Einmal Zoff und sehr oft Einigkeit

Arzfeld · Der Rat der Verbandsgemeinde Arzfeld: Welche Themen standen in den vergangenen fünf Jahren am häufigsten auf der Tagesordnung? Was wurde erreicht, wo gab es Streit? Ein Rückblick vor der Wahl am Sonntag, 25. Mai.

 Für alle ein Gewinn: Die Gründer der Islek Energie vor dem Bauhof in Arzfeld. Dort ist bereits auf dem Dach eine Fotovoltaik-Anlage in Betrieb. TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

Für alle ein Gewinn: Die Gründer der Islek Energie vor dem Bauhof in Arzfeld. Dort ist bereits auf dem Dach eine Fotovoltaik-Anlage in Betrieb. TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

Arzfeld. Sie haben einiges auf den Weg bekommen in den vergangenen fünf Jahren, die Fraktionen im Rat der Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld.
Die CDU verlor 2009 die absolute Mehrheit, mit elf von 24 Ratssitzen waren die Christdemokraten aber immer noch in einer deutlichen Mehrheit gegenüber der zweitstärksten Kraft - der SPD mit fünf Mandaten. Mit einem Sitz (und damit ohne Fraktionsstatus) zogen die FDP mit Rainer Propson und Bündnis90/Die Grünen mit Wolfgang André in den VG-Rat ein. Jeweils drei Mandate hatten die Liste Köppen und die FWG. In einer Stichwahl wurde 2010 Andreas Kruppert zum Bürgermeister der VG gewählt, nachdem der seit 1999 amtierende VG-Bürgermeister Patrick Schnieder im Oktober 2009 in den Bundestag gewählt worden war.
Kommunalwahl 2014



Das Dauer-Thema: Die Hauptschule in Daleiden ist geschlossen, der Kindergarten ist zu klein. Was tun? Ein Haus der Bildung aufbauen und alle Kinder vom ersten Lebensjahr bis zur vierten Jahrgangsstufe unter einem Dach betreuen - ein Konzept, das den VG-Rat lange beschäftigte. Mittlerweile sind die Planungen weitestgehend in trockenen Tüchern. "Sobald die Förderanträge bewilligt sind, kann mit den Bauarbeiten begonnen werden", sagt Kruppert.

Der größte Zoff: VG-Bürgermeister Kruppert lobt den Umgang zwischen den Fraktionen als sehr sachlich und fair. Fast alle Beschlüsse des VG Rates seien in den letzten Jahren einstimmig gefällt worden. Ein Thema, das viel Unmut verursachte, nennt er dennoch: "Das größte Streitpotenzial gab es bei der Ganztagsschule Waxweiler. Allerdings nicht zwischen den Fraktionen, sondern mit dem Land Rheinland-Pfalz, als es um die Förderung ging." Über Monate spitzte sich die Situation zu, dabei war man sich in einer Frage einig: Das alte Gebäude der Grundschule Waxweiler wäre für eine Erweiterung nicht geeignet gewesen. Der Ganztagsbetrieb wurde aber gewünscht und gefordert. Der Rat sah in einem Erweiterungsbau für zunächst geplante 750 000 Euro die passende Lösung. Das Land hätte es wiederum lieber gesehen, wenn die leer stehende Hauptschule umgebaut worden wäre. Diese Lösung aber waren der VG und der Gemeinde Waxweiler, deren Kindergarten dort ebenfalls untergebracht worden wäre, zu teuer. Denn das Gebäude aus den 1960er Jahren hätte aufwendig saniert werden müssen, im Raum standen Kosten in Höhe von rund drei Millionen Euro. Im Juni 2013 erreichte der Streit seinen Höhepunkt - letztlich einigten sich VG und Land aber auf die in Arzfeld und Waxweiler bevorzugten Pläne. Die Grundschule wurde nach leicht abgespeckten Plänen für knapp 610 000 Euro ausgebaut.

