir auch bezahlen können."
Das allerdings würde nichts nützen, sagt Norbert Schneider, Bürgermeister der VG Neuerburg: "Selbst wenn wir die freiwilligen Ausgaben auf null setzen würden, hätten wir keinen ausgeglichenen Haushalt, weil wir zu viel für unsere Pflichtaufgaben ausgeben müssen." Einer eventuellen Klage sieht der VG-Chef jedoch gelassen entgegen. Er erklärt sich das Aufbegehren aus Dauwelshausen folgendermaßen: "Vielleicht hofft die Gemeinde ja, dass uns die Richter ins Buch schreiben, wo genau wir noch sparen sollen."Meinung

Schwieriger Balanceakt
Der Unmut der Dauwelshausener ist verständlich: Der Ortsgemeinde bleibt durch die hohen Umlagen kaum noch Geld übrig, über das sie selbst bestimmen kann. Gleichzeitig hat die VG selbst keine eigenen Einnahmen und ist auf die Umlage angewiesen. Die einzige Möglichkeit, diese niedrig zu halten, besteht darin, die freiwilligen Ausgaben zu kürzen. Mit der Schließung des Gaytalparks wurde bereits der Rotstift angesetzt. Der Aufschrei in der Bevölkerung blieb aus. Doch wie wäre es, wenn sich die Verwaltung den größten Posten bei den freiwilligen Ausgaben - das Neuerburger Freibad - vorknöpfte? Oder wenn sie sämtliche Zuschüsse für Vereine oder die Jugendarbeit zusammenstrich? Der Protest würde ungleich lauter werden. Es ist ein schwieriger Balanceakt abzuwägen, wie viel freiwillige Ausgaben sich eine VG zulasten ihrer Ortsgemeinden leisten darf. Und er zeigt, dass die kommunale Finanzverfassung dringend auf den Prüfstand muss. n.ebner@volksfreund.deExtra

Die Verbandsgemeinden sind nach der Gemeindeordnung berechtigt, zur Deckung ihres Finanzbedarfs jährlich eine Umlage von ihren Ortsgemeinden zu erheben. Diese zahlen die Gemeinden, damit die VG ihre Aufgaben wie etwa Brandschutz und Schulen erfüllen kann. Der VG-Rat beschließt die Höhe der Umlage. Wie viel die einzelne Gemeinde an Umlage an die VG entrichten muss, ermittelt sich aus ihrer Steuerkraft, die unter anderem aus den Grundsteuer-Einnahmen vor Ort errechnet wird, sowie aus ihrem Anteil an Schlüsselzuweisungen. neb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort