Einmaliges und wegweisendes Projekt

Gibt es neue Grenzen innerhalb des Eifelkreises? Das Thema "Fusion einzelner Verbandsgemeinden" scheint vom Tisch zu sein, stattdessen sollen Fachleute einen Vorschlag zu einem Neuzuschnitt der Verbandsgemeinden erarbeiten.

Bitburg-Prüm. Als hätte es Hans-Michael Bröhl schon im April geahnt. "Das Land ist gefordert, auch über andere Optionen der kommunalen Zusammenarbeit außer der Fusion nachzudenken", sagte der Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Irrel damals. Irrel steht wie auch die VG Speicher und Kyllburg auf der Liste der "Auflösungs-Kandidaten" - also der Kommunen, die sich bis Mitte 2012 freiwillig nach einem Partner umsehen sollen (siehe Extra II).

Bereits im April wies Bröhl darauf hin, dass eine Fusion Irrels mit einer der Nachbar-VGen nicht unbedingt dem Ziel der Kommunalreform - bürgernahe, schlankere und effizientere Verwaltungen aufzubauen - Rechnung trage. "Das ergäbe ein Riesengebilde mit einer massiven Zahl von Ortsgemeinden", schildert Bröhl seine Bedenken. Offenbar konnte der VG-Chef mit Argumenten überzeugen: Vertreter des Innenministeriums, des Gemeinde- und Städtebunds und der sieben Verbandsgemeinden im Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie der Stadt Bitburg haben sich darauf verständigt, einen anderen, landesweit einmaligen Weg einzuschlagen. Ein Weg, der über die angedachte Zusammenlegung weit hinausgeht: Ein Gremium aus Finanz- und Organisationsexperten soll ein Gutachten über eine Neuorganisation innerhalb des Eifelkreises erstellen (siehe Extra I).

Dieser Initiative haben auch die Bürgermeister zugestimmt, deren Kommunen nicht auf der "Fusions-Liste" auftauchen. "Es macht ja wenig Sinn, wenn Irrel, Kyllburg und Speicher allein gelassen werden", befürwortet Norbert Schneider, Bürgermeister der VG Neuerburg, das Vorhaben. Es sei wichtig, eine größere Betrachtung vorzunehmen, die sich nicht allein mit neuen Gebietszuschnitten befasst, sondern vor allem mit der Frage, welche Aufgaben auf welcher Verwaltungsebene erledigt werden können. Auch der künftige Landrat Joachim Streit hält das Geplante für "genau den richtigen Ansatz". Denn nicht VG-Größe oder Einwohnerzahl seien entscheidend, sondern die Kenntnis der Örtlichkeit. Möglichst bis Ende 2010 sollen die Experten ihre Studie darlegen. Danach müssen sich alle betroffenen Räte - auf Kreis-, VG-, Stadt- und Ortsgemeinde-Ebene - mit diesen Vorschlägen befassen und ihnen weitestgehend zustimmen. Bis Mitte 2012 - also zu dem Zeitpunkt, für den das Land den Zusammenschluss mancher Kommunen vorgesehen hat - muss das Verfahren abgeschlossen sein. In Mainz kommt der Vorstoß offenbar gut an: Als "weisungsgebend" für das ganze Land bezeichnet ihn Burkhard Höhlein, Kommunalreferent beim Gemeinde- und Städtebund. Das Innenministerium übernimmt die Kosten für das Gutachten.

Meinung

Respekt!

Kein Gebiets-Fürstentum, sondern ein Blick über den Tellerrand: Dass sich alle hauptamtlichen Bürgermeister des Eifelkreises auf den Versuch eines Neu-Zuschnitts der Verbandsgemeinde-Grenzen verständigt haben, ist aller Ehren wert. Und es zeigt, dass sie beim Thema Kommunalreform Realisten sind: Denn auf Dauer wären ohnehin noch andere Verbandsgemeinden als Irrel, Speicher und Kyllburg zur Gebietsreform gedrängt worden - warum also nicht gleich eine vernünftige Rund-um-Lösung versuchen, die sogar vom Land finanziert wird? Sicherlich werden am Ende nicht alle begeistert sein von dem Vorschlag, den die Experten unterbreiten werden. Andererseits sind Verbandsgemeinden als solche kein Selbstzweck - dem Bürger ist es wahrscheinlich egal, wie seine VG heißt, solange er seine Verwaltung auf kurzen Wegen erreichen kann und dort kompetent beraten wird. n.ebner@volksfreund.deEXTRA II Die Kommunalreform: Neben Verwaltungen mit Sitz in der gleichen Stadt wie Bitburg und Bitburg-Land, Wittlich und Wittlich-Land sowie Trier und Trier-Land, die möglichst umfassend kooperieren sollen, sind es in der Region zehn Verbandsgemeinden, die sich bis Mitte 2012 freiwillig um einen Zusammenschluss mit einer anderen VG bemühen sollen: Irrel, Kyllburg, Speicher (alle Eifelkreis Bitburg-Prüm), Kröv-Bausendorf, Manderscheid, Neumagen-Dhron, Thalfang (alle Kreis Bernkastel-Wittlich) sowie Hillesheim, Kelberg und Obere Kyll (alle Vulkaneifelkreis). Als Richtschnur des Landes gilt, dass Verbandsgemeinden mindestens 12 000 Einwohner, eine durchschnittliche Fläche von rund 105 Quadratkilometern und 14 Kommunen haben sollen. Als Anreiz zur Fusion lockt das Land mit einer einwohnerbezogenen Zuwendung sowie günstigen finanziellen Förderungen von Infrastrukturprojekten. Ziel der Reform ist, die Verwaltungen effizient, kostengünstig und bürgernah zu strukturieren. (neb)Extra I Das Gutachten: Zurzeit definieren alle Beteiligten, welche Aspekte die Fachleute in ihrer Studie betrachten sollen. Fest steht wohl, dass sich ein Finanzexperte unter anderem mit den Fragen beschäftigen wird, wie sich die Verbands- sowie Kreis-Umlage ändern würde sowie was die neue Verwaltungseinheit und die Abtragung der alten kosten würde. Ein Organisations-Fachmann wird sich beispielsweise mit der neuen Flächen-Struktur auseinandersetzen müssen. (neb)

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