Eltern auf Probe

Erstmalig hat die Caritas Westeifel das Projekt "Babybedenkzeit" für die Klasse 10 der Wandalbert-Hauptschule Prüm angeboten. Dabei lernten die 16-Jährigen, was es bedeutet, einen Säugling aufzuziehen.

 Brigitte Gilles und Silke Halfen (Mitte) von der Caritas Westeifel mit Schülerinnen der Wandalbert-Hauptschule in Prüm mit ihren Babysimulatoren. Foto: privat

Brigitte Gilles und Silke Halfen (Mitte) von der Caritas Westeifel mit Schülerinnen der Wandalbert-Hauptschule in Prüm mit ihren Babysimulatoren. Foto: privat

Prüm. (red) Emily hat Hunger, das ist nicht zu überhören. Das acht Wochen alte Baby in dem bunten Strampelanzug plärrt sich durch die oberen Oktaven. "Ruhig Emily, ich komm' ja schon", sagt Mama Rebecca und nimmt ihr Töchterchen auf den Arm. Als sie ihr das Fläschchen gibt, verstummt das Geschrei. Emily nuckelt zufrieden an dem Plastiksauger. "Na, da haben wir aber ordentlich Durst gehabt, was?", sagt Rebecca und legt ihre Tochter zurück in die Arme von Zweitmama Sabrina. Rebecca ist 16 Jahre alt und "Mama" eines 50 Zentimeter großen Babysimulators: Emily schreit, wenn sie Hunger hat, wenn die Windeln voll sind und wenn man ihr Köpfchen zu weit nach hinten fallen lässt. Sie macht ein Bäuerchen nach dem Trinken und jauchzt zufrieden, wenn man sie im Arm schaukelt. Emily ist einer von fünf Babysimulatoren, mit denen Rebecca und ihre Mitschülerinnen der Klasse 10 der Wandalbert-Hauptschule Prüm lernen sollen, wie ein Kind ihr Leben verändern würde.

"Babybedenkzeit" heißt das Projekt, das derzeit in Deutschland von über 200 meist karitativen Einrichtungen angeboten wird. Brigitte Gilles ist Schwangeren- und Familienberaterin beim Caritasverband Westeifel e.v und kümmert sich um junge Mütter. Zusammen mit der Schulsozialarbeiterin Silke Halfen (Caritasverband Westeifel e.V.) zeigte sie der Abschlussklasse die möglichen Folgen eines ungeschützten Geschlechtsverkehrs. Und das ist einiges: Die Simulatoren funktionieren im 24-Stunden-Dauerbetrieb. Der Simulator schreit tagsüber im Durchschnitt etwa alle 30 Minuten. Wie im echten Leben gibt es Kinder, die mehr Schlaf brauchen, und andere, die mit weniger auskommen. Die Schüler betreuten fünf Simulatoren mit völlig unterschiedlicher Programmierung. Über ein Armband waren sie immer an ihren Simulator gebunden - die Verantwortung abzugeben, war damit tabu.

Für die Schüler war die Teilnahme freiwillig, doch niemand hat gekniffen. Eine bleibende Erfahrung für alle: "Die Nacht war grauenhaft, ich hab kein Auge zugedrückt", sagen Sabrina, Rebecca und Jasmin. Ein eigenes Baby wollen sie frühestens in zehn Jahren.

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