Eine(r) geht noch

Prüm · Aloysius Söhngen hat auch nach 26 Jahren noch Spaß an der Arbeit: Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm erzählt, warum er im September wieder zur Wahl antritt - für eine vierte und letzte Amtszeit.

 Gegner? Niemand in Sicht. Aloysius Söhngen tritt wieder zur Wahl an – zu seiner letzten. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Gegner? Niemand in Sicht. Aloysius Söhngen tritt wieder zur Wahl an – zu seiner letzten. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Prüm "Unfug", sagt Aloysius Söhngen. Alleinherrscher, er? Chefmäßig durchregieren? Nein, sagt der Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Prüm. Obwohl er den Vorwurf natürlich kennt, der gelegentlich zu hören ist. Aber: "Wenn man Politik macht und gestalten will", sagt Söhngen, "ist das vor allen Dingen Kommunikation. Man braucht den Austausch."
Denn der Mensch sei, leider, unvollkommen. "Und deshalb zählt im Gespräch erst einmal die Meinung des Anderen. Weil er Dinge mitbringt, die ich vielleicht nicht weiß." Was immer dabei herauskomme: Es sei stets besser, als wenn es einer allein entscheide.
Das gelte für den Umgang mit den Mitarbeitern in der Verwaltung genauso wie für die Räte in der Stadt und den Ortsgemeinden - die vor allem, sagt er, "muss man überzeugen".
In den Gemeinden wie in seinem Haus "haben wir, glaube ich, ein gutes Klima, in dem man einander zuhört und immer nach gemeinsamen Lösungen sucht. Man versucht, umfassend und auf den Punkt zu informieren. Sodass sich jeder ein Urteil bilden kann. Das ist der Kern von kommunaler Selbstverwaltung."
Eine von vielen Erkenntnissen aus bisher 26 Jahren als Kommunalchef in der Eifel. Der Westerwälder CDU-Mann Söhngen (siehe Info) kam 1991 als Nachfolger von Vincenz Hansen nach Prüm, damals noch vom Rat gewählt, für zehn Jahre. 2001 übernahmen das die Bürger, in der ersten Urwahl, 2009 bestätigten sie Söhngen im Amt. Und dürfen das, findet er, ruhig noch einmal tun: am Sonntag, 24. September. Er fühle sich "gesund und munter", sagt der 61-Jährige. Und könnte, sofern das so bleibt, noch acht Jahre machen. Danach darf er nicht mehr.
Was macht ihm Freude daran? "Erstens", sagt Söhngen, "bin ich wirklich sehr zufrieden mit der Verwaltung, der ich vorstehe. Das ist ein richtig gutes Mitarbeiterteam. Quer durch die Bank." Und zweitens funktioniere das Gemeinwesen in Stadt und Dörfern: "Das läuft nicht nach dem Motto: Macht ihr mal, wir begeben uns auf die Zuschauerränge. Nein, die spielen alle mit und packen an. Und ein anderer Punkt ist die Verlässlichkeit der Leute." Wenn, zum Beispiel, in die Feuerwehren investiert werde: "Dann sagen wir immer: Ihr müsst mindestens so viel an Eigenleistung bringen, wie wir an Geld reinstecken. Und das bringen die immer ganz locker."
Anderes Beispiel: Dorferneuerung und Städtebau. "Da machen die Stadtbürgermeisterin und die Ortsbürgermeister richtig gute Arbeit." Die VG bereite Anträge vor, Ausschreibungen und sehe zu, "dass Mittel reinkommen. Da musst du mit den Behörden und dem Land verhandeln." Und da sei es gut, "wenn man ein entsprechendes Netzwerk hat". Das gewiss nicht ausdünnte, seit er 2010 Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz wurde (aktuell ist er stellvertretender Vorsitzender). Er lächelt: "Das ist bei den Dingen nie schädlich."
Allerdings sagt er auch: "Du kannst nie etwas gegen objektive Tatbestände erreichen." Ein solcher ist die verfahrene Lage bei der Bahnstrecke Prüm-Gerolstein. Die VG und die Nachbarstadt haben sie gekauft. Der Plan: einen Radweg zu bauen. Dagegen steht die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE), die einen Schienenverkehr einrichten will. Soeben hat das Land ihr die Betriebserlaubnis entzogen, die RSE legte Widerspruch ein. Bis der Fall am Gericht gelöst ist, kann es dauern. Und wie er gelöst wird, bleibt offen. Was Söhngen ärgert, denn der Umbau würde das Eifeler Radweg-Netz perfekt machen. Vorher aber die Schienen rauszureißen, gehe eben nicht: "Man muss die Situation hinnehmen."
Noch so ein Thema: Windkraft auf der Schneifel. Eine Initiative kämpft dagegen - für Söhngen ein Grund mehr, "rechtlich sauber die Gesetzesvorgaben anzuwenden. Um Wildwuchs zu verhindern und gleichzeitig einen vernünftigen Beitrag zur Energiewende zu leisten", sagt er.
Darüber hinaus müsse man bei solch kniffligen Themen "Lebenserfahrung und gesunden Menschenverstand anwenden. Und dann ergeben sich sachgerechte Lösungen. Selbst wenn man kontrovers entscheidet".
Apropos kontrovers: Noch ein Satz zur Kommunalreform, bitte. Immerhin hatten die VG Prüm und die VG Obere Kyll ja bereits einen Modus erarbeitet, nach dem sich elf Dörfer von den Nachbarn aus dem Vulkaneifelkreis den Prümern angeschlossen hätten. Inzwischen heißt es, "Kommando zurück": Die Obere Kyll muss es - wieder - mit Hillesheim und Gerolstein versuchen.
"Wir haben fair verhandelt und eine Lösung präsentiert", sagt Söhngen. Eine Lösung, die zudem den bisherigen Orten in seiner VG keine Kosten aufgezwungen hätte. "Aber der Gesetzgeber hat letztendlich kalte Füße bekommen bei einer kreisübergreifenden Fusion." Und dann wird er grundsätzlich: "Das zeigt: Eine isolierte VG-Gebietsreform geht eigentlich nicht." Gebraucht hätte es eine Reform, "die alle Verwaltungsebenen umfasst. Insbesondere die Gebietskörperschaft Kreis. Das ist etwas, das ich gelernt habe."
Und dankbar zu sein: Dafür, "dass es uns wirtschaftlich richtig gut geht. Dass wir, bei allen strukturellen Problemen, finanziell gesunde Gemeinden haben. Und dass wir in der Lage sind, denen Gestaltungsraum zu lassen. Und dazu hat, glaube ich, mein Haus ein Stück weit beigetragen." Ein Haus übrigens, das "ziemlich sparsam" sei. "Und das ist etwas, worauf ich wirklich stolz bin."
Jetzt also: auf ein Neues, in genau einem Monat. Es wäre seine vierte Amtszeit. Womit rechnet er? "Da sag ich gar nichts zu." Klar, eine hohe Zustimmung zu seiner Arbeit wäre erfreulich. Aber da bleibt er realistisch: Im Laufe eines Bürgermeisterlebens, sagt Aloysius Söhngen, "werden nicht immer Entscheidungen getroffen, die jedem gefallen".KommentarMeinung

