Ersatzteil-Service und Kürbiszucht
DAUN. Mobiler Bürodienst, KFZ-Ersatzteilservice oder Kürbiszucht: Ideen für ehemals Arbeitslose in Richtung beruflicher Selbstständigkeit gibt es viele. Die Tüv-Akademie Rheinland begleitet und berät gut qualifizierte und motivierte Klienten in Sachen Ich-AG.
Der mobile KFZ-Ersatzteilservice von Martin Annen läuft nach wenigen Monaten schon zufrieden stellend für den gelernten Einzelhandelskaufmann aus Rengen, der sich nach kurzer Arbeitslosigkeit in seiner angestammten Branche mit einer Ich-AG selbstständig gemacht hat: "Mit den Autohändlern und Werkstätten habe ich kein Konkurrenzverhältnis. Im Gegenteil, ich kann meine alten Kontakte als Netzwerk nutzen und werde oft von den angestammten Händlern beauftragt, schnell bestimmte Ersatzteile zu besorgen, wenn sie selbst Lieferschwierigkeiten haben", schildert er froh seinen Berufsalltag und möchte gar nicht zurück in ein Angestelltenverhältnis. Der Büro- und Schreibdienst von Heike Hennen aus Daun, die ihre Dienstleistungen auch als Inhouse-Service für Firmen - etwa bei Urlaubsvertretungen anbietet - , läuft direkt nach dem Start ihrer Ich-AG noch sehr verhalten. Doch sie ist optimistisch: "Ich werde jetzt mit Anzeigen, Mailings und Autowerbung gezielt auf mich aufmerksam machen."Euphorie nicht angebracht
Margaretha Flechtker, ist als Diplompädagogin für die Tüv-Akademie mit dem Bewerbungszentrum betraut, das die zukünftigen Ich-AG-Inhaber maximal acht Wochen lang schult. Sie beschreibt das Anforderungsprofil: "Diese Leute müssen gut ausgebildet sein, über Berufserfahrung auch am Computer verfügen, und sie dürfen noch nicht lange aus dem regulären Arbeitsmarkt heraus sein." Bislang hat sie acht Klienten beraten, die den Weg in die im ersten Jahr mit 600 Euro monatlich geförderte Selbstständigkeit wagen. "Das Modell wurde insgesamt nicht so gut angenommen wie ursprünglich erwartet", sagt Flechtker. Doch sie hofft, dass positive Beispiele Mut machen. Allerdings sei Euphorie nicht angebracht: Die im Vergleich zum normalen Überbrückungsgeld - es richtet sich nach der Höhe des Arbeitslosengeldes und ist auf einen Zeitraum von sechs Monaten beschränkt - langfristige Hilfe ist für Kranken- und Sozialversicherung gedacht und reicht nicht für eine stabile Grundversorgung. Sie ist im zweiten Jahr der Ich-AG auf 360 Euro und im dritten Jahr auf 240 Euro monatlich begrenzt. Wirtschaftlich tragfähige Unternehmenskonzepte sind also unbedingt notwendig für jede eigenständige Existenzgründung. Die Kleinstfirmen von Annen und Hennen haben nach Erfahrungen der Beraterin gute Erfolgschancen. Bisweilen sehe es jedoch kritischer aus - etwa wenn jemand eine nur saisonal taugliche Kürbiszucht aufbauen will: "Wichtig ist zwar, dass der Betroffene selbst voll überzeugt ist und hinter seinen Plänen steht, aber manchmal raten wir von bestimmten Vorhaben und in der Regel immer von hohen Vorinvestitionen ab."Finanzielle Realitätsnähe
In Einzelfällen habe es "beratungsresistente" Personen gegeben, "da kann man nichts machen". Das Arbeitsamt fordere beim Überbrückungsgeld ein Wirtschaftslichkeits-Gutachten etwa der IHK oder der HWK an. Es achte auch bei Ich-AGs, bei denen diese Gutachten nicht gesetzlich vorgesehen seien, auf die finanzielle Realitätsnähe der geplanten Selbstständigkeit. "Auf jeden Fall haben wir im Bewerbungszentrum eine gute Gemeinschaft entwickelt, die sich gegenseitig Tipps gibt, etwa für das Marketing", loben Hennen und Annen das gute "Betriebsklima" bei der Tüv-Akademie. Es habe keine Alleingänge und Konkurrenzen gegeben. Man unterstütze sich gegenseitig auf dem Weg in die Ich-AG. Da die Klienten täglich mit anderen Menschen in derselben Situation konfrontiert seien, setzen sie sich permanent mit dem eigenen Werdegang auseinander. Vor allem Hinweise, wie man sich in der jeweiligen Marktnische einen Namen macht, sind notwendig und begehrt - oder auch das Know-How in Sachen Buchführung und Steuererklärung. "Je mehr von solchem Fachwissen aus dem bisherigen Berufsleben mitgebracht wird, desto aussichtsreicher ist die Ich-AG", lautet ihr Fazit .