Der politische Paukenschlag: Die Idee war so einfach wie praktisch - 2012 beschloss der Rat, alle Hoteliers in der Verbandsgemeinde zu verpflichten, eine Tourismusförderabgabe von Übernachtungsgästen zu erheben. Nach Anlaufschwierigkeiten trat die Satzung im Januar 2013 in Kraft. 300 Bescheide wurden an die Gastwirte verschickt, nur vier legten Widerspruch ein. Ein Wirt aus Waxweiler klagte vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz - mit Erfolg.
Das Gericht stellte zwar nicht die Rechtmäßigkeit einer "Bettensteuer" infrage, beschied aber, dass die VG nicht berechtigt sei, sie zu erheben. Das dürften nur die Ortsgemeinden. 50 000 Euro nahm die VG 2013 mit der Abgabe ein und investierte sie in die Sanierung einer Wanderbrücke und die Instandsetzung von Toiletten im Schwimmbad Waxweiler. Die "Bettensteuer" darf nun nicht mehr wie bisher gefordert werden.
Eine offene Baustelle: In die kommende Amtszeit nimmt der neue Rat viele laufende Projekte und Aufgaben mit. "Ein wichtiges Thema wird der Umgang mit dem leer stehenden Hauptschulgebäude in Waxweiler sein", sagt Kruppert. Nach der baulichen Umsetzung des Kita- und Ganztagsschulprojekts müsse hier nach einer Lösung für das marode Gebäude gesucht werden. Ein öffentliches Interessenbekundungsverfahren habe leider keine Ergebnisse gebracht.

Und was gab es noch? Erfreuliches: Seit August 2012 hat die VG einen Bürgerbus. Er fährt, von 20 Ehrenamtlern abwechselnd gesteuert, vorwiegend ältere Menschen zu Terminen oder zum Einkauf. Und er ist der einzige CO2-freie Bürgerbus in der gesamten Bundesrepublik. Außerdem stieg man in die Energiewirtschaft ein: Gemeinsam mit vielen Ortsgemeinden gründete die VG die Islek Energie AöR - und betreibt heute etwa 25 Fotovoltaikanlagen auf den Dächern öffentlicher Gebäude und eine Freiflächenanlage.

Jugend in die Politik: Vor zwei Jahren gründete sich, auf Anregung von Andreas Kruppert, das Jugendparlament. Die Mitglieder sind seitdem mit großem Engagement dabei. Am Sonntag, 15. Juni, wird das Jupa Arzfeld neu gewählt.
Extra

"Die Entscheidung mit der größten Tragweite für die Zukunft der VG war für mich:..."Gerhard Kauth (CDU-Fraktionsvorsitzender): "… dass wir in puncto Energie und Windkraft Einigkeit gezeigt haben - und da auf dem besten Weg sind, eine hohe kommunale Wertschöpfung zu erzielen. Davon haben alle den Nutzen und nicht nur ganz wenige." Rainer Hoffmann (SPD): "… die Gründung der Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) ,Islek Energie\\' in der Verbandsgemeinde und wie wir das Thema Windenergie in den letzten Monaten angegangen sind. Hierbei lobe ich ausdrücklich die Zusammenarbeit mit allen politischen Gruppierungen und Bürgermeister Andreas Kruppert." Klaus Dingels (FWG):" … die Gründung der Energie-AöR. Und der Solidarpakt zur Windenergie. Daran verdienen die ganzen Gemeinden. Und ich hoffe, dass damit ein guter Teil vom Schuldenberg der VG abgetragen wird." Peter Philippe (Liste Köppen) … "dass uns der Solidarpakt für ein gemeinsames Windenergieprojekt gelungen ist. Dadurch können die Finanzen der Ortsgemeinden aufgebessert werden." Rainer Propson (FDP): .."vor allen Dingen die Energie-AöR. Damit einfach mal Geld in die Kassen aller Gemeinden kommt. Großes Lob an unseren Bürgermeister, da hat er sich ein Denkmal gesetzt." Wolfgang André (Bündnis 90/Die Grünen): "… "Die Windkraft-Planung. Vor allen Dingen, dass wir zu einem solidarischen Ergebnis gekommen sind und uns im Rat absolut einig waren. Und die Einführung des Bürgerbusses - weil das auf unseren Antrag hin geschehen ist." fpl

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