Denkmal Eine stille Oase mitten im Schankweiler Wald
Schankweiler · Auf einer Lichtung in der Südeifel offenbart sich dem Besucher ein faszinierender Ort: die Schankweiler-Klause. Am 1. Mai beginnt die Wallfahrtsaison.
Es ist still. Fast ganz still. Nur das Zwitschern der Vögel und das Rauschen der Bäume ist zu hören, während Oskar Heck die schwere Holztüre öffnet. Von draußen fallen Sonnenstrahlen auf den Boden aus hellbraunem bis rötlichem Sandstein. Fast ist es, als ob die Zeit stehen bleibt, als ob man die Stille spüren kann. Der Blick hebt sich. Eine goldene Pracht aus barocken Figuren und Malereien lässt die Augen ziellos hin- und herwandern. Erstaunen. Faszination. Überraschung.
„Das geht vielen so“, erklärt Heck, seit 2016 Vorsitzender der Fördergemeinschaft Schankweiler-Klause. Denn wer vermutet ein solches Kleinod schon mitten im Wald? Dabei wurde schon 1648 eine erste Kapelle mit der zugehörigen Klause (Eremitage) für den aus dem Schwarzwald stammenden Johannes Seelmayer erwähnt. Allerdings standen beide Gebäude direkt nebenan auf zwei benachbarten Felsen.
Die heutige Wallfahrtskirche ist die dritte Kapelle im Schankweiler Wald. Sie entstand 1762/63. Im Gegensatz zur 30 Jahre zuvor errichteten zweiten Kapelle – einem einfachen Bau aus Stein (1732/33), der heute als Klausnerwohnung genutzt wird – wurde beim Bau an nichts gespart. Während die Kapelle von außen sehr schlicht gehalten ist, wirkt der Innenraum wie ein Paradebeispiel für die Barockzeit: Die reiche Innenausstattung, die Haupt- und Seitenaltäre sowie die Kanzel stammen aus dem Rokoko. Kernstück ist eine Figur am Hauptalter – eine Kopie des berühmten Gnadenbilds von Luckas Cranach dem Älteren.
Sie zeigt die Heilige Maria. Sie ist nämlich der Grund, warum so viele Gläubige hierherkommen. Mit ihren Ängsten, Sorgen und Nöten, mit Kummer, in Verzweiflung oder, um einfach Danke zu sagen. Denn der Ort ist seit der Zeit der Kreuzzüge, als hier eine Bitte eines Ritters erhört worden sein soll, ein Ort der Marienverehrung.
Und diese ist, wie Oskar Heck sagt, noch heute lebendig. Trotz Säkularisation, der Wirren der Weltkriege und der Krise der modernen Kirche: Noch werden Bitten und Hilferufe auf den schlichten Holzbänken geflüstert, die Marienfigur im Blick. Heck findet sogar, dass der Zulauf zur Klause in den letzten Jahren zugenommen hat. „Sogar viele Gäste aus Belgien und den Niederlanden kommen jedes Jahr hierher“, sagt er. Und oft, wenn er morgens hierherkomme, um nach dem Rechten zu sehen, säßen Menschen im Vorraum, um zu beten oder die Kirche zu bewundern.
Dann schließt der Holsthumer die schwere Metallgittertür auf, die Diebe abhalten soll, und führt die Gäste spontan durch das kleine Gotteshaus. Und zeigt ihnen das, was die Fördergemeinschaft in Zusammenarbeit mit Denkmalpflege, Bistum und Pfarrgemeinde seit vielen Jahren geleistet hat. Denn die Klause sah nicht immer so gut aus wie jetzt. Noch in den 1950er und 60er Jahren war sie in einem, wie Heck sagt, „desolaten Zustand“. Zwar habe der Krieg ihr kaum geschadet, aber danach sei die Kapelle durch witterungsbedingten Verfall und Vandalismus arg in Mitleidenschaft gezogen worden.
Erst 1969 nahm die kirchliche Denkmalpflege auf Initiative von Pfarrer Claus Dillinger die Erneuerung in Angriff. Das Haus wurde neu gedeckt, außen und innen verputzt, mit neuen Fenstern versehen und gestrichen. In den 80er Jahren wurden die Grundmauern der Kirche gegen Feuchtigkeit abgedichtet; ein zweiter Innenanstrich war nötig. Dann folgte die Sanierung der Inneneinrichtung. Kanzel und Seitenaltäre wurden renoviert, Ende 2017/Anfang 2018 gab es einen neuen Innenanstrich sowie die Restaurierung des Ölgemäldes „Christus trägt sein Kreuz nach Golgotha“. 2018 war ein Restaurations-Atelier damit beauftragt, die Inneneinrichtung intensiv zu reinigen und auszubessern. „In einem so guten Zustand habe ich die Kapelle noch nie gesehen“, sagt Heck. Zugleich räumt er ein, dass es bis dahin „ein langer Weg“ gewesen sei. Schließlich habe man immer alles nach und nach machen müssen, eben je nachdem, wie viel Geld zur Verfügung stand. Was noch zu tun ist? „Einige der Kirchenbänke müssen noch erneuert werden“, sagt er. Zudem stünden eine Sanierung der Wegkapelle, die am Vorplatz steht, sowie die Wiederherstellung des unterhalb liegenden ehemaligen Klausener-Brunnens an.
„Das Meiste ist aber getan“, erklärt Heck – nicht ohne auf seine Vorgänger im Amt der Vorsitzenden der Fördergemeinschaft – Matthias Mayer, Ewald Meyers und Helmut Urbany – zu verweisen. Unter ihnen war Mayer, der nach der Gründung der Fördergemeinschaft 1995 deren erster Vorsitzender wurde und bis zum seinem Tod 2008 blieb, am längsten im Amt und maßgeblich an wichtigen Projekten beteiligt. „Das sind große Fußstapfen, in die ich da getreten bin“, sagt Heck, für den der Erhalt der Klause eine Herzensangelegenheit ist. Denn schon seit seiner Kindheit kennt er den sagenumwobenen Ort im Wald, der seiner Meinung nach „weiter belebt werden sollte“. Vieles laufe bereits gut – zum Beispiel die Wallfahrten, die Sorgenmessen in der Pilgerzeit und zweimal jährlich stattfindende kleine Feste im Pfarrgarten. Auch Hochzeiten würden gerne hier gefeiert. Doch kulturell könne man die Klause noch stärker beleben, findet Heck. Kleine Konzerte oder Lesungen könne er sich vorstellen, sagt er, und verspricht, dieses Thema weiter zu verfolgen. „Die Kapelle ist es wert, noch bekannter zu werden“, findet er.
Freilich solle kein Rummel entstehen, sondern eine sorgsame Nutzung, die auch dem derzeitigen Bewohner der Klausnerwohnung, Pfarrer i. R. Walter Bongartz, gefallen würde. Denn der „Kläusges-Pastor“, wie er genannt wird, ist gerne bereit, Besucher durch die Klause zu führen. Schließlich grenzt die Tür seines Wohnzimmers direkt an die Kirche. Aber er ist eben ein Freund der Stille. Ganz so, wie es die Pilger und anderen Besucher dieses Ortes schätzen.