Enttäuschung nach geplatzten Hochzeitsplänen

Prüm/Jünkerath · Es wird keine offiziellen Gespräche zwischen den Verbandsgemeinden Prüm und Obere Kyll geben. Das Land hat sich dagegen ausgesprochen. Die Ratsmitglieder auf beiden Seiten reagieren mit Bedauern. Vor Wochen hatten sie sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, diese Alternative zu prüfen.

 Selbstverständlich dürfen sie weiter miteinander reden – allerdings nicht mehr über eine Fusion: Die Bürgermeister Aloysius Söhngen (Prüm) und Diane Schmitz (Obere Kyll) beim Prümer Sommer. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Selbstverständlich dürfen sie weiter miteinander reden – allerdings nicht mehr über eine Fusion: Die Bürgermeister Aloysius Söhngen (Prüm) und Diane Schmitz (Obere Kyll) beim Prümer Sommer. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Prüm/Jünkerath. Im Ratssaal der Verbandsgemeinde (VG) Prüm herrschte eine hervorragende Stimmung. Gerade hatte der Rat einstimmig beschlossen, Gespräche mit der VG Obere Kyll über eine Fusion aufzunehmen. Eine Entscheidung, die Diane Schmitz, Bürgermeisterin der Oberen Kyll, erfreut zur Kenntnis nahm. Mit ihr waren zahlreiche weitere Vertreter aus der Nachbarkommune nach Prüm gereist.
Doch nur wenige Wochen später ist all das nur Makulatur. In einem Schreiben hat das Innenministerium den Bürgermeistern mitgeteilt, dass die Fusion ganzer Verbandsgemeinden über Kreisgrenzen hinweg nach dem "ersten Landesgesetz zur Kommunal- und Verwaltungsreform" nur möglich ist, wenn die Landkreise zustimmen. Der VG Obere Kyll wird empfohlen, sich auf die Gespräche mit Hillesheim und Gerolstein zu konzentrieren (der TV berichtete) "Damit ist uns die Geschäftsgrundlage entzogen, was eine Gesamtfusion angeht", sagt Aloysius Söhngen, Bürgermeister der VG Prüm. "Eine große Lösung scheidet damit aus." Nun müsse man abwarten, was die Gespräche von Bürgermeisterin Schmitz mit Hillesheim und Gerolstein ergäben.
Diane Schmitz, Bürgermeisterin der VG Obere Kyll, bedauert, dass diese Variante nun nicht mehr offensteht. "Wir können jetzt leider keine andere Alternative mehr prüfen." Stattdessen werden die Gespräche mit Hillesheim und Gerolstein fortgesetzt. Bis zum Herbst gebe es zum einen Gespräche von Arbeitsgruppen, die sich mit den verschiedenen Aspekten von Infrastruktur bis Feuerwehr befassen.
Einmal im Monat treffen sich außerdem die Lenkungsgruppen aus den drei Verbandsgemeinden. "Diese Termine sind bis Mitte Dezember festgelegt", sagt Schmitz. Bis zum Jahresende soll ein Fusionsvorschlag erarbeitet werden, der dann öffentlich vorgestellt und in den Räten der drei Verbandsgemeinden beraten werden soll.
Der Entscheidungsprozess sieht so aus, dass sich der Rat für eine Fusionsvariante entscheiden muss. Dann müssen die einzelnen Ortsgemeinden einbezogen werden. Damit der Beschluss des VG-Rats gültig ist, müssen mindestens acht der 14 Gemeinden der Oberen Kyll zustimmen, die zudem mehr als die Hälfte der Einwohner repräsentieren.
Die sieben Gemeinden Scheid, Hallschlag, Ormont, Kerschenbach, Reuth, Stadtkyll, Steffeln und Schüller, die früher zum Altkreis Prüm gehört haben, könnten somit einen solchen Beschluss verhindern. Über die Einwohnerzahl hingegen würde es nicht reichen. In diesen Orten leben insgesamt rund 3850 Menschen, weniger als die Hälfte der VG mit ihren 8500 Einwohnern.
Auch wenn ein Zusammenschluss der beiden Verbandsgemeinden nun nicht mehr zur Debatte steht, beendet das aus Sicht von Söhngen noch nicht die Diskussion um den Wechsel einzelner Ortsgemeinden. Zuletzt hatten die Bürger von Hallschlag in einer Einwohnerversammlung deutlich gemacht, dass sie ihre Zukunft in Prüm sehen.
Meinung