Das schätzen sie
Klar, auch nach einem Vierteljahrhundert bleiben Baustellen: Die Sache mit der Bahnstrecke und dem bisher blockierten Radweg - ärgerlich. Die Windkraft auf der Schneifel, sofern sie wirklich kommt, wird noch Zwist bringen. Gerade da zeigt sich: Aloysius Söhngen ist einer, der sich keine Nachlässigkeiten vorwerfen lassen will. Die Leute im Prümer Land schätzen das. Und noch viel mehr schätzen sie die rekordverdächtig niedrige Umlage, die aus den Dörfern an die VG abgedrückt wird. Und in Söhngens Verwaltung schätzen die Mitarbeiter den entspannten Ton und das Vertrauen, das er ihnen entgegenbringt. Da lässt sich gut arbeiten. Vermutlich noch weitere acht Jahre. Es wäre keine Überraschung. f.linden@volksfreund.deExtra: AUS DEM WESTERWALD IN DIE EIFEL


Aloysius Söhngen ist am 14. August 1956 in Limbach im Westerwald geboren. Der studierte Volkswirt arbeitete zunächst in der Bezirksregierung Koblenz und dann in der Kreisverwaltung Altenkirchen. Als Landrat Alfred Beth Umweltminister wurde, holte er Söhngen als Referenten ins Ministerium. Aus familiären Gründen wechselte Söhngen ein halbes Jahr darauf zurück in die Kreisverwaltung und im Jahr 1991 nach Prüm. Seitdem ist er dort Bürgermeister und zweimal wiedergewählt worden. 2010 wurde der Reiter und Rockmusikfan erstmals zum Vorsitzenden des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz gewählt. Aktuell ist er dort stellvertretender Vorsitzender. Aloysius Söhnen ist verheiratet, hat vier Kinder und einen Enkel.

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