Erst die Flaute – Jetzt der Sturm

HEILENBACH. Nachdem der Kreisrechtsausschuss im November vergangenen Jahres die Widersprüche von Bürgern aus Ehlenz und Heilenbach gegen die in Heilenbach errichteten Windräder abgelehnt hatte, wurde diese Entscheidung nun auch schriftlich begründet. Die Widerspruchsführer ziehen jetzt vor das Verwaltungsgericht.

Auf die Post der Kreisverwaltung hat der Anwalt aus Olsdorf lange gewartet. Bereits zum Jahresende 2005 sollten die Bescheide der Behörde rausgehen, doch daraus wurde dann nichts. "Sobald die Sachen da sind, mache ich die Klagebegründung fertig", hatte Oswin Müller, der die Interessen von einigen Bürgern aus Ehlenz und Heilenbach vertritt, vor knapp zwei Wochen auf TV-Anfrage erklärt. Den Bescheid, in dem der Widerspruch gegen die Baugenehmigung von zwei Windrädern in der Gemarkung Heilenbach mit entsprechender Begründung zurückgewiesen wurde, hatte Anwalt Müller wenige Tage zuvor erhalten - in der Zwischenzeit kam dann auch die Zurückweisung des Widerspruchs gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Für Müller und seine Mandanten sind somit alle Formalitäten erledigt, um den Fall vor das Verwaltungsgericht zu bringen. Denn die Kläger werfen der Kreisverwaltung unter anderem vor, dass einige der zwischen Heilenbach und Ehlenz stehenden Windräder zu nah an den Wohnhäusern stehen, und dass als Grundlage der Genehmigungen prognostizierte Lärmwerte eines Schallgutachtens dienten, die nicht überprüft worden seien. Die Kreisverwaltung hält dem in ihrer Urteilsbegründung entgegen, dass zum Schutz der Nachbarschaft Immissionsrichtwerte von 60 Dezibel tagsüber und 45 Dezibel nachts festgelegt seien. "Sollten entgegen dem vorgelegten Prognosegutachten die Lärmwerte an dem Anwesen der Widerspruchsführer nicht eingehalten werden, so wäre dies nicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu prüfen, sondern im Rahmen eines nachgelagerten ordnungsbehördlichen Verfahrens", begründet der Vorsitzende des Kreisausschusses, Stephan Schmitz-Wenzel, in einem der Widerspruchsbescheide das Urteil der Kreisverwaltung. Eine unabhängig davon vom Gewerbeaufsichtsamt bereits vor einem Jahr vorgesehene Lärmmessung hat es bis heute nicht gegeben. Grund dafür seien die bisher zu wenig aussagekräftigen Windverhältnisse, erklärt Sandra Hansen-Spurzem von der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz, doch spätestens bis Mai sollen Messergebnisse vorliegen. Im Bezug auf die von den Widerspruchsführern beklagte Nichteinhaltung vorgegebener Mindestabstände zwischen Windrädern und bewohnter Fläche, erklärt Schmitz-Wenzel, dass zur Vermeidung von Konfliktsituationen zwar Mindestabstände empfohlen würden, "diese Abstände haben jedoch keinen bindenden Charakter, wie sich allein aus der Formulierung ‚empfohlen' ergibt". Oswin Müller wundert sich über diese Passage doch sehr - wie auch über die restliche Argumentation des Widerspruchbescheids. Der vom Land Rheinland-Pfalz gesetzlich verankerte und in Heilenbach nicht eingehaltene Mindestabstand von 1000 Metern "kommt hier gar nicht zur Sprache", sagt er. Auch für Widerspruchsführer Oliver Schäfer aus Heilenbach ist das Verhalten von Kreisbehörde und Rechtsausschuss nach wie vor unbegreiflich. "Wir fühlen uns von der Kreisverwaltung veräppelt", sagt er. Stolze 22 Fehler habe man bei der Sitzung des Kreisrechtsausschusses nachgewiesen, fügt Schäfer hinzu. Er stützt seine Hoffung auf die fünf Klagen, an denen Müller derzeit arbeitet und die in den kommenden Wochen beim Verwaltungsgericht eingereicht werden sollen. Der Heilenbacher ist zuversichtlich: "Ich würde das Risiko nicht eingehen, wenn ich nicht überzeugt wäre."

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