Energieschub für die Dörfer

Reuth/Kerschenbach/Ormont/Stadtkyll · Noch drehen sich nicht alle Rotoren der insgesamt 24 Windkraftanlagen (WKA) zwischen Stadtkyll, Ormont und Reuth - doch für die Verwendung der üppigen Pachteinnahmen haben die Gemeinderäte der betroffenen Orte eine naheliegende Lösung parat: Ein großer Teil des Geldes wird in die Infrastruktur investiert und kommt den Bürgern zugute.

 Über die Ästhetik der Windkraftanlagen entlang der Bundesstraße 51 darf man geteilter Meinung sein. Unbestritten ist, dass die Pachteinnahmen den Dörfern und ihren Einwohnern zugute kommen. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Über die Ästhetik der Windkraftanlagen entlang der Bundesstraße 51 darf man geteilter Meinung sein. Unbestritten ist, dass die Pachteinnahmen den Dörfern und ihren Einwohnern zugute kommen. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Foto: Vladi Nowakowski (now) ("TV-Upload Nowakowski"

Reuth/Kerschenbach/Ormont/Stadtkyll. "Die Windkraftanlagen stellen selbstverständlich eine optische Beeinträchtigung für unsere Einwohner dar", sagt Ewald Hansen, Bürgermeister der Ortsgemeinde Reuth in der Verbandsgemeinde Obere Kyll. "Deshalb soll die Bevölkerung an den Erlösen aus der Nutzung der Windenergie beteiligt werden."
Drei statt vier Anlagen


Statt der vormals vier vom Betreiber Juwi und den Stadtwerken Trier geplanten Anlagen des Typs GE-2,5 stehen im Reuther Wald nun lediglich drei, eines der Windräder wäre einem Rotmilanhorst zu nahe gekommen und sei deshalb nicht realisiert worden, erklärt Hansen. Rund 190 000 Euro fließen nun jährlich in die Gemeindekasse, ein hübscher Batzen Geld, aus dem zum Teil Rücklagen gebildet werden - aber da Reuth schuldenfrei ist, kann in Zukunft nicht nur kräftig in die Infrastruktur des Ortes investiert werden. Die Bürger können sich über einen umfassenden Förderkatalog und steuerliche Entlastung freuen. "Ab dem 1. Januar 2017 entfallen die Grundsteuern A und B, zusätzlich übernimmt die Ortsgemeinde die Zahlung des Landwirtschaftskammerbeitrags für alle land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke", sagt der Bürgermeister. Der Wegfall der Grundsteuern entlaste die Bürger mit insgesamt 19 000 Euro. Darüber hinaus hat die Ortsgemeinde ein beachtenswertes Förderprogramm beschlossen: So gibt es finanzielle Unterstützung für Unterhaltsmaßnahmen an Gebäuden und Außenanlagen. Wer Altbauten saniert, leer stehende landwirtschaftliche Gebäude zu Wohnzwecken umbaut oder sich zu einem Neubau entschließt, darf sich über die Summe von 1000 Euro freuen, die sieben Jahre lang ausgezahlt wird.
Wichtig für junge Familien: Reuth zahlt für jeden neuen Erdenbürger eine Geburtenprämie von 1000 Euro für zwei Jahre, beim Zuzug in die Gemeinde erhält jedes Kind im Alter bis zu zwei Jahren ebenfalls die auf zwei Jahre festgesetzte Prämie. Da passt es gut, dass sich der Gemeinderat im August 2016 für die Erschließung des Neubaugebietes "Auf dem Stein" ausgesprochen hatte. "Sechs Bauplätze sollen entstehen, wir kalkulieren mit einem Quadratmeterpreis von 25 bis 30 Euro", sagt Ewald Hansen. Weitere Entlastungen durch die Windkraft-Einnahmen: Die Friedhofsgebühren entfallen - auf die Erhebung einer Kostenpauschale für den Winterdienst verzichtet die Gemeinde ebenfalls. "Das gilt, solange genügend Einnahmen aus der Windkraft vorhanden sind", heißt es im dazugehörigen Beschluss des Gemeinderates.
Mietfreie Gemeindehäuser


Auch in Ormont (fünf WKA) und Kerschenbach (zwei WKA) werden die zu erwartenden Pachteinnahmen den Einwohnern zugute kommen. "Wir werden die Infrastruktur im Ort stärken", sagt Kerschenbachs Bürgermeister Walter Schneider. "Das Gemeindehaus ist in Zukunft mietfrei nutzbar, es erhält einen neuen Anstrich, neue Fenster, Bestuhlung und Tische." Eine moderne Kücheneinrichtung sei bereits bestellt und "überdies übernimmt die Gemeinde die Reinigungskosten nach einer Veranstaltung. Der Maßnahmenkatalog umfasse vieles Weitere mehr, sagt Schneider. Kostenlose Straßenreinigung oder auch die Sanierung der Friedhofsmauer seien vorgesehen. "Das alles wollen wir erledigen und dann überlegen, was weiter geschehen kann."
Die Ausgangslage sei der in Reuth sehr ähnlich, sagt der Ormonter Bürgermeister Cornelius Dahm. "Auch wenn sich unsere Windräder noch nicht drehen." Ein Ziel, das Reuth nicht mehr weiterverfolge, wolle man in Ormont aber verwirklichen: "Wir wollen, dass unsere Einwohner den Strom unter Normalpreis beziehen können." In Reuth habe das die Kommunalaufsicht nicht genehmigt, doch die Ormonter Verträge mit dem Windkraft-Betreiber Kever aus Kall, der zur Unternehmensgruppe ENE (Energie der Eifel) gehört, machten billigeren Strom für die Bürger möglich. "Wir versuchen das durchzudrücken, leider ist die Kommunalaufsicht noch anderer Meinung", sagt Dahm. Selbstverständlich plane die Gemeinde Ormont darüber hinaus weitere Investitionen in die Infrastruktur. "Wir haben für die nächste Woche eine Einwohnerversammlung einberufen und wollen in die weiteren Entscheidungen die Bürger miteinbeziehen", sagt der Bürgermeister.

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