Reform an der Basis beginnen
Die Landesregierung hat einer Fusion der Verbandsgemeinden Prüm und Obere Kyll einen Riegel vorgeschoben, noch ehe überhaupt ein erstes Gespräch stattgefunden hat. Das nennt man wohl "im Keim ersticken". Denn eine solche Fusion hätte unweigerlich ein Ende des Vulkaneifelkreises bedeutet, womit dann automatisch die Reform der Landkreise auf die Tagesordnung gekommen wäre. Schließlich hätte geklärt werden müssen, was dann mit dem traurigen Rest des ehemaligen Kreises Daun passieren soll. Diese Diskussion hebt sich die Landesregierung offensichtlich für später auf. Doch es wird deutlich, wie unsinnig die Kommunalreform ist, wenn sie nur auf eine einzelne Ebene, die der Verbandsgemeinden, verengt wird. Zwerggemeinden und Landkreise bleiben zunächst außen vor. Doch auch diese Problemstellen wird die Landesregierung früher oder später anfassen müssen. Ob es dann so sinnvoll ist, auf der mittleren Ebene, den Verbandsgemeinden, angefangen zu haben, erscheint sehr fraglich. Denn wenn später die Landkreise neu geordnet werden müssen, kann man nicht nach der besten Lösung suchen - oder gar den Bürgerwillen berücksichtigen. Man wird sich vielmehr an den neuen VG-Grenzen orientieren müssen - ob es im Einzelfall sinnvoll ist oder nicht. Es wäre grotesk, bereits nach wenigen Jahren wieder an den Verbandsgemeinden herumzuschnippeln. Schließlich muss bei jeder größeren Änderung ein neuer Bürgermeister gewählt werden. Besser ist es, man fängt bei einer Reform von der Basis, den Ortsgemeinden, an und schafft so eine grundlegend neue Verwaltungsstruktur. Eine effektive und bürgernahe Verwaltung muss dabei das Ziel sein, nicht lebensverlängernde Maßnahmen für nicht mehr lebensfähige Kreise. c.brunker@volksfreund.de

VG-Prüm: Mathilde Weinandy, Sprecherin der CDU-Fraktion: "Ich habe direkt gesagt, dass eine Gesamtfusion zu Kreisproblemen führen würde. Das möchte das Land nicht." Sie glaube aber, dass eine Kommunalreform nicht sinnvoll ist, wenn man die Kreise außen vor lässt. "Vielmehr müsste man es ganz machen und auch die Kreise einbeziehen." Barbara Hiltawski, Vorsitzende der SPD-Fraktion: "Man hätte das vorher prüfen müssen, um nicht unnötige Hoffnungen zu wecken. Da haben die Verwaltungschefs ihre Hausaufgaben nicht gemacht." Aber wenn man den Bürgerwillen ernst nehmen wolle, dürfe man nicht an den Kreisgrenzen haltmachen. Ihr Fraktionskollege Markus Fischbach ergänzt, dass der Wechsel einzelner Ortsgemeinden möglich bleibe. "Von daher sollten wir jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken." Erich Reichertz, FWG: "Es darf in einem demokratischen Staat nicht verboten sein, Verhandlungen zu führen, die von beiden Seiten gewollt sind." Klar sei aber auch, dass die Entscheidung am Schluss beim Land liege. Oliver Grunow, FDP, sagt, dass man der Aufnahme einzelner Gemeinden aus der Oberen Kyll positiv gegenüberstehe, die Fusion kompletter Verbandsgemeinden über Kreisgrenzen hinweg als schwierig ansehe. Regino Esch, Grüne: "Es geht bei der Kommunalreform ja nicht darum, die Fehler von vor 40 Jahren zu korrigieren, sondern zukunftsfähige Verbandsgemeinden zu schaffen. Das geht auch in den bestehenden Kreisen." Mit einer Fusion hätte man den Vulkaneifelkreis geschwächt, außerdem hätte man den größeren Orten wie Stadtkyll und Jünkerath einiges bieten müssen.
Extra: Stimmen aus den Räten


VG Obere Kyll: Lothar Schun, Vorsitzender der FWG-Fraktion: "Wir sollten uns jetzt auf die Varianten innerhalb des Kreises konzentrieren, die von der Universität Trier favorisiert worden sind und keine Zeit mit Gesprächen verschwenden, die von oben nicht gewollt sind." Walter Schmidt, CDU-Ratsmitglied: "Wir haben jetzt die Aufgabe, uns nach Hillesheim und Gerolstein zu orientieren. Das sind die Möglichkeiten, die uns klar vorgegeben sind - leider." Grundsätzlich bemängelt er, dass die aktuelle Diskussion zu emotional geführt werde und die sachlichen Aspekte zu kurz kommen. Ewald Hansen, SPD-Fraktionsvorsitzender: "Ich persönlich bin enttäuscht, dass das Land uns diese Möglichkeit nimmt. Ich weiß allerdings nicht, ob das schon das letzte Wort ist." Als Ortsbürgermeister von Reuth werde er aber weiterhin versuchen, dass der Ort zur VG Prüm wechseln könne.

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