Eine Vergangenheit, die nicht vergessen wird

Bitburg · 69 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz sind die Opfer des Nationalsozialismus nicht vergessen. Die Schriftstellerin Anja Tuckermann kommt zum nationalen Gedenktag am 27. Januar nach Bitburg. Sie liest aus ihren Buch "Denk nicht, wir bleiben hier!" über die Erlebnisse des Sinto Hugo Höllenreiner vor.

Bitburg. Die Vergangenheit ist nicht vergessen: Am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, erinnert die Stadt Bitburg an den Völkermord mit einer Lesung. Im Haus Beda liest die Schriftstellerin Anja Tuckermann aus ihrem Buch "Denk nicht, wir bleiben hier!" vor.
Zwei Jahre im KZ


Seit 2011 organisiert die Stadt Lesungen am Gedenktag. "Die Lesungen gehen auf die Idee von Henri Juda zurück", sagt Werner Krämer von der Stadtverwaltung. "Er ist luxemburgischer Staatsbürger, dessen Familie früher ein Bekleidungshaus in Bitburg betrieben hat." Henri Juda nahm dann im Jahr 2010 an der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht auf dem jüdischen Friedhof teil. Seither engagiert er sich sehr intensiv, um das Gedenken an die jüdische Gemeinde in Bitburg wachzuhalten.
Doch neben der jüdischen Bevölkerung wurden von den Nationalsozialisten viele weitere Minderheiten oder politisch Andersdenkende verfolgt. Dieses Jahr widmet die Stadt mit Anja Tuckermann ihre Erinnerung der Verfolgung von Sinti und Roma.
Tuckermann erzählt in ihrem Buch die Geschichte des Sinto Hugo Höllenreiner. Er wurde 1933 in München geboren. 1943 wurde er mit seinen Eltern, Großeltern, Geschwistern und vielen Verwandten deportiert. Der Neunjährige wusste nicht, wohin die Reise ging. Sie endete im "Zigeuner-Lager" in Auschwitz-Birkenau. Dort war er nicht mehr Hugo, sondern Nummer Z-3529, Z steht für Zigeuner. Zwei Jahre verbrachte er dort. Die Nummer hat er noch heute auf seinem Arm tätowiert. Josef Mengele hat ihn mit brutalen medizinischen Experimenten gequält. Er erlebte den Aufstand der Sinti und Roma, als die SS das Lager auflösen wollte.
Über Ravensbrück und Mauthausen kam er nach Bergen-Belsen. Dort wurde er im April 1945 befreit.
In einer Reihe von Interviews erzählte Höllenreiner auch der Autorin Anja Tuckermann von seinem Schicksal während des Nationalsozialismus. "Stockend", schreibt Tuckermann im Nachwort, "manche Begebenheiten waren auch für mich als Zuhörerin kaum zu ertragen."
Nun wird sie den Bitburgern diese Geschichte erzählen, um kein Opfer zu vergessen. Und um zu zeigen, dass diese Ereignisse nicht der Vergangenheit gehören, sondern noch Teil vieler Leben sind.
Termin: Die Lesung findet am 27. Januar um 11 Uhr im Haus Beda statt. Der Eintritt ist frei.
Extra

Anja Tuckermann wurde 1961 in Selb (Bayern) geboren und ist in Berlin aufgewachsen. Bereits als Jugendliche schrieb sie für eine Mädchenzeitung und war von 1980 bis 1987 in der feministischen Mädchenarbeit tätig. Von 1988 bis 1997 arbeitete sie als Redakteurin für den Rias-Kinderfunk (heute DeutschlandRadio). Seit 1993 organisiert sie Schreibwerkstätten und Seminare für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und arbeitet als freie Autorin. Mehrere Kinder- und Jugendbücher wurden bereits mit Auszeichnungen geehrt. Anja Tuckermann lebt in Berlin. bc

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