Versiegelung von Boden in Bitburg Stahl Verwaltungsgericht Trier befasst sich mit Verstößen gegen Bebauungspläne

BITBURG/TRIER · In Wohngebieten bebauen Grundstückseigentümer weitaus mehr Fläche als erlaubt. Mit einem Fall aus Stahl beschäftigt sich das Verwaltungsgericht.

 In den Stahler Neubaugebieten wurde in den vergangenen Jahren eifrig gebaut, in einigen Fällen aber etwas zu eifrig.

In den Stahler Neubaugebieten wurde in den vergangenen Jahren eifrig gebaut, in einigen Fällen aber etwas zu eifrig.

Foto: TV/Uwe Hentschel

Für die Richter geht es um einen konkreten Fall, für die Stadt Bitburg dabei auch um ein generelles Problem. Denn dass es einige Grundstückseigentümer der Neubaugebiete im Stadtteil Stahl mit den Vorgaben nicht so genau nehmen, ist bekannt.

Immer wieder kommt es zu Verstößen gegen die in den Bebauungsplänen definierte sogenannte Grundflächenzahl (GRZ). Diese gibt an, wie viel Prozent der Grundstücksfläche versiegelt werden dürfen. Liegt die GRZ beispielsweise bei 0,5, so bedeutet das, dass maximal 50 Prozent der Grundstücksfläche versiegelt sein dürfen – egal ob mit Haus, Garage oder Hof. Diese Vorgabe wird vor allem mit der Leistungsfähigkeit der Kanalisation begründet. Denn je mehr Fläche versiegelt ist, desto weniger Wasser kann bei Regen im Boden versickern. Folglich wird die Kanalisation stärker beansprucht, was bei Starkregenereignissen zu zusätzlichen Problemen führen kann.

In der Verwaltung und auch in den städtischen Gremien sorgen diese Verstöße immer wieder für Unmut. Konsequent dagegen vorgegangen wurde bislang aber nicht. Meist wird die Grundmesszahl auch nicht direkt mit dem Hausbau überschritten, sondern erst nach und nach. Im Fall eines Grundstücks aus Stahl, mit dem sich nun das Verwaltungsgericht Trier befasst, wurde der Grenzwert mit dem nachträglichen Bau eines Gewächs- und eines Gartenhäuschens überschritten. Das Grundstück, um das es geht, befindet sich im Neubaugebiet „Unterm Stahler Kopf II“. Dort liegt die GRZ bei 0,4. Durch die Errichtung der beiden Gebäude wurde dieser Wert deutlich überschritten. Statt 40 Prozent sind jetzt mehr als 56 Prozent des Grundstücks versiegelt.

Die Bauaufsicht der Kreisverwaltung fordert einen Rückbau, die Eigentümer wiederum haben dagegen eine Klage eingereicht. Und Aufgabe der Richter ist es nun zu klären, ob diese Klage begründet ist. Nach Auffassung des Anwalts der Grundstückseigentümer ist sie das. Der nämlich ist der Auffassung, dass die Festsetzungen im Bebauungsplan zum einen sehr fragwürdig und darüber hinaus auch nicht rechtskräftig sind.

So argumentiert der Anwalt in der mündlichen Verhandlung damit, dass gemäß der Formulierung im Bebauungsplan die Grundmesszahl ja nur für oberirdische Bauten gelte. Würde man also das Grundstück unterkellern, so wäre das erlaubt, eine Versickerung des Niederschlagswassers aber dennoch nicht möglich. „Theoretisch könnte man auf dem Grundstück einen Bunker bauen, ohne gegen die Vorgaben zu verstoßen“, sagt der Anwalt. Worauf der zur Verhandlung ebenfalls beigeladene zuständige Mitarbeiter der Bitburger Stadtverwaltung erklärt, dass man bei der Erstellung des Bebauungsplans nie einen Gedanken darüber verschwendet habe, dass dort jemand einen Bunker bauen könnte. „In meiner bislang 30-jährigen Tätigkeit auf diesem Gebiet war das auch noch nie Thema“, so der Verwaltungsmitarbeiter.

Wären Garten- und Gewächshaus also unterirdisch angelegt, so wäre das kein Verstoß, so die Schlussfolgerung des Anwalts, der dann aber seinen eigentlichen Trumpf aus­spielt und damit nicht nur für Verwirrung, sondern bei den Richtern auch für Verärgerung sorgt. Wie der Klägeranwalt erklärt, habe es bei der öffentlichen Auslegung der Bebauungspläne im April 2009 formale Fehler beziehungsweise Versäumnisse gegeben. Der Jurist verweist in diesem Zusammenhang auf nachfolgende Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu ähnlichen Fällen, mit denen Bebauungspläne im Nachhinein dann für unwirksam erklärt worden seien.

Ob eines oder mehrere dieser Urteile auch für das Neubaugebiet in Stahl relevant sind, wird das Gericht nun prüfen. Unabhängig davon geben die Richter dem Anwalt aber schon mal die Empfehlung mit auf den Weg, sich Gedanken über seine Vorgehensweise zu machen. „Das entspricht nicht ganz den Grundsätzen eines fairen Verfahrens“, sagt die Vorsitzende Richterin und kritisiert damit, dass der Anwalt auf die möglichen Versäumnisse bei Offenlegung des Bebauungsplans erst während der mündlichen Verhandlung hinweist. Das, so die Richterin, hätte eigentlich schon bei der schriftlichen Klagebegründung im Vorfeld der Verhandlung erwähnt werden müssen, damit die Stadt Bitburg als Verantwortliche für den Bebauungsplan die Möglichkeit gehabt hätte, sich damit zu befassen und gegebenenfalls ebenfalls einen Anwalt einzuschalten. Sowohl dem Kreis als Beklagter als auch der Stadt wird deshalb nun noch die Möglichkeit eingeräumt, schriftlich zu dem Vorwurf innerhalb einer Woche Stellung zu nehmen. Das Urteil selbst wird dann in den kommenden Wochen verkündet.

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